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Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731.

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Das Schweitzerische Canaan.
die Fettigkeit fliehet das Saure, und vermischt
sich gar nicht damit, wie zu sehen, wann man
Essig und Oel zusammen geußt, und under ein-
ander rüttelt, so scheidet sich das Oel, doch als-
bald und schwimmet oben:) Das Wasser aber
wird lauter und sauer; Daher wann sie wollen
Zieger machen, müssen sie nachdem der Käß darauß
genommen, süsse Milch hinach in die saure Schot-
ten giessen, da dann abermal von der Säure
das Süsse in der Milch gebrochen, hergegen auch
die Säure im Wasser geschwächet, und der fet-
teste Theil der Milch samt der Mucilagine im
Auffkochen sich zusammen begibt, aber nicht gantz
in einen Klumpen, sondern in Grumos oder Schol-
len, und das Wasser wird weißlicher und an-
nehmlich sauer, etc. Wann dann das geschiedene
darauß genommen, mit Saltz eingeknettet, und
seine Zeit gejäset hat, gibet es den Stinck-Zieger,
so den Käßmarckt zu Bern so lieblich parfumirt.
Das Kaßleb, so diese kunstliche Scheidung macht,
ist eine coagulirte saure Milch in den Mägen der
saugenden Kälber und Gitzlin, sie wird alterirt
von dem spirituosen saueren Safft, welchen die
Magen-Drüßlein von sich geben, um die Spei-
se in einen dicklachten Cremorem auffzulösen.
Noch eines muß man wissen, was nemlich ein
Sal alcali seye, und ist nichts anders als ein
Laugen-Saltz, wie man auß jeder Aesche ein
Saltz kan außlaugen, welches der Säuere ent-
gegen, und solvirt die Fettigkeit und die Erde,
da hingegen die Säuere coagulirt: Dieses Alcali
ist entweder fix wie das Saltz auß der Asche,
oder flüchtig, wie in allen animalischen Theilen
gefunden wird, als in Klauen, Hörnern, Haa-

ren,
C 3

Das Schweitzeriſche Canaan.
die Fettigkeit fliehet das Saure, und vermiſcht
ſich gar nicht damit, wie zu ſehen, wann man
Eſſig und Oel zuſammen geußt, und under ein-
ander ruͤttelt, ſo ſcheidet ſich das Oel, doch als-
bald und ſchwimmet oben:) Das Waſſer aber
wird lauter und ſauer; Daher wann ſie wollen
Zieger machen, muͤſſen ſie nachdem der Kaͤß darauß
genommen, ſuͤſſe Milch hinach in die ſaure Schot-
ten gieſſen, da dann abermal von der Saͤure
das Suͤſſe in der Milch gebrochen, hergegen auch
die Saͤure im Waſſer geſchwaͤchet, und der fet-
teſte Theil der Milch ſamt der Mucilagine im
Auffkochen ſich zuſammen begibt, aber nicht gantz
in einen Klumpen, ſondern in Grumos oder Schol-
len, und das Waſſer wird weißlicher und an-
nehmlich ſauer, ꝛc. Wann dann das geſchiedene
darauß genommen, mit Saltz eingeknettet, und
ſeine Zeit gejaͤſet hat, gibet es den Stinck-Zieger,
ſo den Kaͤßmarckt zu Bern ſo lieblich parfumirt.
Das Kaßleb, ſo dieſe kunſtliche Scheidung macht,
iſt eine coagulirte ſaure Milch in den Maͤgen der
ſaugenden Kaͤlber und Gitzlin, ſie wird alterirt
von dem ſpirituoſen ſaueren Safft, welchen die
Magen-Druͤßlein von ſich geben, um die Spei-
ſe in einen dicklachten Cremorem auffzuloͤſen.
Noch eines muß man wiſſen, was nemlich ein
Sal alcali ſeye, und iſt nichts anders als ein
Laugen-Saltz, wie man auß jeder Aeſche ein
Saltz kan außlaugen, welches der Saͤuere ent-
gegen, und ſolvirt die Fettigkeit und die Erde,
da hingegen die Saͤuere coagulirt: Dieſes Alcali
iſt entweder fix wie das Saltz auß der Aſche,
oder fluͤchtig, wie in allen animaliſchen Theilen
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ren,
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[37/0105] Das Schweitzeriſche Canaan. die Fettigkeit fliehet das Saure, und vermiſcht ſich gar nicht damit, wie zu ſehen, wann man Eſſig und Oel zuſammen geußt, und under ein- ander ruͤttelt, ſo ſcheidet ſich das Oel, doch als- bald und ſchwimmet oben:) Das Waſſer aber wird lauter und ſauer; Daher wann ſie wollen Zieger machen, muͤſſen ſie nachdem der Kaͤß darauß genommen, ſuͤſſe Milch hinach in die ſaure Schot- ten gieſſen, da dann abermal von der Saͤure das Suͤſſe in der Milch gebrochen, hergegen auch die Saͤure im Waſſer geſchwaͤchet, und der fet- teſte Theil der Milch ſamt der Mucilagine im Auffkochen ſich zuſammen begibt, aber nicht gantz in einen Klumpen, ſondern in Grumos oder Schol- len, und das Waſſer wird weißlicher und an- nehmlich ſauer, ꝛc. Wann dann das geſchiedene darauß genommen, mit Saltz eingeknettet, und ſeine Zeit gejaͤſet hat, gibet es den Stinck-Zieger, ſo den Kaͤßmarckt zu Bern ſo lieblich parfumirt. Das Kaßleb, ſo dieſe kunſtliche Scheidung macht, iſt eine coagulirte ſaure Milch in den Maͤgen der ſaugenden Kaͤlber und Gitzlin, ſie wird alterirt von dem ſpirituoſen ſaueren Safft, welchen die Magen-Druͤßlein von ſich geben, um die Spei- ſe in einen dicklachten Cremorem auffzuloͤſen. Noch eines muß man wiſſen, was nemlich ein Sal alcali ſeye, und iſt nichts anders als ein Laugen-Saltz, wie man auß jeder Aeſche ein Saltz kan außlaugen, welches der Saͤuere ent- gegen, und ſolvirt die Fettigkeit und die Erde, da hingegen die Saͤuere coagulirt: Dieſes Alcali iſt entweder fix wie das Saltz auß der Aſche, oder fluͤchtig, wie in allen animaliſchen Theilen gefunden wird, als in Klauen, Hoͤrnern, Haa- ren, C 3

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Zitationshilfe: Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/105>, abgerufen am 26.04.2024.