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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Zuschrifft.
seinem HErren Christo zu Lob und Ehren, dem der ihm den Man-
tel nimmt, den Rock darzu gebe, man gibt viel lieber einem un-
danckbaren Advocaten noch über den Mantel hinaus auch das
Hembd mit Verderbung der Zeit und Gesundheit, zu unwider-
bringlichem Schaden der Seelen, und manigfaltiger Verwundung
des Gewissens; Antwort: Es verhält sich hier gleich also:

§. 25. Es solle aber was auch hier von der Religion geredt wor-Der Urhe-
ber erken-
net dan-
noch daß
die Refor-
mation ei-
ne grosse
Gnade
GOttes
seye.

den, niemand dahin deuten, als hielte man die durch theure, aus-
serordentliche Werck-Zeuge der unermessenen Barmhertzigkeit GOt-
tes geschehene Reformation nicht vor eine herrliche grosse Gnade
aus dem Himmel, dardurch die Kirche von dem harten Joch des
Treibers erlediget worden; Ach daß sie nur das sanffte Joch davor
auf sich genommen hätte! Es mahnet mich die wunderbare Aus-
spendung und Eintheilung dieses wiederum neu hervor gekommenen
und sich aus der dicken Egyptischen Finsternuß herauswicklenden
Gnaden-Glantzes eben an das, wie es zu gehen pflegt an einem wol-
ckichten Tag, da ein Strich des Erd-Bodens von der Sonnen be-
strahlt und helleuchtend bemahlet, der andere aber hart darneben
mit dunckelem Schatten bedecket wird; Oder zu reden mit dem
Propheten Amos 4,7. Da GOTT nach grosser Antichristischer
Dürre, Regen bescherete des gnadenreichen, fruchtbringenden
Evangeliums über eine Stadt, über die andere Stadt aber besche-
ret er keinen Regen; Ein Acker ward beregnet, der andere Acker
der nicht auf sich regnen liesse, verdorrete. Die Reformation ist
dem Neumond gleich, da das erst untergangene und verborgene Licht
der Sonnen der Gerechtigkeit durch die hoch-theure Lehre von der
Rechtfertigung des Sünders vor GOTT durch den alleinigen
Verdienst Christi wieder zum Vorschein kame; Also daß der Ruhm
des Alterthums und die Beschuldigung der Neuerung hier nichts
giltet. Es kame einer in Jtalien und kostete Wein aus einem gros-
sen Faß, der war über alle Massen süß und mild, auch voller Geist
und Wärme, er kame aber einige Jahr hernach zu gleichem Faß
und wollte des Weins, der ihme ehemahls so vortrefflich wohl ge-
schmeckt hatte, wiederum versuchen, allein so bald er seinen Gau-
men berührte, mußte er ihn ausspeyen, dann er war ein saur bitte-

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Zuſchrifft.
ſeinem HErren Chriſto zu Lob und Ehren, dem der ihm den Man-
tel nimmt, den Rock darzu gebe, man gibt viel lieber einem un-
danckbaren Advocaten noch uͤber den Mantel hinaus auch das
Hembd mit Verderbung der Zeit und Geſundheit, zu unwider-
bringlichem Schaden der Seelen, und manigfaltiger Verwundung
des Gewiſſens; Antwort: Es verhaͤlt ſich hier gleich alſo:

§. 25. Es ſolle aber was auch hier von der Religion geredt wor-Der Urhe-
ber erken-
net dan-
noch daß
die Refor-
mation ei-
ne groſſe
Gnade
GOttes
ſeye.

