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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Lebens-Mahlzeit.
Freylich solte JEsus ein Königreich haben, das klinget prächtig;
aber über wen! Wer sollen seine Unterthanen seyn? Haupt für
Haupt, Seelen-Arme, ausgehausete Bettler, dazu von grausam-
men Tyrannen in die schändlichste Sclaverey hingeschleppete, daß
es JEsus nicht wäre zu verdencken gewesen, wann es ihm darob ge-
grauet hätte uns nur nennen zu hören, indessen will er der theure,
werthe HErr keine andere haben als solche, dann meine Gedancken,
spricht der HErr zu uns Würmern sind nicht euere Gedancken und
euere Wege sind nicht meine Wege a.

so ist doch
dieses ein
überzeu-
gender
Beweiß
seiner
Gottheit.

§. 6. Einem vornehmen Herren wurde es ecklen ab solchen Lehr-
Jüngeren, er wurde sich schämen solche verschrauene und in Hoch-
Oberkeitlichen Bande und Ungnade gerathene, vor seine nahe An-
verwandten zu erkennen; es wurde einem verdrießlich fallen, solch
verarmet, verwüstet, ausgehüngert Königreich anzunehmen, da
nicht ein Splitter einzunehmen, dagegen viele hundert Millionen
auszugeben wäre; Aber eben dieses ist ein Beweiß der Gottheit
Christi, sintemal Menschen wegen ihrer Armuth gern Weise, Ge-
ehrte, Reiche, Starcke, Gesunde und Fröliche um sich haben, GOtt
hingegen hat wegen seines unerschöpfflichen Reichthums, seiner
unergründlichen Weißheit, seiner übersteigenden Herrlichkeit, sei-
ner unbeschreiblichen Seeligkeit, seiner unendlichen Allgenugsam-
keit gern Alberne, Verachtete, Arme, Schwache, Kranckne,
Blöde und Trostlose um sich, die bekümmeret und verscheucht sind
wie arme Vögelein in der Wüsten; Ja JEsus hat keine grössere
Freude als wann er solche antrifft, denen ist er so hold und günstig.
Er hat seinen besonderen Himmel in solchen Armen am Geist, da
kan er die Reichthümer seiner Barmhertzigkeit recht ausbreiten, wo
kein falscher Reichthum eigener menschlicher Gerechtigkeit behauptet
wird. Da, da wohnet JEsus so gerne, auf daß er erquicke den
Geist der Demüthigten, und seine Liebe groß an ihnen mache; bey
denen ist das fromme, liebreiche und langmüthige JESUS-Hertz
recht willkomm, da macht er warlich grosse Freud mit seinem erwor-
benen grossen Heil; ja eben diese verzagte Hertzen brauchens am nö-
thigsten; nirgends ist der Schatz der Seeligkeit besser angelegt, da-

rum
a Jes. LV. 8.

Lebens-Mahlzeit.
Freylich ſolte JEſus ein Koͤnigreich haben, das klinget praͤchtig;
aber uͤber wen! Wer ſollen ſeine Unterthanen ſeyn? Haupt fuͤr
Haupt, Seelen-Arme, ausgehauſete Bettler, dazu von grauſam-
men Tyrannen in die ſchaͤndlichſte Sclaverey hingeſchleppete, daß
es JEſus nicht waͤre zu verdencken geweſen, wann es ihm darob ge-
grauet haͤtte uns nur nennen zu hoͤren, indeſſen will er der theure,
werthe HErr keine andere haben als ſolche, dann meine Gedancken,
ſpricht der HErr zu uns Wuͤrmern ſind nicht euere Gedancken und
euere Wege ſind nicht meine Wege a.

ſo iſt doch
dieſes ein
uͤberzeu-
gender
Beweiß
ſeiner
Gottheit.

