Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marperger, Paul Jacob: Beschreibung der Banqven. Halle (Saale) u. a., 1717.

Bild:
<< vorherige Seite

Von denen grossen Giro-Banquen.
dann mehr zum Auffnehmen der Kauffmannschafft gereichen/ und dessen
Observanz und Handhabung in solche Hände verfallen/ welche beydes
das Wohlseyn der Kauffmannschafft/ als auch das Erfordern des
Wechsel-Styls mit einander in eine schöne Harmonie würden setzen
können.

Fünfftens ist auch dieses ein unbeschreiblicher Nutzen bey solchen
öffentlichen Ab- und Zuschreib-Banquen, daß einer gantzen Stadt und
Land ihre bereiteste Capitalia vielfältig darinnen in Verwahrung liegen/
und gleichsam als in einem Centro zusammen fliessen/ und einen gros-
sen und weiten Ocean von des Landes Reichthum machen. Hierbey
möchte nun ein gottloser Machiavellist und abgesagter Feind von des
Landes-Herrn Reputation und seiner Unterthanen Auffnehmen und In-
teresse
gleich die Ohren spitzen/ und schon in seinen sündlichen Gedan-
cken mit den Concepten schwanger gehen/ daß man solchen Schatz/
wann es dem Landes-Herrn gefiele/ und nur irgend ein Praetext der
Nothwendigkeit vorgeschützt werden könte/ wohl könte ansprechen/
oder gar de facto wegnehmen/ und brauche es nicht mehr Mühe/
als daß man/ wie etwan ein Vogel-Fänger thut/ wann der
Heerd voll Vögel sitzet/ das Netz über dieselbe zuziehe/ und sie
alle als eine gute Beute wegnehme und erwürge. Allein/ der
HErr schelte dich/ Satan! Solches Unternehmen und Beginnen muß
in keines Heydens/ will geschweigen eines Christlichen Potentatens Ge-
dancken noch Ohren niemahls kommen/ ist auch kein Exempel deßfalls
von so vielen hundert Jahren her unter Christlichen Potentaten/ daß
von ihnen dergleichen unternommen seyn solte/ zu finden. Ein in der
Flucht vor Saul begriffener David hat zwar die dem Herrn geheiligte
Schau-Brodte angegriffen/ und in seiner höchsten Hungers-Noth da-
von gegessen/ allein er hat es nicht ohne Zulassung des Priesters Abi-
melechs gethan/ und darzu in dem Zustande/ da der Knaben Zeug/ den
er bey sich hatte/ heilig war/ zudem so war auch der Weg/ den er da-
mahls gieng/ geheiliget vor dem HErrn/ wie zu lesen im 21. Capitel des
1. Buchs Samuelis. Also erlaubte auch der Heyland/ der ein HErr
des Sabbaths war/ seinen Jüngern/ da sie hungerte/ am Sabbath
Aehren auszureissen/ wie gleichfals beym Matthaeo am 12. Capitel zu
lesen. Welches wir darumb anführen/ weil zwar in dem höchsten Lan-
des-Gebrechen und Nothfall zu Abwendung eines gäntzlichen Untergangs

heilige

Von denen groſſen Giro-Banquen.
dann mehr zum Auffnehmen der Kauffmannſchafft gereichen/ und deſſen
Obſervanz und Handhabung in ſolche Haͤnde verfallen/ welche beydes
das Wohlſeyn der Kauffmannſchafft/ als auch das Erfordern des
Wechſel-Styls mit einander in eine ſchoͤne Harmonie wuͤrden ſetzen
koͤnnen.

