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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
oder Kräfte sich von der Stelle zu bewegen, oder die
ihm von aussen aufgenöthigte Bewegung zu ändern.

Ein leicht (etwa auf Schienen) beweglicher Wagen A
sei mit Steinen beladen. Ein auf demselben befind-
licher Mann werfe einen Stein nach dem andern nach
derselben Richtung hinaus. Dann kommt bei hinreichend
kleiner Reibung der ganze Wagen in entgegengesetzter
Richtung in Bewegung. Der Gesammtschwerpunkt
(Wagen + Steine) bliebe, soweit die Bewegung nicht
durch äussere Hindernisse vernichtet würde, an Ort und
Stelle. Würde derselbe Mann von aussen Steine auf-
nehmen, so käme der Wagen auch in Bewegung, jedoch
nicht in demselben Maasse wie im vorigen Fall, wie
durch das folgende Beispiel erläutert wird.

Ein Geschütz von der Masse M schleudert ein Ge-
schoss von der Masse m mit der Geschwindigkeit v fort.
Dann erhält M auch eine Geschwindigkeit V, so zwar,
dass mit Rücksicht auf das Zeichen MV+mv=o.
Dies erklärt den sogenannten Rückstoss. Hierbei ist
V=--v, also der Rückstoss bei gleichen Ge-
schossgeschwindigkeiten desto unmerklicher, je grösser
die Masse des Geschützes gegen jene des Geschosses.
Setzen wir die Arbeit des Pulvers in allen Fällen
=A, so bestimmen sich hierdurch die lebendigen Kräfte
[Formel 2] , und da nach der obigen Gleichung
die Summe der Bewegungsgrössen = o, so findet sich
leicht [Formel 3] . Der Rückstoss verschwin-
det also, wenn die Geschossmasse verschwindet, wobei
aber von der Masse der Pulvergase abgesehen ist.
Würde nun von dem Geschütz die Masse m nicht aus-
gestossen, sondern eingesaugt, so würde der Rückstoss
die entgegengesetzte Richtung haben. Derselbe hätte
aber keine Zeit sichtbar zu werden, denn bevor noch ein

Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
oder Kräfte sich von der Stelle zu bewegen, oder die
ihm von aussen aufgenöthigte Bewegung zu ändern.

Ein leicht (etwa auf Schienen) beweglicher Wagen A
sei mit Steinen beladen. Ein auf demselben befind-
licher Mann werfe einen Stein nach dem andern nach
derselben Richtung hinaus. Dann kommt bei hinreichend
kleiner Reibung der ganze Wagen in entgegengesetzter
Richtung in Bewegung. Der Gesammtschwerpunkt
(Wagen + Steine) bliebe, soweit die Bewegung nicht
durch äussere Hindernisse vernichtet würde, an Ort und
Stelle. Würde derselbe Mann von aussen Steine auf-
nehmen, so käme der Wagen auch in Bewegung, jedoch
nicht in demselben Maasse wie im vorigen Fall, wie
durch das folgende Beispiel erläutert wird.

Ein Geschütz von der Masse M schleudert ein Ge-
schoss von der Masse m mit der Geschwindigkeit v fort.
Dann erhält M auch eine Geschwindigkeit V, so zwar,
dass mit Rücksicht auf das Zeichen MV+mv=o.
Dies erklärt den sogenannten Rückstoss. Hierbei ist
V=—v, also der Rückstoss bei gleichen Ge-
schossgeschwindigkeiten desto unmerklicher, je grösser
die Masse des Geschützes gegen jene des Geschosses.
Setzen wir die Arbeit des Pulvers in allen Fällen
=A, so bestimmen sich hierdurch die lebendigen Kräfte
[Formel 2] , und da nach der obigen Gleichung
die Summe der Bewegungsgrössen = o, so findet sich
leicht [Formel 3] . Der Rückstoss verschwin-
det also, wenn die Geschossmasse verschwindet, wobei
aber von der Masse der Pulvergase abgesehen ist.
Würde nun von dem Geschütz die Masse m nicht aus-
gestossen, sondern eingesaugt, so würde der Rückstoss
die entgegengesetzte Richtung haben. Derselbe hätte
aber keine Zeit sichtbar zu werden, denn bevor noch ein

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[269/0281] Die weitere Verwendung der Principien u. s. w. oder Kräfte sich von der Stelle zu bewegen, oder die ihm von aussen aufgenöthigte Bewegung zu ändern. Ein leicht (etwa auf Schienen) beweglicher Wagen A sei mit Steinen beladen. Ein auf demselben befind- licher Mann werfe einen Stein nach dem andern nach derselben Richtung hinaus. Dann kommt bei hinreichend kleiner Reibung der ganze Wagen in entgegengesetzter Richtung in Bewegung. Der Gesammtschwerpunkt (Wagen + Steine) bliebe, soweit die Bewegung nicht durch äussere Hindernisse vernichtet würde, an Ort und Stelle. Würde derselbe Mann von aussen Steine auf- nehmen, so käme der Wagen auch in Bewegung, jedoch nicht in demselben Maasse wie im vorigen Fall, wie durch das folgende Beispiel erläutert wird. Ein Geschütz von der Masse M schleudert ein Ge- schoss von der Masse m mit der Geschwindigkeit v fort. Dann erhält M auch eine Geschwindigkeit V, so zwar, dass mit Rücksicht auf das Zeichen MV+mv=o. Dies erklärt den sogenannten Rückstoss. Hierbei ist V=—[FORMEL]v, also der Rückstoss bei gleichen Ge- schossgeschwindigkeiten desto unmerklicher, je grösser die Masse des Geschützes gegen jene des Geschosses. Setzen wir die Arbeit des Pulvers in allen Fällen =A, so bestimmen sich hierdurch die lebendigen Kräfte [FORMEL], und da nach der obigen Gleichung die Summe der Bewegungsgrössen = o, so findet sich leicht [FORMEL]. Der Rückstoss verschwin- det also, wenn die Geschossmasse verschwindet, wobei aber von der Masse der Pulvergase abgesehen ist. Würde nun von dem Geschütz die Masse m nicht aus- gestossen, sondern eingesaugt, so würde der Rückstoss die entgegengesetzte Richtung haben. Derselbe hätte aber keine Zeit sichtbar zu werden, denn bevor noch ein

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/281>, abgerufen am 09.05.2024.