§. 6. Einem vornehmen Herren wurde es ecklen ab ſolchen Lehr-
Juͤngeren, er wurde ſich ſchaͤmen ſolche verſchrauene und in Hoch-
Oberkeitlichen Bande und Ungnade gerathene, vor ſeine nahe An-
verwandten zu erkennen; es wurde einem verdrießlich fallen, ſolch
verarmet, verwuͤſtet, ausgehuͤngert Koͤnigreich anzunehmen, da
nicht ein Splitter einzunehmen, dagegen viele hundert Millionen
auszugeben waͤre; Aber eben dieſes iſt ein Beweiß der Gottheit
Chriſti, ſintemal Menſchen wegen ihrer Armuth gern Weiſe, Ge-
ehrte, Reiche, Starcke, Geſunde und Froͤliche um ſich haben, GOtt
hingegen hat wegen ſeines unerſchoͤpfflichen Reichthums, ſeiner
unergruͤndlichen Weißheit, ſeiner uͤberſteigenden Herrlichkeit, ſei-
ner unbeſchreiblichen Seeligkeit, ſeiner unendlichen Allgenugſam-
keit gern Alberne, Verachtete, Arme, Schwache, Kranckne,
Bloͤde und Troſtloſe um ſich, die bekuͤmmeret und verſcheucht ſind
wie arme Voͤgelein in der Wuͤſten; Ja JEſus hat keine groͤſſere
Freude als wann er ſolche antrifft, denen iſt er ſo hold und guͤnſtig.
Er hat ſeinen beſonderen Himmel in ſolchen Armen am Geiſt, da
kan er die Reichthuͤmer ſeiner Barmhertzigkeit recht ausbreiten, wo
kein falſcher Reichthum eigener menſchlicher Gerechtigkeit behauptet
wird. Da, da wohnet JEſus ſo gerne, auf daß er erquicke den
Geiſt der Demuͤthigten, und ſeine Liebe groß an ihnen mache; bey
denen iſt das fromme, liebreiche und langmuͤthige JESUS-Hertz
recht willkomm, da macht er warlich groſſe Freud mit ſeinem erwor-
benen groſſen Heil; ja eben dieſe verzagte Hertzen brauchens am noͤ-
thigſten; nirgends iſt der Schatz der Seeligkeit beſſer angelegt, da-

rum
a Jeſ. LV. 8.
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[1054/1150] Lebens-Mahlzeit. Freylich ſolte JEſus ein Koͤnigreich haben, das klinget praͤchtig; aber uͤber wen! Wer ſollen ſeine Unterthanen ſeyn? Haupt fuͤr Haupt, Seelen-Arme, ausgehauſete Bettler, dazu von grauſam- men Tyrannen in die ſchaͤndlichſte Sclaverey hingeſchleppete, daß es JEſus nicht waͤre zu verdencken geweſen, wann es ihm darob ge- grauet haͤtte uns nur nennen zu hoͤren, indeſſen will er der theure, werthe HErr keine andere haben als ſolche, dann meine Gedancken, ſpricht der HErr zu uns Wuͤrmern ſind nicht euere Gedancken und euere Wege ſind nicht meine Wege a. §. 6. Einem vornehmen Herren wurde es ecklen ab ſolchen Lehr- Juͤngeren, er wurde ſich ſchaͤmen ſolche verſchrauene und in Hoch- Oberkeitlichen Bande und Ungnade gerathene, vor ſeine nahe An- verwandten zu erkennen; es wurde einem verdrießlich fallen, ſolch verarmet, verwuͤſtet, ausgehuͤngert Koͤnigreich anzunehmen, da nicht ein Splitter einzunehmen, dagegen viele hundert Millionen auszugeben waͤre; Aber eben dieſes iſt ein Beweiß der Gottheit Chriſti, ſintemal Menſchen wegen ihrer Armuth gern Weiſe, Ge- ehrte, Reiche, Starcke, Geſunde und Froͤliche um ſich haben, GOtt hingegen hat wegen ſeines unerſchoͤpfflichen Reichthums, ſeiner unergruͤndlichen Weißheit, ſeiner uͤberſteigenden Herrlichkeit, ſei- ner unbeſchreiblichen Seeligkeit, ſeiner unendlichen Allgenugſam- keit gern Alberne, Verachtete, Arme, Schwache, Kranckne, Bloͤde und Troſtloſe um ſich, die bekuͤmmeret und verſcheucht ſind wie arme Voͤgelein in der Wuͤſten; Ja JEſus hat keine groͤſſere Freude als wann er ſolche antrifft, denen iſt er ſo hold und guͤnſtig. Er hat ſeinen beſonderen Himmel in ſolchen Armen am Geiſt, da kan er die Reichthuͤmer ſeiner Barmhertzigkeit recht ausbreiten, wo kein falſcher Reichthum eigener menſchlicher Gerechtigkeit behauptet wird. Da, da wohnet JEſus ſo gerne, auf daß er erquicke den Geiſt der Demuͤthigten, und ſeine Liebe groß an ihnen mache; bey denen iſt das fromme, liebreiche und langmuͤthige JESUS-Hertz recht willkomm, da macht er warlich groſſe Freud mit ſeinem erwor- benen groſſen Heil; ja eben dieſe verzagte Hertzen brauchens am noͤ- thigſten; nirgends iſt der Schatz der Seeligkeit beſſer angelegt, da- rum a Jeſ. LV. 8.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1054. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1150>, abgerufen am 29.04.2024.