Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 7. Nachlese noch einiger Mitteln
GOtt eben so im Guten befestiget, wie
jene; daß wir aber durch Ungehorsam
uns in die Gemeinschafft der bösen En-
gel begeben/ und mit selbigen abgefal-
len/ daran ist GOttes Güte nicht schuld.

Ach ja! Was ist gemeiners, als daß man von
Personen und Sachen Probier-Zeit begehre, ehe
man sein Geld und Glück daran wage? Man
probieret Schild und Pantzer, Wehr und Waf-
fen, Pferde und Knechte, ehe man sie an sich er-
handelt: Auch wann man eine Braut erlesen will,
so setzet man sie zuvor auf die Probe, ehe man sich
so weit einlaßt, und ihro das gantze Hertz anver-
trauet: Ehe auch ein König einem gemeinen Sol-
daten den General-Stab übergiebet, muß er unge-
meine Proben seiner Treue, Tapfferkeit, Klugheit
und Kriegs-Erfahrenheit vorher abgeleget haben.
Sollte nun denen Menschen solches erlaubt seyn;
GOtt allein aber nicht Fug und Recht haben, nie-
manden ungeprüfft in seine höchste Herrlichkeit auf-
zunehmen, und das Königreich der Himmeln ihm
anzuvertrauen? Dancke du vielmehr deinem GOtt,
und lobe ihn mit der allertieffsten Ehrerbietung oh-
ne Aufhören, daß seine unüberwindliche, und alle
Untreue, Undanck und Bosheit der Sündern über-
steigende Liebe bey Adams Fall Anlaß genommen,
die recht erschreckliche Abgründe seiner Erbarmung
zu offenbahren, an welche man ohne heiligen
Schauer, ohne tieffe Seel-zerschmeltzende Anbe-
tung, und ohne zitternde Freude nicht sinnen kan.

§. 9. Wie

Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln
GOtt eben ſo im Guten befeſtiget, wie
jene; daß wir aber durch Ungehorſam
uns in die Gemeinſchafft der boͤſen En-
gel begeben/ und mit ſelbigen abgefal-
len/ daran iſt GOttes Guͤte nicht ſchuld.

Ach ja! Was iſt gemeiners, als daß man von
Perſonen und Sachen Probier-Zeit begehre, ehe
man ſein Geld und Gluͤck daran wage? Man
probieret Schild und Pantzer, Wehr und Waf-
fen, Pferde und Knechte, ehe man ſie an ſich er-
handelt: Auch wann man eine Braut erleſen will,
ſo ſetzet man ſie zuvor auf die Probe, ehe man ſich
ſo weit einlaßt, und ihro das gantze Hertz anver-
trauet: Ehe auch ein Koͤnig einem gemeinen Sol-
daten den General-Stab uͤbergiebet, muß er unge-
meine Proben ſeiner Treue, Tapfferkeit, Klugheit
und Kriegs-Erfahrenheit vorher abgeleget haben.
Sollte nun denen Menſchen ſolches erlaubt ſeyn;
GOtt allein aber nicht Fug und Recht haben, nie-
manden ungepruͤfft in ſeine hoͤchſte Herrlichkeit auf-
zunehmen, und das Koͤnigreich der Himmeln ihm
anzuvertrauen? Dancke du vielmehr deinem GOtt,
und lobe ihn mit der allertieffſten Ehrerbietung oh-
ne Aufhoͤren, daß ſeine unuͤberwindliche, und alle
Untreue, Undanck und Bosheit der Suͤndern uͤber-
ſteigende Liebe bey Adams Fall Anlaß genommen,
die recht erſchreckliche Abgruͤnde ſeiner Erbarmung
zu offenbahren, an welche man ohne heiligen
Schauer, ohne tieffe Seel-zerſchmeltzende Anbe-
tung, und ohne zitternde Freude nicht ſinnen kan.

