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Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

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335Daß die vier lebenden das Kriegs-Volck sehen kan/
Wil er sich selbst nicht fäll'n. Was aber reitz't ihn an
Sein eigen Fleisch und Blutt selbsthändig aufzureiben?
Ibrah. Daß Ambre mich verschmäh't/ weil sie bey'm Leben bleiben;
Die/ weil sie Kinder nicht dem Tode wil gebähr'n/
340Mir Lieb' und Eh' abschläg't.
Achmet. Wil sich der Fürst beschwer'n/
Der Albern zu gefall'n mit GOtt- und Menschen-Rache
Durch blutt'gen Kinder-Mord? da ja wohl diese Sache
Noch and're Hülff annimm't.
Ibrah. Was weist denn du für Rath?
Achmet. Man nehme mit Gewalt/ was sie verweigert hat.
345Der Fürst kan mit mehr Fug Gewalt auf Sclaven üben/
Daß: die in Gütte nicht wil/ ihn auß Zwang muß lieben;
Als von des Oßmans Stamm' all' edle Zweig' abhau'n/
Den mit genauer Noth wir itzo blühend schau'n.
Mit seiner Strasse bleib't der Nachwelt unvergessen/
350Wie sich Cham Chivas ihm das Erbrecht zuzumeßen
Hoch frevelnd unterstand/ als Oßmans Stamm nicht war
Von diesen Zweigen reich. Noch ärgere Gefahr
Und Herschsucht dörfte sich in seinem Reich' erregen
Durch dieser Pfeiler Fall. So edle Zedern pflegen
355Jn iedem Erdreich nicht bekleibend aufzugeh'n.
Ibrah. Wer wird die Ambre sich zu rauben untersiehn?
Achmet. Jch wil schnur-stracks sie auß dem Bad' in's Zimmer schaffen.
Ibrah. Laß'/ umb uns zu erfreu'n nichts nicht am Fleisse schlaffen:
Der Schauplatz stellet für des Käysers gehei-
mes Zimmer.
Sechierpera. Ibrahim.
Sechierp. AUf was für Strudel renn't sein halbverzweifelt Sinn?
360
Ibrah. Wo der Begierdens-Sturm des Hertzens-Schiff schläg't hin.
Sechierp. Wird beydes aber auch des Abgrund's Opfer werden?
Ibrah. Ein Artzt brauch't Seg' und Glutt/ wo Pflaster den Beschwerden
Zu linde Mittel sind.
Sechierp. Verzweifelt' Artzney mach't:
Daß oft ein heilbar Leib wird in den Sarch gebracht.

365
Ibrah. Ach! es ist ja durch Glimpf nichts nicht von ihr zu hoffen!
Sechierp. Wird durch den ersten Pfeil stets iedes Ziel getroffen?
Die Ramme stöß't den Pfal auf einmal nicht in Grund.
Jm Lieben mach't ein Blick nicht bald die Seele wund.
Das Gift muß durch das Aug' erst zu dem Hertzen dringen.
370Jtzt/ nun der Fürst vom Glimpf' auf Ernst und Grimm wil springen;
Reiß't Er den vor von mir gebau'ten Grundstein ein/
Und sein Genüß wird nichts als herber Hunger seyn.
Ibrah. Es sey dem/ wie es woll'. Es bleib't bey unserm Schluße:
Daß die auf unser Brust nicht ruh'n wil/ unter'm Fusse
375Wie Sclavin lachsen sol. Der Baum muß abgeseg't
Der Blüthen seyn beraub't/ der sie zur Hoffart träg't/
Nicht Lust und Nutzen schaff't. Sie sol noch hent erfahren:
Daß Jbrahim mit ihr Gewalt hat zu gebahren/
Daß ihre Jungfrauschaft kein unverwelcklich Blatt/
380Ein schwindend Wachs-Licht sey.
Sechierp. Der grosse Sultan hat
Zwar unverschrenckte Macht in allen seinen Wercken:
Allein er selbst/ mein Fürst/ wird erst die Unlust mercken:
Und wie die Liebligkeit hier so versaltzen sey/
Wenn strenge Nothzucht schläff't bethränten Wangen bey.

