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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Viertes Kapitel. Die formelle Entwickelung.
den. Unsere Gedanken über elektrische Vorgänge
folgen diesen sofort, beinahe von selbst in den ge-
wohnten Bahnen ablaufend, sobald wir bemerken, dass
alles so vorgeht, als ob sich anziehende und abstossende
Flüssigkeiten auf der Oberfläche der Leiter wären.
Diese Hülfsvorstellungen selbst haben aber mit der
Erscheinung an sich nichts zu schaffen.



Alle Spiritistenkünste, in geschlossene Schnüre Knoten zu
machen, oder dieselben zu lösen, aus verschlossenen Räumen
Körper zu entfernen, gelingen nur in Fällen, wo gar nichts
darauf ankommt. Alles läuft auf nutzlose Spielerei hinaus.
Ein Accoucheur, der eine Geburt durch die vierte Dimension
bewerkstelligt hätte, ist noch nicht aufgetreten. Die Frage
würde sofort eine ernste, wenn dies geschähe. Professor
Simony's schöne Knotenkünste, welche sich taschenspielerisch
sehr hübsch verwerthen lassen, sprechen nicht für, sondern
gegen die Spiritisten.
Es sei jedem unbenommen, eine Meinung aufzustellen
und Beweise für dieselbe beizubringen. Ob aber ein Natur-
forscher auf irgendeine aufgestellte Meinung in einer ernsten
Untersuchung einzugehen werth findet, das zu ent-
scheiden muss seinem Verstand und Instinct überlassen wer-
den. Sollten diese Dinge sich als wahr erweisen, so werde
ich mich nicht schämen, der letzte zu sein, der sie glaubt.
Was ich davon gesehen habe, war nicht geeignet mich
gläubiger zu machen.
Als mathematisch-physikaliches Hülfsmittel habe ich selbst
die mehrdimensionalen Räume schon vor dem Erscheinen
der Riemann'schen Abhandlung betrachtet. Ich hoffe aber,
dass mit dem, was ich darüber gedacht, gesagt und ge-
schrieben habe, niemand die Kosten einer Spukgeschichte
bestreiten wird. (Vgl. Mach, Die Geschichte und die Wur-
zel des Satzes von der Erhaltung der Arbeit.)

Viertes Kapitel. Die formelle Entwickelung.
den. Unsere Gedanken über elektrische Vorgänge
folgen diesen sofort, beinahe von selbst in den ge-
wohnten Bahnen ablaufend, sobald wir bemerken, dass
alles so vorgeht, als ob sich anziehende und abstossende
Flüssigkeiten auf der Oberfläche der Leiter wären.
Diese Hülfsvorstellungen selbst haben aber mit der
Erscheinung an sich nichts zu schaffen.



Alle Spiritistenkünste, in geschlossene Schnüre Knoten zu
machen, oder dieselben zu lösen, aus verschlossenen Räumen
Körper zu entfernen, gelingen nur in Fällen, wo gar nichts
darauf ankommt. Alles läuft auf nutzlose Spielerei hinaus.
Ein Accoucheur, der eine Geburt durch die vierte Dimension
bewerkstelligt hätte, ist noch nicht aufgetreten. Die Frage
würde sofort eine ernste, wenn dies geschähe. Professor
Simony’s schöne Knotenkünste, welche sich taschenspielerisch
sehr hübsch verwerthen lassen, sprechen nicht für, sondern
gegen die Spiritisten.
Es sei jedem unbenommen, eine Meinung aufzustellen
und Beweise für dieselbe beizubringen. Ob aber ein Natur-
forscher auf irgendeine aufgestellte Meinung in einer ernsten
Untersuchung einzugehen werth findet, das zu ent-
scheiden muss seinem Verstand und Instinct überlassen wer-
den. Sollten diese Dinge sich als wahr erweisen, so werde
ich mich nicht schämen, der letzte zu sein, der sie glaubt.
Was ich davon gesehen habe, war nicht geeignet mich
gläubiger zu machen.
Als mathematisch-physikaliches Hülfsmittel habe ich selbst
die mehrdimensionalen Räume schon vor dem Erscheinen
der Riemann’schen Abhandlung betrachtet. Ich hoffe aber,
dass mit dem, was ich darüber gedacht, gesagt und ge-
schrieben habe, niemand die Kosten einer Spukgeschichte
bestreiten wird. (Vgl. Mach, Die Geschichte und die Wur-
zel des Satzes von der Erhaltung der Arbeit.)
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[466/0478] Viertes Kapitel. Die formelle Entwickelung. den. Unsere Gedanken über elektrische Vorgänge folgen diesen sofort, beinahe von selbst in den ge- wohnten Bahnen ablaufend, sobald wir bemerken, dass alles so vorgeht, als ob sich anziehende und abstossende Flüssigkeiten auf der Oberfläche der Leiter wären. Diese Hülfsvorstellungen selbst haben aber mit der Erscheinung an sich nichts zu schaffen. 1 1 Alle Spiritistenkünste, in geschlossene Schnüre Knoten zu machen, oder dieselben zu lösen, aus verschlossenen Räumen Körper zu entfernen, gelingen nur in Fällen, wo gar nichts darauf ankommt. Alles läuft auf nutzlose Spielerei hinaus. Ein Accoucheur, der eine Geburt durch die vierte Dimension bewerkstelligt hätte, ist noch nicht aufgetreten. Die Frage würde sofort eine ernste, wenn dies geschähe. Professor Simony’s schöne Knotenkünste, welche sich taschenspielerisch sehr hübsch verwerthen lassen, sprechen nicht für, sondern gegen die Spiritisten. Es sei jedem unbenommen, eine Meinung aufzustellen und Beweise für dieselbe beizubringen. Ob aber ein Natur- forscher auf irgendeine aufgestellte Meinung in einer ernsten Untersuchung einzugehen werth findet, das zu ent- scheiden muss seinem Verstand und Instinct überlassen wer- den. Sollten diese Dinge sich als wahr erweisen, so werde ich mich nicht schämen, der letzte zu sein, der sie glaubt. Was ich davon gesehen habe, war nicht geeignet mich gläubiger zu machen. Als mathematisch-physikaliches Hülfsmittel habe ich selbst die mehrdimensionalen Räume schon vor dem Erscheinen der Riemann’schen Abhandlung betrachtet. Ich hoffe aber, dass mit dem, was ich darüber gedacht, gesagt und ge- schrieben habe, niemand die Kosten einer Spukgeschichte bestreiten wird. (Vgl. Mach, Die Geschichte und die Wur- zel des Satzes von der Erhaltung der Arbeit.)

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/478>, abgerufen am 27.04.2024.