Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 6. Die sechste Quelle
Victorie über alle unsere Feinde. So
lange du lebest/ dencke alle Tage:

Wer nicht mit kämpfft, trägt auch die
Cron des ewigen Lebens nicht davon.

Wann man Kindern herrliche Sachen ver-
spricht, so werden sie dadurch besonders und der-
gestalten zum Gehorsam gelocket, daß sie offt auch
Leib und Leben wagen, wie es im Krieg und son-
sten geschiehet. Mancher Knab setzt sein Blut dar-
an, daß er nur ein armes Vogel-Nest auf einem
hohen Thurn ausnehmen kan. Was thate nicht der
junge Jcarus, daß er fliegen könne? GOTT
sagt mit einem erschütternden Donner-Schlag auf
dem Berg Sinai: Laß dich nicht gelüsten:
Doch wagen offt böse Buben ihre Haut an schöne
Blumen und edle Früchte, um derenwillen sie in
grosser Herren Gärten steigen, und schon manche
darüber ihr Leben eingebüßt haben: Hier aber
ists dir ernstlich befohlen, daß du nach der Heili-
gung hefftig lüstern, und an GOttes Reich und
Gerechtigkeit dich belustigen sollest. Sinne dann,
liebes Kind, der Sache ein bisgen nach; bist du
nicht neugierig Paradies-Früchte vom Baum des
Lebens zu kosten? Was thaten nicht junge Kna-
ben in Griechen-Land in den Olympischen Spielen,
um nur etwa einen bald-verdorrenden Oel- und
Lorbeer-Crantz zu erlangen? Sie fiengen schon in
der Kindheit an, sich alles dessen zu enthalten, was
sie an dieser Ehre verkürtzen möchte. Kind! was
sagst du nun von der Himmels-Crone/ die dir
dein JEsus aufsetzen wird, und was hältest du
vom verborgenen Manna? Wilst du nicht

auch

Cap. 6. Die ſechſte Quelle
Victorie uͤber alle unſere Feinde. So
lange du lebeſt/ dencke alle Tage:

Wer nicht mit kaͤmpfft, traͤgt auch die
Cron des ewigen Lebens nicht davon.

Wann man Kindern herrliche Sachen ver-
ſpricht, ſo werden ſie dadurch beſonders und der-
geſtalten zum Gehorſam gelocket, daß ſie offt auch
Leib und Leben wagen, wie es im Krieg und ſon-
ſten geſchiehet. Mancher Knab ſetzt ſein Blut dar-
an, daß er nur ein armes Vogel-Neſt auf einem
hohen Thurn ausnehmen kan. Was thate nicht der
junge Jcarus, daß er fliegen koͤnne? GOTT
ſagt mit einem erſchuͤtternden Donner-Schlag auf
dem Berg Sinai: Laß dich nicht geluͤſten:
Doch wagen offt boͤſe Buben ihre Haut an ſchoͤne
Blumen und edle Fruͤchte, um derenwillen ſie in
groſſer Herren Gaͤrten ſteigen, und ſchon manche
daruͤber ihr Leben eingebuͤßt haben: Hier aber
iſts dir ernſtlich befohlen, daß du nach der Heili-
gung hefftig luͤſtern, und an GOttes Reich und
Gerechtigkeit dich beluſtigen ſolleſt. Sinne dann,
liebes Kind, der Sache ein bisgen nach; biſt du
nicht neugierig Paradies-Fruͤchte vom Baum des
Lebens zu koſten? Was thaten nicht junge Kna-
ben in Griechen-Land in den Olympiſchen Spielen,
um nur etwa einen bald-verdorrenden Oel- und
Lorbeer-Crantz zu erlangen? Sie fiengen ſchon in
der Kindheit an, ſich alles deſſen zu enthalten, was
ſie an dieſer Ehre verkuͤrtzen moͤchte. Kind! was
ſagſt du nun von der Himmels-Crone/ die dir
dein JEſus aufſetzen wird, und was haͤlteſt du
vom verborgenen Manna? Wilſt du nicht

auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0370" n="352"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 6. Die &#x017F;ech&#x017F;te Quelle</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">Victorie u&#x0364;ber alle un&#x017F;ere Feinde. So<lb/>
lange du lebe&#x017F;t/ dencke alle Tage:</hi><lb/>
Wer nicht mit ka&#x0364;mpfft, tra&#x0364;gt auch die<lb/>
Cron des ewigen Lebens nicht davon.</p><lb/>
          <p>Wann man Kindern herrliche Sachen ver-<lb/>
&#x017F;pricht, &#x017F;o werden &#x017F;ie dadurch be&#x017F;onders und der-<lb/>
ge&#x017F;talten zum Gehor&#x017F;am gelocket, daß &#x017F;ie offt auch<lb/>
Leib und Leben wagen, wie es im Krieg und &#x017F;on-<lb/>
&#x017F;ten ge&#x017F;chiehet. Mancher Knab &#x017F;etzt &#x017F;ein Blut dar-<lb/>
an, daß er nur ein armes Vogel-Ne&#x017F;t auf einem<lb/>
hohen Thurn ausnehmen kan. Was thate nicht der<lb/>
junge <hi rendition="#fr">Jcarus,</hi> daß er fliegen ko&#x0364;nne? GOTT<lb/>
&#x017F;agt mit einem er&#x017F;chu&#x0364;tternden Donner-Schlag auf<lb/>
dem Berg Sinai: <hi rendition="#fr">Laß dich nicht gelu&#x0364;&#x017F;ten:</hi><lb/>
Doch wagen offt bo&#x0364;&#x017F;e Buben ihre Haut an &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Blumen und edle Fru&#x0364;chte, um derenwillen &#x017F;ie in<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Herren Ga&#x0364;rten &#x017F;teigen, und &#x017F;chon manche<lb/>
daru&#x0364;ber ihr Leben eingebu&#x0364;ßt haben: Hier aber<lb/>
i&#x017F;ts dir ern&#x017F;tlich befohlen, daß du nach der Heili-<lb/>
gung hefftig lu&#x0364;&#x017F;tern, und an GOttes Reich und<lb/>
Gerechtigkeit dich belu&#x017F;tigen &#x017F;olle&#x017F;t. Sinne dann,<lb/>
liebes Kind, der Sache ein bisgen nach; bi&#x017F;t du<lb/>
nicht neugierig Paradies-Fru&#x0364;chte vom Baum des<lb/>
Lebens zu ko&#x017F;ten? Was thaten nicht junge Kna-<lb/>
ben in Griechen-Land in den Olympi&#x017F;chen Spielen,<lb/>
um nur etwa einen bald-verdorrenden Oel- und<lb/>
Lorbeer-Crantz zu erlangen? Sie fiengen &#x017F;chon in<lb/>
der Kindheit an, &#x017F;ich alles de&#x017F;&#x017F;en zu enthalten, was<lb/>
&#x017F;ie an die&#x017F;er Ehre verku&#x0364;rtzen mo&#x0364;chte. Kind! was<lb/>
&#x017F;ag&#x017F;t du nun von der <hi rendition="#fr">Himmels-Crone/</hi> die dir<lb/>
dein JE&#x017F;us auf&#x017F;etzen wird, und was ha&#x0364;lte&#x017F;t du<lb/>
vom <hi rendition="#fr">verborgenen Manna?</hi> Wil&#x017F;t du nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0370] Cap. 6. Die ſechſte Quelle Victorie uͤber alle unſere Feinde. So lange du lebeſt/ dencke alle Tage: Wer nicht mit kaͤmpfft, traͤgt auch die Cron des ewigen Lebens nicht davon. Wann man Kindern herrliche Sachen ver- ſpricht, ſo werden ſie dadurch beſonders und der- geſtalten zum Gehorſam gelocket, daß ſie offt auch Leib und Leben wagen, wie es im Krieg und ſon- ſten geſchiehet. Mancher Knab ſetzt ſein Blut dar- an, daß er nur ein armes Vogel-Neſt auf einem hohen Thurn ausnehmen kan. Was thate nicht der junge Jcarus, daß er fliegen koͤnne? GOTT ſagt mit einem erſchuͤtternden Donner-Schlag auf dem Berg Sinai: Laß dich nicht geluͤſten: Doch wagen offt boͤſe Buben ihre Haut an ſchoͤne Blumen und edle Fruͤchte, um derenwillen ſie in groſſer Herren Gaͤrten ſteigen, und ſchon manche daruͤber ihr Leben eingebuͤßt haben: Hier aber iſts dir ernſtlich befohlen, daß du nach der Heili- gung hefftig luͤſtern, und an GOttes Reich und Gerechtigkeit dich beluſtigen ſolleſt. Sinne dann, liebes Kind, der Sache ein bisgen nach; biſt du nicht neugierig Paradies-Fruͤchte vom Baum des Lebens zu koſten? Was thaten nicht junge Kna- ben in Griechen-Land in den Olympiſchen Spielen, um nur etwa einen bald-verdorrenden Oel- und Lorbeer-Crantz zu erlangen? Sie fiengen ſchon in der Kindheit an, ſich alles deſſen zu enthalten, was ſie an dieſer Ehre verkuͤrtzen moͤchte. Kind! was ſagſt du nun von der Himmels-Crone/ die dir dein JEſus aufſetzen wird, und was haͤlteſt du vom verborgenen Manna? Wilſt du nicht auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/370
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/370>, abgerufen am 29.04.2024.