385
Ibrah. Ach! leider/ du weißt nicht: worauß Vergnügung kwillet!
Die Rose/ die ihr Haupt in fäste Knospen hüllet/
Reucht frischer/ als die uns die Blätter breitet auß/
Und/ wenn der Mittag brenn't/ fäll't welck in Sand und Grauß.
Jedoch wir woll'n noch einst der Wortte Zucker brauchen.
390Wo aber sie umbsonst den Weyrauch läß't verrauchen/
Den unser lodernd Hertz der Kalten zündet an;
So glaube: daß so denn uns nichts nicht halten kan/
Die uns versagte Blüth ihr schimpflich abzubrechen/
Und der bethörten Trotz durch ihre Schmach zu rechen.

Ibra-
335Daß die vier lebenden das Kriegs-Volck ſehen kan/
Wil er ſich ſelbſt nicht faͤll’n. Was aber reitz’t ihn an
Sein eigen Fleiſch und Blutt ſelbſthaͤndig aufzureiben?
Ibrah. Daß Ambre mich verſchmaͤh’t/ weil ſie bey’m Leben bleiben;
Die/ weil ſie Kinder nicht dem Tode wil gebaͤhr’n/
340Mir Lieb’ und Eh’ abſchlaͤg’t.
Achmet. Wil ſich der Fuͤrſt beſchwer’n/
Der Albern zu gefall’n mit GOtt- und Menſchen-Rache
Durch blutt’gen Kinder-Mord? da ja wohl dieſe Sache
Noch and’re Huͤlff annimm’t.
Ibrah. Was weiſt denn du fuͤr Rath?
Achmet. Man nehme mit Gewalt/ was ſie verweigert hat.
345Der Fuͤrſt kan mit mehr Fug Gewalt auf Sclaven uͤben/
Daß: die in Guͤtte nicht wil/ ihn auß Zwang muß lieben;
Als von des Oßmans Stamm’ all’ edle Zweig’ abhau’n/
Den mit genauer Noth wir itzo bluͤhend ſchau’n.
Mit ſeiner Straſſe bleib’t der Nachwelt unvergeſſen/
350Wie ſich Cham Chivas ihm das Erbrecht zuzumeßen
Hoch frevelnd unterſtand/ als Oßmans Stamm nicht war
Von dieſen Zweigen reich. Noch aͤrgere Gefahr
Und Herſchſucht doͤrfte ſich in ſeinem Reich’ erregen
Durch dieſer Pfeiler Fall. So edle Zedern pflegen
355Jn iedem Erdreich nicht bekleibend aufzugeh’n.
Ibrah. Wer wird die Ambre ſich zu rauben unterſiehn?
Achmet. Jch wil ſchnur-ſtracks ſie auß dem Bad’ in’s Zimmer ſchaffen.
Ibrah. Laß’/ umb uns zu erfreu’n nichts nicht am Fleiſſe ſchlaffen:
Der Schauplatz ſtellet fuͤr des Kaͤyſers gehei-
mes Zimmer.
Sechierpera. Ibrahim.
Sechierp. AUf was fuͤr Strudel renn’t ſein halbverzweifelt Sinn?
360
Ibrah. Wo der Begierdens-Sturm des Hertzens-Schiff ſchlaͤg’t hin.
Sechierp. Wird beydes aber auch des Abgrund’s Opfer werden?
Ibrah. Ein Artzt brauch’t Seg’ und Glutt/ wo Pflaſter den Beſchwerden
Zu linde Mittel ſind.
Sechierp. Verzweifelt’ Artzney mach’t:
Daß oft ein heilbar Leib wird in den Sarch gebracht.

