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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
der Kräfte in ihrer eigenen Richtung, nicht so deutlich
hervor, als in dem eben behandelten Beispiel.

Wir schöpfen aus den durchgeführten Betrachtungen
die Ueberzeugung, dass wir jeden mechanischen Fall,
wenn wir uns nur die Mühe nehmen hinreichend in die
Einzelheiten einzugehen, nach den Newton'schen Prin-
cipien erledigen können. Wir durchschauen alle hier-
her gehörigen Gleichgewichts- und Bewegungsfälle, in-
dem wir die Beschleunigungen, welche die Massen an-
einander bestimmen, wirklich an denselben sehen. Es
ist dieselbe grosse Thatsache, welche wir in den
mannichfaltigsten Vorgängen wiedererkennen, oder doch
zu erkennen vermögen, wenn wir wollen. Hierdurch
ist eine Einheit, Homogeneität und Oekonomie einer-
seits, eine Reichhaltigkeit der physikalischen Anschau-
ung andererseits ermöglicht, welche vor Newton nicht
zu erreichen war.

Die Mechanik ist aber nicht allein Selbstzweck, son-
dern sie hat auch für die praktischen Bedürfnisse und zur
Unterstützung anderer Wissenschaften Aufgaben zu
lösen
. Diese Aufgaben werden mit Vortheil durch von
den Newton'schen verschiedene Methoden gelöst, deren
Gleichwerthigkeit mit jenen aber schon dargethan
wurde. Es wäre also wol nur unpraktische Pedanterie,
wenn man, alle übrigen Vortheile misachtend, immer
und überall auf die einfachen Newton'schen Anschauun-
gen zurückkommen wollte. Es genügt, sich einmal
überzeugt zu haben, dass man dies jederzeit kann.
Andererseits sind die Newton'schen Vorstellungen wirklich
die am meisten befriedigenden und durchsichtigen.
Es zeigt sich darin ein edler Sinn für wissenschaftliche
Klarheit und Einfachheit, wenn Poinsot diese Vor-
stellungen allein als Grundlage gelten lassen will.

2. Die Rechnungsausdrücke und Maasse der Mechanik.

1. Alle wichtigen Rechnungsausdrücke der heutigen
Mechanik wurden schon in der Galilei-Newton'schen Zeit

Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
der Kräfte in ihrer eigenen Richtung, nicht so deutlich
hervor, als in dem eben behandelten Beispiel.

Wir schöpfen aus den durchgeführten Betrachtungen
die Ueberzeugung, dass wir jeden mechanischen Fall,
wenn wir uns nur die Mühe nehmen hinreichend in die
Einzelheiten einzugehen, nach den Newton’schen Prin-
cipien erledigen können. Wir durchschauen alle hier-
her gehörigen Gleichgewichts- und Bewegungsfälle, in-
dem wir die Beschleunigungen, welche die Massen an-
einander bestimmen, wirklich an denselben sehen. Es
ist dieselbe grosse Thatsache, welche wir in den
mannichfaltigsten Vorgängen wiedererkennen, oder doch
zu erkennen vermögen, wenn wir wollen. Hierdurch
ist eine Einheit, Homogeneität und Oekonomie einer-
seits, eine Reichhaltigkeit der physikalischen Anschau-
ung andererseits ermöglicht, welche vor Newton nicht
zu erreichen war.

Die Mechanik ist aber nicht allein Selbstzweck, son-
dern sie hat auch für die praktischen Bedürfnisse und zur
Unterstützung anderer Wissenschaften Aufgaben zu
lösen
. Diese Aufgaben werden mit Vortheil durch von
den Newton’schen verschiedene Methoden gelöst, deren
Gleichwerthigkeit mit jenen aber schon dargethan
wurde. Es wäre also wol nur unpraktische Pedanterie,
wenn man, alle übrigen Vortheile misachtend, immer
und überall auf die einfachen Newton’schen Anschauun-
gen zurückkommen wollte. Es genügt, sich einmal
überzeugt zu haben, dass man dies jederzeit kann.
Andererseits sind die Newton’schen Vorstellungen wirklich
die am meisten befriedigenden und durchsichtigen.
Es zeigt sich darin ein edler Sinn für wissenschaftliche
Klarheit und Einfachheit, wenn Poinsot diese Vor-
stellungen allein als Grundlage gelten lassen will.

2. Die Rechnungsausdrücke und Maasse der Mechanik.

1. Alle wichtigen Rechnungsausdrücke der heutigen
Mechanik wurden schon in der Galilei-Newton’schen Zeit

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[251/0263] Die weitere Verwendung der Principien u. s. w. der Kräfte in ihrer eigenen Richtung, nicht so deutlich hervor, als in dem eben behandelten Beispiel. Wir schöpfen aus den durchgeführten Betrachtungen die Ueberzeugung, dass wir jeden mechanischen Fall, wenn wir uns nur die Mühe nehmen hinreichend in die Einzelheiten einzugehen, nach den Newton’schen Prin- cipien erledigen können. Wir durchschauen alle hier- her gehörigen Gleichgewichts- und Bewegungsfälle, in- dem wir die Beschleunigungen, welche die Massen an- einander bestimmen, wirklich an denselben sehen. Es ist dieselbe grosse Thatsache, welche wir in den mannichfaltigsten Vorgängen wiedererkennen, oder doch zu erkennen vermögen, wenn wir wollen. Hierdurch ist eine Einheit, Homogeneität und Oekonomie einer- seits, eine Reichhaltigkeit der physikalischen Anschau- ung andererseits ermöglicht, welche vor Newton nicht zu erreichen war. Die Mechanik ist aber nicht allein Selbstzweck, son- dern sie hat auch für die praktischen Bedürfnisse und zur Unterstützung anderer Wissenschaften Aufgaben zu lösen. Diese Aufgaben werden mit Vortheil durch von den Newton’schen verschiedene Methoden gelöst, deren Gleichwerthigkeit mit jenen aber schon dargethan wurde. Es wäre also wol nur unpraktische Pedanterie, wenn man, alle übrigen Vortheile misachtend, immer und überall auf die einfachen Newton’schen Anschauun- gen zurückkommen wollte. Es genügt, sich einmal überzeugt zu haben, dass man dies jederzeit kann. Andererseits sind die Newton’schen Vorstellungen wirklich die am meisten befriedigenden und durchsichtigen. Es zeigt sich darin ein edler Sinn für wissenschaftliche Klarheit und Einfachheit, wenn Poinsot diese Vor- stellungen allein als Grundlage gelten lassen will. 2. Die Rechnungsausdrücke und Maasse der Mechanik. 1. Alle wichtigen Rechnungsausdrücke der heutigen Mechanik wurden schon in der Galilei-Newton’schen Zeit

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/263>, abgerufen am 09.05.2024.