Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 2. Die zweyte Quelle
auf er mit ihm hinter dem Busch auf seine Knie
gefallen, und seinen Heyland angelegenlich gebe-
ten, daß er sich auch über dieses Kind erbarmen,
ihme sein Verderben, seine Sünden und die Ver-
suchungs-Gefahren aufdecken, und seinen Heiligen
Geist geben wolle, daß es ihne recht liebe etc. Er
stunde sodann vom Gebet, das er mit tausend
Thränen begleitet hatte, auf, und streckte seine
Hände gen Himmel, sagende: "Nun HERR
"JEsu! nehme ich Himmel und Erden zu Zeu-
"gen, daß ich dir mein Kind, als eine theure
"Beylage habe anvertrauet; ich werde es auch an
"jenem Tag bey dir suchen und von deiner Hand
"fordern. Vergib mir, mein JEsu! daß ich so
"frey rede; die Liebes-Sorge zu meinem
"Kind dringt mich darzu etc." Welches dann
einen solchen Eindruck auf des Kinds Hertz gewon-
nen, daß ihme, so offt es was Böses gesehen, die
Augen in Thränen gestanden sind. Einmal kein
Gebet wird eher erhöret, als eines GOtt von
Hertzen anhangenden Vaters/ dem auf der gan-
tzen weiten Welt nichts erwünschters ist, als daß
seine Kinder mit dem Siegel des lebendigen GOt-
tes bezeichnet werden an ihren Stirnen, also daß
man an ihrer gantzen Aufführung in Worten und
Wercken sehen könnte, daß sie ein Saamen seyen,
den der HERR gesegnet; seine liebste Kleinodien,
die er nicht verthun noch um was es auch wäre,
weggeben, sondern vor sich behalten wolle ewiglich
und darmit prangen an seinem grossen Tag.

§. 17.

Cap. 2. Die zweyte Quelle
auf er mit ihm hinter dem Buſch auf ſeine Knie
gefallen, und ſeinen Heyland angelegenlich gebe-
ten, daß er ſich auch uͤber dieſes Kind erbarmen,
ihme ſein Verderben, ſeine Suͤnden und die Ver-
ſuchungs-Gefahren aufdecken, und ſeinen Heiligen
Geiſt geben wolle, daß es ihne recht liebe ꝛc. Er
ſtunde ſodann vom Gebet, das er mit tauſend
Thraͤnen begleitet hatte, auf, und ſtreckte ſeine
Haͤnde gen Himmel, ſagende: „Nun HERR
“JEſu! nehme ich Himmel und Erden zu Zeu-
“gen, daß ich dir mein Kind, als eine theure
“Beylage habe anvertrauet; ich werde es auch an
“jenem Tag bey dir ſuchen und von deiner Hand
“fordern. Vergib mir, mein JEſu! daß ich ſo
“frey rede; die Liebes-Sorge zu meinem
“Kind dringt mich darzu ꝛc.‟ Welches dann
einen ſolchen Eindruck auf des Kinds Hertz gewon-
nen, daß ihme, ſo offt es was Boͤſes geſehen, die
Augen in Thraͤnen geſtanden ſind. Einmal kein
Gebet wird eher erhoͤret, als eines GOtt von
Hertzen anhangenden Vaters/ dem auf der gan-
tzen weiten Welt nichts erwuͤnſchters iſt, als daß
ſeine Kinder mit dem Siegel des lebendigen GOt-
tes bezeichnet werden an ihren Stirnen, alſo daß
man an ihrer gantzen Auffuͤhrung in Worten und
Wercken ſehen koͤnnte, daß ſie ein Saamen ſeyen,
den der HERR geſegnet; ſeine liebſte Kleinodien,
die er nicht verthun noch um was es auch waͤre,
weggeben, ſondern vor ſich behalten wolle ewiglich
und darmit prangen an ſeinem groſſen Tag.