365
Ibrah. Ach! es iſt ja durch Glimpf nichts nicht von ihr zu hoffen!
Sechierp. Wird durch den erſten Pfeil ſtets iedes Ziel getroffen?
Die Ramme ſtoͤß’t den Pfal auf einmal nicht in Grund.
Jm Lieben mach’t ein Blick nicht bald die Seele wund.
Das Gift muß durch das Aug’ erſt zu dem Hertzen dringen.
370Jtzt/ nun der Fuͤrſt vom Glimpf’ auf Ernſt und Grim̃ wil ſpringen;
Reiß’t Er den vor von mir gebau’ten Grundſtein ein/
Und ſein Genuͤß wird nichts als herber Hunger ſeyn.
Ibrah. Es ſey dem/ wie es woll’. Es bleib’t bey unſerm Schluße:
Daß die auf unſer Bruſt nicht ruh’n wil/ unter’m Fuſſe
375Wie Sclavin lachſen ſol. Der Baum muß abgeſeg’t
Der Bluͤthen ſeyn beraub’t/ der ſie zur Hoffart traͤg’t/
Nicht Luſt und Nutzen ſchaff’t. Sie ſol noch hent erfahren:
Daß Jbrahim mit ihr Gewalt hat zu gebahren/
Daß ihre Jungfrauſchaft kein unverwelcklich Blatt/
380Ein ſchwindend Wachs-Licht ſey.
Sechierp. Der groſſe Sultan hat
Zwar unverſchrenckte Macht in allen ſeinen Wercken:
Allein er ſelbſt/ mein Fuͤrſt/ wird erſt die Unluſt mercken:
Und wie die Liebligkeit hier ſo verſaltzen ſey/
Wenn ſtrenge Nothzucht ſchlaͤff’t bethraͤnten Wangen bey.

385
Ibrah. Ach! leider/ du weißt nicht: worauß Vergnuͤgung kwillet!
Die Roſe/ die ihr Haupt in faͤſte Knoſpen huͤllet/
Reucht friſcher/ als die uns die Blaͤtter breitet auß/
Und/ wenn der Mittag brenn’t/ faͤll’t welck in Sand und Grauß.
Jedoch wir woll’n noch einſt der Wortte Zucker brauchen.
390Wo aber ſie umbſonſt den Weyrauch laͤß’t verrauchen/
Den unſer lodernd Hertz der Kalten zuͤndet an;
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Die uns verſagte Bluͤth ihr ſchimpflich abzubrechen/
Und der bethoͤrten Trotz durch ihre Schmach zu rechen.

