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Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.

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Weltberühmten Stadt Venedig in ein kurtzes/ von
6. Zeilen bestehendes Epigramma verfaste/ dage-
gen ihm vor jeden Verß 100. Ducaten ausgezahlt
worden. Lansius Consult. Contr. Gall. pag. 255.
Was Owenus von seinen Verssen vor Genuß ge-
habt/ davon weiß der Schatz-Kasten in Engelland zu-
zeigen. Diß ist noch denckwürdig von unserm glor-
würdigsten Kayser Leopoldo, als dieser nach seiner
Krönung wieder zurück nacher Wien kehrete/ bewill-
kommte ihm ein armer Student mit diesem Disticho:

Si virtute Leo fueris, si Polde odore.
Sic Leo sic Poldus, sic Leopoldus eris.

Hatte Ihro Maj. ein dermassen grosses Vergnügen
daran/ daß er dem Poeten befahl/ so viel als Buch-
staben darinn waren/ so viel Gülden zu geben. Daß
hieß recht Gold und Silber erjagt/ wie die Indianer
aus den Ameis-Hauffen. Monatlich unterreden
Ao. 1691. pag. 321. Wer wolte nu den Nutzer
der Poesie nicht erkennen. Solte gleich itzund ein
redlicher Poet nicht so viel Ophirisches Gold als
Salomons Schiff kriegen/ sondern statt dessen meist
das aurum platonicum, welches flüchtig und unsicht-
bar ist/ und weder die Beutel noch die Hände füllt/
da die rechten Tempora dura sind/ und man muß
das Eurici Cordi Klage führen L. 2. Epig. 28. Ernst
Bilderhauß P. 2. pag. 824.

Nunc sibi nulla Canens deportat munera Phoe-
bus,
Sunt Musae mulae, nostraque Fama fames.

Auch ein und anderer Mist-Fincke mehr ein Raben-

Gesang

Weltberuͤhmten Stadt Venedig in ein kurtzes/ von
6. Zeilen beſtehendes Epigramma verfaſte/ dage-
gen ihm vor jeden Verß 100. Ducaten ausgezahlt
worden. Lanſius Conſult. Contr. Gall. pag. 255.
Was Owenus von ſeinen Verſſen vor Genuß ge-
habt/ davon weiß der Schatz-Kaſten in Engelland zu-
zeigen. Diß iſt noch denckwuͤrdig von unſerm glor-
wuͤrdigſten Kayſer Leopoldo, als dieſer nach ſeiner
Kroͤnung wieder zuruͤck nacher Wien kehrete/ bewill-
kommte ihm ein armer Student mit dieſem Diſticho:

Si virtute Leo fueris, ſi Polde odore.
Sic Leo ſic Poldus, ſic Leopoldus eris.

Hatte Ihro Maj. ein dermaſſen groſſes Vergnuͤgen
daran/ daß er dem Poeten befahl/ ſo viel als Buch-
ſtaben darinn waren/ ſo viel Guͤlden zu geben. Daß
hieß recht Gold und Silber erjagt/ wie die Indianer
aus den Ameis-Hauffen. Monatlich unterreden
Ao. 1691. pag. 321. Wer wolte nu den Nutzer
der Poeſie nicht erkennen. Solte gleich itzund ein
redlicher Poet nicht ſo viel Ophiriſches Gold als
Salomons Schiff kriegen/ ſondern ſtatt deſſen meiſt
das aurum platonicum, welches fluͤchtig und unſicht-
bar iſt/ und weder die Beutel noch die Haͤnde fuͤllt/
da die rechten Tempora dura ſind/ und man muß
das Eurici Cordi Klage fuͤhren L. 2. Epig. 28. Ernſt
Bilderhauß P. 2. pag. 824.

Nunc ſibi nulla Canens deportat munera Phoe-
bus,
Sunt Muſæ mulæ, noſtraque Fama fames.

Auch ein und anderer Miſt-Fincke mehr ein Raben-

Geſang
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[24/0036] Weltberuͤhmten Stadt Venedig in ein kurtzes/ von 6. Zeilen beſtehendes Epigramma verfaſte/ dage- gen ihm vor jeden Verß 100. Ducaten ausgezahlt worden. Lanſius Conſult. Contr. Gall. pag. 255. Was Owenus von ſeinen Verſſen vor Genuß ge- habt/ davon weiß der Schatz-Kaſten in Engelland zu- zeigen. Diß iſt noch denckwuͤrdig von unſerm glor- wuͤrdigſten Kayſer Leopoldo, als dieſer nach ſeiner Kroͤnung wieder zuruͤck nacher Wien kehrete/ bewill- kommte ihm ein armer Student mit dieſem Diſticho: Si virtute Leo fueris, ſi Polde odore. Sic Leo ſic Poldus, ſic Leopoldus eris. Hatte Ihro Maj. ein dermaſſen groſſes Vergnuͤgen daran/ daß er dem Poeten befahl/ ſo viel als Buch- ſtaben darinn waren/ ſo viel Guͤlden zu geben. Daß hieß recht Gold und Silber erjagt/ wie die Indianer aus den Ameis-Hauffen. Monatlich unterreden Ao. 1691. pag. 321. Wer wolte nu den Nutzer der Poeſie nicht erkennen. Solte gleich itzund ein redlicher Poet nicht ſo viel Ophiriſches Gold als Salomons Schiff kriegen/ ſondern ſtatt deſſen meiſt das aurum platonicum, welches fluͤchtig und unſicht- bar iſt/ und weder die Beutel noch die Haͤnde fuͤllt/ da die rechten Tempora dura ſind/ und man muß das Eurici Cordi Klage fuͤhren L. 2. Epig. 28. Ernſt Bilderhauß P. 2. pag. 824. Nunc ſibi nulla Canens deportat munera Phoe- bus, Sunt Muſæ mulæ, noſtraque Fama fames. Auch ein und anderer Miſt-Fincke mehr ein Raben- Geſang

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Zitationshilfe: Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/36>, abgerufen am 29.04.2024.