§. 17.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0128" n="110"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 2. Die zweyte Quelle</hi></fw><lb/>
auf er mit ihm hinter dem Bu&#x017F;ch auf &#x017F;eine Knie<lb/>
gefallen, und &#x017F;einen Heyland angelegenlich gebe-<lb/>
ten, daß er &#x017F;ich auch u&#x0364;ber die&#x017F;es Kind erbarmen,<lb/>
ihme &#x017F;ein Verderben, &#x017F;eine Su&#x0364;nden und die Ver-<lb/>
&#x017F;uchungs-Gefahren aufdecken, und &#x017F;einen Heiligen<lb/>
Gei&#x017F;t geben wolle, daß es ihne recht liebe &#xA75B;c. Er<lb/>
&#x017F;tunde &#x017F;odann vom Gebet, das er mit tau&#x017F;end<lb/>
Thra&#x0364;nen begleitet hatte, auf, und &#x017F;treckte &#x017F;eine<lb/>
Ha&#x0364;nde gen Himmel, &#x017F;agende: &#x201E;Nun HERR<lb/>
&#x201C;JE&#x017F;u! nehme ich Himmel und Erden zu Zeu-<lb/>
&#x201C;gen, daß ich dir mein Kind, als eine theure<lb/>
&#x201C;Beylage habe anvertrauet; ich werde es auch an<lb/>
&#x201C;jenem Tag bey dir &#x017F;uchen und von deiner Hand<lb/>
&#x201C;fordern. Vergib mir, mein JE&#x017F;u! daß ich &#x017F;o<lb/>
&#x201C;frey rede; die Liebes-Sorge zu meinem<lb/>
&#x201C;Kind dringt mich darzu &#xA75B;c.&#x201F; Welches dann<lb/>
einen &#x017F;olchen Eindruck auf des Kinds Hertz gewon-<lb/>
nen, daß ihme, &#x017F;o offt es was Bo&#x0364;&#x017F;es ge&#x017F;ehen, die<lb/>
Augen in Thra&#x0364;nen ge&#x017F;tanden &#x017F;ind. Einmal kein<lb/><hi rendition="#fr">Gebet</hi> wird eher erho&#x0364;ret, als eines GOtt von<lb/>
Hertzen anhangenden <hi rendition="#fr">Vaters/</hi> dem auf der gan-<lb/>
tzen weiten Welt nichts erwu&#x0364;n&#x017F;chters i&#x017F;t, als daß<lb/>
&#x017F;eine Kinder mit dem Siegel des lebendigen GOt-<lb/>
tes bezeichnet werden an ihren Stirnen, al&#x017F;o daß<lb/>
man an ihrer gantzen Auffu&#x0364;hrung in Worten und<lb/>
Wercken &#x017F;ehen ko&#x0364;nnte, daß &#x017F;ie ein Saamen &#x017F;eyen,<lb/>
den der HERR ge&#x017F;egnet; &#x017F;eine lieb&#x017F;te Kleinodien,<lb/>
die er nicht verthun noch um was es auch wa&#x0364;re,<lb/>
weggeben, &#x017F;ondern vor &#x017F;ich behalten wolle ewiglich<lb/>
und darmit prangen an &#x017F;einem gro&#x017F;&#x017F;en Tag.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 17.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0128] Cap. 2. Die zweyte Quelle auf er mit ihm hinter dem Buſch auf ſeine Knie gefallen, und ſeinen Heyland angelegenlich gebe- ten, daß er ſich auch uͤber dieſes Kind erbarmen, ihme ſein Verderben, ſeine Suͤnden und die Ver- ſuchungs-Gefahren aufdecken, und ſeinen Heiligen Geiſt geben wolle, daß es ihne recht liebe ꝛc. Er ſtunde ſodann vom Gebet, das er mit tauſend Thraͤnen begleitet hatte, auf, und ſtreckte ſeine Haͤnde gen Himmel, ſagende: „Nun HERR “JEſu! nehme ich Himmel und Erden zu Zeu- “gen, daß ich dir mein Kind, als eine theure “Beylage habe anvertrauet; ich werde es auch an “jenem Tag bey dir ſuchen und von deiner Hand “fordern. Vergib mir, mein JEſu! daß ich ſo “frey rede; die Liebes-Sorge zu meinem “Kind dringt mich darzu ꝛc.‟ Welches dann einen ſolchen Eindruck auf des Kinds Hertz gewon- nen, daß ihme, ſo offt es was Boͤſes geſehen, die Augen in Thraͤnen geſtanden ſind. Einmal kein Gebet wird eher erhoͤret, als eines GOtt von Hertzen anhangenden Vaters/ dem auf der gan- tzen weiten Welt nichts erwuͤnſchters iſt, als daß ſeine Kinder mit dem Siegel des lebendigen GOt- tes bezeichnet werden an ihren Stirnen, alſo daß man an ihrer gantzen Auffuͤhrung in Worten und Wercken ſehen koͤnnte, daß ſie ein Saamen ſeyen, den der HERR geſegnet; ſeine liebſte Kleinodien, die er nicht verthun noch um was es auch waͤre, weggeben, ſondern vor ſich behalten wolle ewiglich und darmit prangen an ſeinem groſſen Tag. §. 17.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/128
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/128>, abgerufen am 28.04.2024.