den, niemand dahin deuten, als hielte man die durch theure, auſ-
ſerordentliche Werck-Zeuge der unermeſſenen Barmhertzigkeit GOt-
tes geſchehene Reformation nicht vor eine herrliche groſſe Gnade
aus dem Himmel, dardurch die Kirche von dem harten Joch des
Treibers erlediget worden; Ach daß ſie nur das ſanffte Joch davor
auf ſich genommen haͤtte! Es mahnet mich die wunderbare Aus-
ſpendung und Eintheilung dieſes wiederum neu hervor gekommenen
und ſich aus der dicken Egyptiſchen Finſternuß herauswicklenden
Gnaden-Glantzes eben an das, wie es zu gehen pflegt an einem wol-
ckichten Tag, da ein Strich des Erd-Bodens von der Sonnen be-
ſtrahlt und helleuchtend bemahlet, der andere aber hart darneben
mit dunckelem Schatten bedecket wird; Oder zu reden mit dem
Propheten Amos 4,7. Da GOTT nach groſſer Antichriſtiſcher
Duͤrre, Regen beſcherete des gnadenreichen, fruchtbringenden
Evangeliums uͤber eine Stadt, uͤber die andere Stadt aber beſche-
ret er keinen Regen; Ein Acker ward beregnet, der andere Acker
der nicht auf ſich regnen lieſſe, verdorrete. Die Reformation iſt
dem Neumond gleich, da das erſt untergangene und verborgene Licht
der Sonnen der Gerechtigkeit durch die hoch-theure Lehre von der
Rechtfertigung des Suͤnders vor GOTT durch den alleinigen
Verdienſt Chriſti wieder zum Vorſchein kame; Alſo daß der Ruhm
des Alterthums und die Beſchuldigung der Neuerung hier nichts
giltet. Es kame einer in Jtalien und koſtete Wein aus einem groſ-
ſen Faß, der war uͤber alle Maſſen ſuͤß und mild, auch voller Geiſt
und Waͤrme, er kame aber einige Jahr hernach zu gleichem Faß
und wollte des Weins, der ihme ehemahls ſo vortrefflich wohl ge-
ſchmeckt hatte, wiederum verſuchen, allein ſo bald er ſeinen Gau-
men beruͤhrte, mußte er ihn ausſpeyen, dann er war ein ſaur bitte-

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[565/0661] Zuſchrifft. ſeinem HErren Chriſto zu Lob und Ehren, dem der ihm den Man- tel nimmt, den Rock darzu gebe, man gibt viel lieber einem un- danckbaren Advocaten noch uͤber den Mantel hinaus auch das Hembd mit Verderbung der Zeit und Geſundheit, zu unwider- bringlichem Schaden der Seelen, und manigfaltiger Verwundung des Gewiſſens; Antwort: Es verhaͤlt ſich hier gleich alſo: §. 25. Es ſolle aber was auch hier von der Religion geredt wor- den, niemand dahin deuten, als hielte man die durch theure, auſ- ſerordentliche Werck-Zeuge der unermeſſenen Barmhertzigkeit GOt- tes geſchehene Reformation nicht vor eine herrliche groſſe Gnade aus dem Himmel, dardurch die Kirche von dem harten Joch des Treibers erlediget worden; Ach daß ſie nur das ſanffte Joch davor auf ſich genommen haͤtte! Es mahnet mich die wunderbare Aus- ſpendung und Eintheilung dieſes wiederum neu hervor gekommenen und ſich aus der dicken Egyptiſchen Finſternuß herauswicklenden Gnaden-Glantzes eben an das, wie es zu gehen pflegt an einem wol- ckichten Tag, da ein Strich des Erd-Bodens von der Sonnen be- ſtrahlt und helleuchtend bemahlet, der andere aber hart darneben mit dunckelem Schatten bedecket wird; Oder zu reden mit dem Propheten Amos 4,7. Da GOTT nach groſſer Antichriſtiſcher Duͤrre, Regen beſcherete des gnadenreichen, fruchtbringenden Evangeliums uͤber eine Stadt, uͤber die andere Stadt aber beſche- ret er keinen Regen; Ein Acker ward beregnet, der andere Acker der nicht auf ſich regnen lieſſe, verdorrete. Die Reformation iſt dem Neumond gleich, da das erſt untergangene und verborgene Licht der Sonnen der Gerechtigkeit durch die hoch-theure Lehre von der Rechtfertigung des Suͤnders vor GOTT durch den alleinigen Verdienſt Chriſti wieder zum Vorſchein kame; Alſo daß der Ruhm des Alterthums und die Beſchuldigung der Neuerung hier nichts giltet. Es kame einer in Jtalien und koſtete Wein aus einem groſ- ſen Faß, der war uͤber alle Maſſen ſuͤß und mild, auch voller Geiſt und Waͤrme, er kame aber einige Jahr hernach zu gleichem Faß und wollte des Weins, der ihme ehemahls ſo vortrefflich wohl ge- ſchmeckt hatte, wiederum verſuchen, allein ſo bald er ſeinen Gau- men beruͤhrte, mußte er ihn ausſpeyen, dann er war ein ſaur bitte- rer Der Urhe- ber erken- net dan- noch daß die Refor- mation ei- ne groſſe Gnade GOttes ſeye. B b b b 3

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/661>, abgerufen am 28.04.2024.