Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

sicht noch hätte, Alles doch noch ganz anders gehen
würde, dann konnte er sich der Freude und dem Stolz
über die Tüchtigkeit des Sohnes ungehindert hingeben,
bis er wiederum in die zornige Nothwendigkeit versetzt
wurde, seine diplomatische Kunst anzuwenden. Apol¬
lonius ahnte so wenig von dem Zwang, den er, ohne
zu wollen, dem alten Herrn auflegte, als von dessen
Stolz auf ihn. Ihn freute es, daß er dem Vater von
den Geschäften nichts mehr verheimlichen mußte und
daß sein Gehorsam der Erfüllung seines Wortes nicht
im Wege stand. Auch von dieser Seite her wurde
der Himmel über dem Hause mit den grünen Laden
immer blauer. Aber der Geist des Hauses schlich noch
immer händeringend darin umher. So oft es Zwei
schlug in der Nacht, stand er auf der Emporlaube an
der Thür von Apollonius' Stübchen und hob die
bleichen Arme wie flehend gegen den Himmel empor.


Apollonius hielt sich, war er daheim, noch immer
zurückgezogen auf seinem Stübchen. Der alte Valentin
brachte ihm das Essen wie sonst dahin. Es konnte
das nicht Wunder nehmen. Das Geschäft hatte sich
unter seiner fleißigen Hand vergrößert. Es wollte
gegen früher mehr als doppelt soviel geschrieben sein.
Der Postbote brachte ganze Stöße von Briefen in das

ſicht noch hätte, Alles doch noch ganz anders gehen
würde, dann konnte er ſich der Freude und dem Stolz
über die Tüchtigkeit des Sohnes ungehindert hingeben,
bis er wiederum in die zornige Nothwendigkeit verſetzt
wurde, ſeine diplomatiſche Kunſt anzuwenden. Apol¬
lonius ahnte ſo wenig von dem Zwang, den er, ohne
zu wollen, dem alten Herrn auflegte, als von deſſen
Stolz auf ihn. Ihn freute es, daß er dem Vater von
den Geſchäften nichts mehr verheimlichen mußte und
daß ſein Gehorſam der Erfüllung ſeines Wortes nicht
im Wege ſtand. Auch von dieſer Seite her wurde
der Himmel über dem Hauſe mit den grünen Laden
immer blauer. Aber der Geiſt des Hauſes ſchlich noch
immer händeringend darin umher. So oft es Zwei
ſchlug in der Nacht, ſtand er auf der Emporlaube an
der Thür von Apollonius' Stübchen und hob die
bleichen Arme wie flehend gegen den Himmel empor.


Apollonius hielt ſich, war er daheim, noch immer
zurückgezogen auf ſeinem Stübchen. Der alte Valentin
brachte ihm das Eſſen wie ſonſt dahin. Es konnte
das nicht Wunder nehmen. Das Geſchäft hatte ſich
unter ſeiner fleißigen Hand vergrößert. Es wollte
gegen früher mehr als doppelt ſoviel geſchrieben ſein.
Der Poſtbote brachte ganze Stöße von Briefen in das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0280" n="271"/>
&#x017F;icht noch hätte, Alles doch noch ganz anders gehen<lb/>
würde, dann konnte er &#x017F;ich der Freude und dem Stolz<lb/>
über die Tüchtigkeit des Sohnes ungehindert hingeben,<lb/>
bis er wiederum in die zornige Nothwendigkeit ver&#x017F;etzt<lb/>
wurde, &#x017F;eine diplomati&#x017F;che Kun&#x017F;t anzuwenden. Apol¬<lb/>
lonius ahnte &#x017F;o wenig von dem Zwang, den er, ohne<lb/>
zu wollen, dem alten Herrn auflegte, als von de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Stolz auf ihn. Ihn freute es, daß er dem Vater von<lb/>
den Ge&#x017F;chäften nichts mehr verheimlichen mußte und<lb/>
daß &#x017F;ein Gehor&#x017F;am der Erfüllung &#x017F;eines Wortes nicht<lb/>
im Wege &#x017F;tand. Auch von die&#x017F;er Seite her wurde<lb/>
der Himmel über dem Hau&#x017F;e mit den grünen Laden<lb/>
immer blauer. Aber der Gei&#x017F;t des Hau&#x017F;es &#x017F;chlich noch<lb/>
immer händeringend darin umher. So oft es Zwei<lb/>
&#x017F;chlug in der Nacht, &#x017F;tand er auf der Emporlaube an<lb/>
der Thür von Apollonius' Stübchen und hob die<lb/>
bleichen Arme wie flehend gegen den Himmel empor.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Apollonius hielt &#x017F;ich, war er daheim, noch immer<lb/>
zurückgezogen auf &#x017F;einem Stübchen. Der alte Valentin<lb/>
brachte ihm das E&#x017F;&#x017F;en wie &#x017F;on&#x017F;t dahin. Es konnte<lb/>
das nicht Wunder nehmen. Das Ge&#x017F;chäft hatte &#x017F;ich<lb/>
unter &#x017F;einer fleißigen Hand vergrößert. Es wollte<lb/>
gegen früher mehr als doppelt &#x017F;oviel ge&#x017F;chrieben &#x017F;ein.<lb/>
Der Po&#x017F;tbote brachte ganze Stöße von Briefen in das<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0280] ſicht noch hätte, Alles doch noch ganz anders gehen würde, dann konnte er ſich der Freude und dem Stolz über die Tüchtigkeit des Sohnes ungehindert hingeben, bis er wiederum in die zornige Nothwendigkeit verſetzt wurde, ſeine diplomatiſche Kunſt anzuwenden. Apol¬ lonius ahnte ſo wenig von dem Zwang, den er, ohne zu wollen, dem alten Herrn auflegte, als von deſſen Stolz auf ihn. Ihn freute es, daß er dem Vater von den Geſchäften nichts mehr verheimlichen mußte und daß ſein Gehorſam der Erfüllung ſeines Wortes nicht im Wege ſtand. Auch von dieſer Seite her wurde der Himmel über dem Hauſe mit den grünen Laden immer blauer. Aber der Geiſt des Hauſes ſchlich noch immer händeringend darin umher. So oft es Zwei ſchlug in der Nacht, ſtand er auf der Emporlaube an der Thür von Apollonius' Stübchen und hob die bleichen Arme wie flehend gegen den Himmel empor. Apollonius hielt ſich, war er daheim, noch immer zurückgezogen auf ſeinem Stübchen. Der alte Valentin brachte ihm das Eſſen wie ſonſt dahin. Es konnte das nicht Wunder nehmen. Das Geſchäft hatte ſich unter ſeiner fleißigen Hand vergrößert. Es wollte gegen früher mehr als doppelt ſoviel geſchrieben ſein. Der Poſtbote brachte ganze Stöße von Briefen in das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/280
Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/280>, abgerufen am 13.05.2024.