Ibra-
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[32/0050] Daß die vier lebenden das Kriegs-Volck ſehen kan/ Wil er ſich ſelbſt nicht faͤll’n. Was aber reitz’t ihn an Sein eigen Fleiſch und Blutt ſelbſthaͤndig aufzureiben? Ibrah. Daß Ambre mich verſchmaͤh’t/ weil ſie bey’m Leben bleiben; Die/ weil ſie Kinder nicht dem Tode wil gebaͤhr’n/ Mir Lieb’ und Eh’ abſchlaͤg’t. Achmet. Wil ſich der Fuͤrſt beſchwer’n/ Der Albern zu gefall’n mit GOtt- und Menſchen-Rache Durch blutt’gen Kinder-Mord? da ja wohl dieſe Sache Noch and’re Huͤlff annimm’t. Ibrah. Was weiſt denn du fuͤr Rath? Achmet. Man nehme mit Gewalt/ was ſie verweigert hat. Der Fuͤrſt kan mit mehr Fug Gewalt auf Sclaven uͤben/ Daß: die in Guͤtte nicht wil/ ihn auß Zwang muß lieben; Als von des Oßmans Stamm’ all’ edle Zweig’ abhau’n/ Den mit genauer Noth wir itzo bluͤhend ſchau’n. Mit ſeiner Straſſe bleib’t der Nachwelt unvergeſſen/ Wie ſich Cham Chivas ihm das Erbrecht zuzumeßen Hoch frevelnd unterſtand/ als Oßmans Stamm nicht war Von dieſen Zweigen reich. Noch aͤrgere Gefahr Und Herſchſucht doͤrfte ſich in ſeinem Reich’ erregen Durch dieſer Pfeiler Fall. So edle Zedern pflegen Jn iedem Erdreich nicht bekleibend aufzugeh’n. Ibrah. Wer wird die Ambre ſich zu rauben unterſiehn? Achmet. Jch wil ſchnur-ſtracks ſie auß dem Bad’ in’s Zimmer ſchaffen. Ibrah. Laß’/ umb uns zu erfreu’n nichts nicht am Fleiſſe ſchlaffen: Der Schauplatz ſtellet fuͤr des Kaͤyſers gehei- mes Zimmer. Sechierpera. Ibrahim. Sechierp. AUf was fuͤr Strudel renn’t ſein halbverzweifelt Sinn? Ibrah. Wo der Begierdens-Sturm des Hertzens-Schiff ſchlaͤg’t hin. Sechierp. Wird beydes aber auch des Abgrund’s Opfer werden? Ibrah. Ein Artzt brauch’t Seg’ und Glutt/ wo Pflaſter den Beſchwerden Zu linde Mittel ſind. Sechierp. Verzweifelt’ Artzney mach’t: Daß oft ein heilbar Leib wird in den Sarch gebracht. Ibrah. Ach! es iſt ja durch Glimpf nichts nicht von ihr zu hoffen! Sechierp. Wird durch den erſten Pfeil ſtets iedes Ziel getroffen? Die Ramme ſtoͤß’t den Pfal auf einmal nicht in Grund. Jm Lieben mach’t ein Blick nicht bald die Seele wund. Das Gift muß durch das Aug’ erſt zu dem Hertzen dringen. Jtzt/ nun der Fuͤrſt vom Glimpf’ auf Ernſt und Grim̃ wil ſpringen; Reiß’t Er den vor von mir gebau’ten Grundſtein ein/ Und ſein Genuͤß wird nichts als herber Hunger ſeyn. Ibrah. Es ſey dem/ wie es woll’. Es bleib’t bey unſerm Schluße: Daß die auf unſer Bruſt nicht ruh’n wil/ unter’m Fuſſe Wie Sclavin lachſen ſol. Der Baum muß abgeſeg’t Der Bluͤthen ſeyn beraub’t/ der ſie zur Hoffart traͤg’t/ Nicht Luſt und Nutzen ſchaff’t. Sie ſol noch hent erfahren: Daß Jbrahim mit ihr Gewalt hat zu gebahren/ Daß ihre Jungfrauſchaft kein unverwelcklich Blatt/ Ein ſchwindend Wachs-Licht ſey. Sechierp. Der groſſe Sultan hat Zwar unverſchrenckte Macht in allen ſeinen Wercken: Allein er ſelbſt/ mein Fuͤrſt/ wird erſt die Unluſt mercken: Und wie die Liebligkeit hier ſo verſaltzen ſey/ Wenn ſtrenge Nothzucht ſchlaͤff’t bethraͤnten Wangen bey. Ibrah. Ach! leider/ du weißt nicht: worauß Vergnuͤgung kwillet! Die Roſe/ die ihr Haupt in faͤſte Knoſpen huͤllet/ Reucht friſcher/ als die uns die Blaͤtter breitet auß/ Und/ wenn der Mittag brenn’t/ faͤll’t welck in Sand und Grauß. Jedoch wir woll’n noch einſt der Wortte Zucker brauchen. Wo aber ſie umbſonſt den Weyrauch laͤß’t verrauchen/ Den unſer lodernd Hertz der Kalten zuͤndet an; So glaube: daß ſo denn uns nichts nicht halten kan/ Die uns verſagte Bluͤth ihr ſchimpflich abzubrechen/ Und der bethoͤrten Trotz durch ihre Schmach zu rechen. Ibra-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/50>, abgerufen am 26.04.2024.