§. 9. Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0396" n="378"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Cap. 7. Nachle&#x017F;e noch einiger Mitteln</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">GOtt eben &#x017F;o im Guten befe&#x017F;tiget, wie<lb/>
jene; daß wir aber durch Ungehor&#x017F;am<lb/>
uns in die Gemein&#x017F;chafft der bo&#x0364;&#x017F;en En-<lb/>
gel begeben/ und mit &#x017F;elbigen abgefal-<lb/>
len/ daran i&#x017F;t GOttes Gu&#x0364;te nicht &#x017F;chuld.</hi> </p><lb/>
          <p>Ach ja! Was i&#x017F;t gemeiners, als daß man von<lb/>
Per&#x017F;onen und Sachen Probier-Zeit begehre, ehe<lb/>
man &#x017F;ein Geld und Glu&#x0364;ck daran wage? Man<lb/>
probieret Schild und Pantzer, Wehr und Waf-<lb/>
fen, Pferde und Knechte, ehe man &#x017F;ie an &#x017F;ich er-<lb/>
handelt: Auch wann man eine Braut erle&#x017F;en will,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;etzet man &#x017F;ie zuvor auf die Probe, ehe man &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;o weit einlaßt, und ihro das gantze Hertz anver-<lb/>
trauet: Ehe auch ein Ko&#x0364;nig einem gemeinen Sol-<lb/>
daten den General-Stab u&#x0364;bergiebet, muß er unge-<lb/>
meine Proben &#x017F;einer Treue, Tapfferkeit, Klugheit<lb/>
und Kriegs-Erfahrenheit vorher abgeleget haben.<lb/>
Sollte nun denen Men&#x017F;chen &#x017F;olches erlaubt &#x017F;eyn;<lb/>
GOtt allein aber nicht Fug und Recht haben, nie-<lb/>
manden ungepru&#x0364;fft in &#x017F;eine ho&#x0364;ch&#x017F;te Herrlichkeit auf-<lb/>
zunehmen, und das Ko&#x0364;nigreich der Himmeln ihm<lb/>
anzuvertrauen? Dancke du vielmehr deinem GOtt,<lb/>
und lobe ihn mit der allertieff&#x017F;ten Ehrerbietung oh-<lb/>
ne Aufho&#x0364;ren, daß &#x017F;eine unu&#x0364;berwindliche, und alle<lb/>
Untreue, Undanck und Bosheit der Su&#x0364;ndern u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;teigende Liebe bey Adams Fall Anlaß genommen,<lb/>
die recht er&#x017F;chreckliche Abgru&#x0364;nde &#x017F;einer Erbarmung<lb/>
zu offenbahren, an welche man ohne heiligen<lb/>
Schauer, ohne tieffe Seel-zer&#x017F;chmeltzende Anbe-<lb/>
tung, und ohne zitternde Freude nicht &#x017F;innen kan.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 9. Wie</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[378/0396] Cap. 7. Nachleſe noch einiger Mitteln GOtt eben ſo im Guten befeſtiget, wie jene; daß wir aber durch Ungehorſam uns in die Gemeinſchafft der boͤſen En- gel begeben/ und mit ſelbigen abgefal- len/ daran iſt GOttes Guͤte nicht ſchuld. Ach ja! Was iſt gemeiners, als daß man von Perſonen und Sachen Probier-Zeit begehre, ehe man ſein Geld und Gluͤck daran wage? Man probieret Schild und Pantzer, Wehr und Waf- fen, Pferde und Knechte, ehe man ſie an ſich er- handelt: Auch wann man eine Braut erleſen will, ſo ſetzet man ſie zuvor auf die Probe, ehe man ſich ſo weit einlaßt, und ihro das gantze Hertz anver- trauet: Ehe auch ein Koͤnig einem gemeinen Sol- daten den General-Stab uͤbergiebet, muß er unge- meine Proben ſeiner Treue, Tapfferkeit, Klugheit und Kriegs-Erfahrenheit vorher abgeleget haben. Sollte nun denen Menſchen ſolches erlaubt ſeyn; GOtt allein aber nicht Fug und Recht haben, nie- manden ungepruͤfft in ſeine hoͤchſte Herrlichkeit auf- zunehmen, und das Koͤnigreich der Himmeln ihm anzuvertrauen? Dancke du vielmehr deinem GOtt, und lobe ihn mit der allertieffſten Ehrerbietung oh- ne Aufhoͤren, daß ſeine unuͤberwindliche, und alle Untreue, Undanck und Bosheit der Suͤndern uͤber- ſteigende Liebe bey Adams Fall Anlaß genommen, die recht erſchreckliche Abgruͤnde ſeiner Erbarmung zu offenbahren, an welche man ohne heiligen Schauer, ohne tieffe Seel-zerſchmeltzende Anbe- tung, und ohne zitternde Freude nicht ſinnen kan. §. 9. Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/396
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/396>, abgerufen am 02.05.2024.