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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
Fig. 153 a Luft- oder Leuchtgas im Sinne der kurzen
Pfeile ausströmt, so geräth das ganze Rädchen im Sinne
des langen Pfeiles in Rotation. Fig. 153 b ist ein
anderes einfaches Reactionsrädchen dargestellt, welches
man erhält, indem man ein beiderseits verkorktes und
entsprechend durchbohrtes Messingrohr rr auf ein mit
einer Nadelspitze versehenes zweites Messingrohr R setzt,
durch welches man Luft einblasen kann, die bei den
Oeffnungen O, O' entweicht.

Man könnte leicht glauben, dass beim Saugen an den
Reactionsrädern die umgekehrte Bewegung eintreten
müsste wie beim Blasen. Das geschieht jedoch im all-
gemeinen nicht, und lässt sich auch leicht erklären.
Die Luft, welche in die Speichen des Rades eingesaugt
wird, muss sofort die Bewegung des Rades mitmachen,
zu dem Rade in relative Ruhe treten, und die Flächen-
raumsumme des ganzen Systems kann nur = o bleiben,
indem das System in Ruhe bleibt. Beim Einsaugen
findet in der Regel keine merkliche Rotation statt. Es
besteht eben ein ähnliches Verhältniss, wie für den
Rückstoss beim Einsaugen eines Geschosses durch ein
Geschütz. Bringt man daher einen elastischen Ballon
mit einem einzigen Ausführungsrohr an das Reactions-
rädchen, wie dies in Fig. 153 a dargestellt ist, und drückt
denselben periodisch, sodass dasselbe Luftquantum ab-
wechselnd herausgeblasen und eingesaugt wird, so
läuft das Rädchen lebhaft in demselben Sinn wie beim
Blasen. Dies beruht einerseits darauf, dass die einge-
saugte Luft in den Speichen die Bewegung der letztern
mitmachen muss, und demnach keine Reactionsdrehung
erzeugen kann, dann aber auch auf der Verschieden-
heit der äussern Luftbewegung beim Blasen und Saugen.
Beim Blasen strömt die Luft in Strahlen (mit einer
Rotation) ab. Beim Saugen kommt die Luft ohne Ro-
tation von allen Seiten herzu.

Die Richtigkeit dieser Erklärung lässt sich leicht
darthun. Wenn man die untere Basis eines Hohlcylin-
ders, z. B. einer geschlossenen Pappschachtel durch-

Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
Fig. 153 a Luft- oder Leuchtgas im Sinne der kurzen
Pfeile ausströmt, so geräth das ganze Rädchen im Sinne
des langen Pfeiles in Rotation. Fig. 153 b ist ein
anderes einfaches Reactionsrädchen dargestellt, welches
man erhält, indem man ein beiderseits verkorktes und
entsprechend durchbohrtes Messingrohr rr auf ein mit
einer Nadelspitze versehenes zweites Messingrohr R setzt,
durch welches man Luft einblasen kann, die bei den
Oeffnungen O, O′ entweicht.

Man könnte leicht glauben, dass beim Saugen an den
Reactionsrädern die umgekehrte Bewegung eintreten
müsste wie beim Blasen. Das geschieht jedoch im all-
gemeinen nicht, und lässt sich auch leicht erklären.
Die Luft, welche in die Speichen des Rades eingesaugt
wird, muss sofort die Bewegung des Rades mitmachen,
zu dem Rade in relative Ruhe treten, und die Flächen-
raumsumme des ganzen Systems kann nur = o bleiben,
indem das System in Ruhe bleibt. Beim Einsaugen
findet in der Regel keine merkliche Rotation statt. Es
besteht eben ein ähnliches Verhältniss, wie für den
Rückstoss beim Einsaugen eines Geschosses durch ein
Geschütz. Bringt man daher einen elastischen Ballon
mit einem einzigen Ausführungsrohr an das Reactions-
rädchen, wie dies in Fig. 153 a dargestellt ist, und drückt
denselben periodisch, sodass dasselbe Luftquantum ab-
wechselnd herausgeblasen und eingesaugt wird, so
läuft das Rädchen lebhaft in demselben Sinn wie beim
Blasen. Dies beruht einerseits darauf, dass die einge-
saugte Luft in den Speichen die Bewegung der letztern
mitmachen muss, und demnach keine Reactionsdrehung
erzeugen kann, dann aber auch auf der Verschieden-
heit der äussern Luftbewegung beim Blasen und Saugen.
Beim Blasen strömt die Luft in Strahlen (mit einer
Rotation) ab. Beim Saugen kommt die Luft ohne Ro-
tation von allen Seiten herzu.

Die Richtigkeit dieser Erklärung lässt sich leicht
darthun. Wenn man die untere Basis eines Hohlcylin-
ders, z. B. einer geschlossenen Pappschachtel durch-

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[277/0289] Die weitere Verwendung der Principien u. s. w. Fig. 153 a Luft- oder Leuchtgas im Sinne der kurzen Pfeile ausströmt, so geräth das ganze Rädchen im Sinne des langen Pfeiles in Rotation. Fig. 153 b ist ein anderes einfaches Reactionsrädchen dargestellt, welches man erhält, indem man ein beiderseits verkorktes und entsprechend durchbohrtes Messingrohr rr auf ein mit einer Nadelspitze versehenes zweites Messingrohr R setzt, durch welches man Luft einblasen kann, die bei den Oeffnungen O, O′ entweicht. Man könnte leicht glauben, dass beim Saugen an den Reactionsrädern die umgekehrte Bewegung eintreten müsste wie beim Blasen. Das geschieht jedoch im all- gemeinen nicht, und lässt sich auch leicht erklären. Die Luft, welche in die Speichen des Rades eingesaugt wird, muss sofort die Bewegung des Rades mitmachen, zu dem Rade in relative Ruhe treten, und die Flächen- raumsumme des ganzen Systems kann nur = o bleiben, indem das System in Ruhe bleibt. Beim Einsaugen findet in der Regel keine merkliche Rotation statt. Es besteht eben ein ähnliches Verhältniss, wie für den Rückstoss beim Einsaugen eines Geschosses durch ein Geschütz. Bringt man daher einen elastischen Ballon mit einem einzigen Ausführungsrohr an das Reactions- rädchen, wie dies in Fig. 153 a dargestellt ist, und drückt denselben periodisch, sodass dasselbe Luftquantum ab- wechselnd herausgeblasen und eingesaugt wird, so läuft das Rädchen lebhaft in demselben Sinn wie beim Blasen. Dies beruht einerseits darauf, dass die einge- saugte Luft in den Speichen die Bewegung der letztern mitmachen muss, und demnach keine Reactionsdrehung erzeugen kann, dann aber auch auf der Verschieden- heit der äussern Luftbewegung beim Blasen und Saugen. Beim Blasen strömt die Luft in Strahlen (mit einer Rotation) ab. Beim Saugen kommt die Luft ohne Ro- tation von allen Seiten herzu. Die Richtigkeit dieser Erklärung lässt sich leicht darthun. Wenn man die untere Basis eines Hohlcylin- ders, z. B. einer geschlossenen Pappschachtel durch-

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/289>, abgerufen am 09.05.2024.