Fuͤnfftens iſt auch dieſes ein unbeſchreiblicher Nutzen bey ſolchen
oͤffentlichen Ab- und Zuſchreib-Banquen, daß einer gantzen Stadt und
Land ihre bereiteſte Capitalia vielfaͤltig darinnen in Verwahrung liegen/
und gleichſam als in einem Centro zuſammen flieſſen/ und einen groſ-
ſen und weiten Ocean von des Landes Reichthum machen. Hierbey
moͤchte nun ein gottloſer Machiavelliſt und abgeſagter Feind von des
Landes-Herrn Reputation und ſeiner Unterthanen Auffnehmen und In-
tereſſe
gleich die Ohren ſpitzen/ und ſchon in ſeinen ſuͤndlichen Gedan-
cken mit den Concepten ſchwanger gehen/ daß man ſolchen Schatz/
wann es dem Landes-Herrn gefiele/ und nur irgend ein Prætext der
Nothwendigkeit vorgeſchuͤtzt werden koͤnte/ wohl koͤnte anſprechen/
oder gar de facto wegnehmen/ und brauche es nicht mehr Muͤhe/
als daß man/ wie etwan ein Vogel-Faͤnger thut/ wann der
Heerd voll Voͤgel ſitzet/ das Netz uͤber dieſelbe zuziehe/ und ſie
alle als eine gute Beute wegnehme und erwuͤrge. Allein/ der
HErr ſchelte dich/ Satan! Solches Unternehmen und Beginnen muß
in keines Heydens/ will geſchweigen eines Chriſtlichen Potentatens Ge-
dancken noch Ohren niemahls kommen/ iſt auch kein Exempel deßfalls
von ſo vielen hundert Jahren her unter Chriſtlichen Potentaten/ daß
von ihnen dergleichen unternommen ſeyn ſolte/ zu finden. Ein in der
Flucht vor Saul begriffener David hat zwar die dem Herrn geheiligte
Schau-Brodte angegriffen/ und in ſeiner hoͤchſten Hungers-Noth da-
von gegeſſen/ allein er hat es nicht ohne Zulaſſung des Prieſters Abi-
melechs gethan/ und darzu in dem Zuſtande/ da der Knaben Zeug/ den
er bey ſich hatte/ heilig war/ zudem ſo war auch der Weg/ den er da-
mahls gieng/ geheiliget vor dem HErrn/ wie zu leſen im 21. Capitel des
1. Buchs Samuelis. Alſo erlaubte auch der Heyland/ der ein HErr
des Sabbaths war/ ſeinen Juͤngern/ da ſie hungerte/ am Sabbath
Aehren auszureiſſen/ wie gleichfals beym Matthæo am 12. Capitel zu
leſen. Welches wir darumb anfuͤhren/ weil zwar in dem hoͤchſten Lan-
des-Gebrechen und Nothfall zu Abwendung eines gaͤntzlichen Untergangs

heilige
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0123" n="103"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von denen gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Giro-Banquen.</hi></hi></fw><lb/>
dann mehr zum Auffnehmen der Kauffmann&#x017F;chafft gereichen/ und de&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervanz</hi> und Handhabung in &#x017F;olche Ha&#x0364;nde verfallen/ welche beydes<lb/>
das Wohl&#x017F;eyn der Kauffmann&#x017F;chafft/ als auch das Erfordern des<lb/>
Wech&#x017F;el-<hi rendition="#aq">Styl</hi>s mit einander in eine &#x017F;cho&#x0364;ne <hi rendition="#aq">Harmonie</hi> wu&#x0364;rden &#x017F;etzen<lb/>
ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Fu&#x0364;nfftens</hi> i&#x017F;t auch die&#x017F;es ein unbe&#x017F;chreiblicher Nutzen bey &#x017F;olchen<lb/>
o&#x0364;ffentlichen Ab- und Zu&#x017F;chreib-<hi rendition="#aq">Banquen,</hi> daß einer gantzen Stadt und<lb/>
Land ihre bereite&#x017F;te <hi rendition="#aq">Capitalia</hi> vielfa&#x0364;ltig darinnen in Verwahrung liegen/<lb/>
und gleich&#x017F;am als in einem <hi rendition="#aq">Centro</hi> zu&#x017F;ammen flie&#x017F;&#x017F;en/ und einen gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en und weiten <hi rendition="#aq">Ocean</hi> von des Landes Reichthum machen. Hierbey<lb/>
mo&#x0364;chte nun ein gottlo&#x017F;er <hi rendition="#aq">Machiavell</hi>i&#x017F;t und abge&#x017F;agter Feind von des<lb/>
Landes-Herrn <hi rendition="#aq">Reputatio</hi>n und &#x017F;einer Unterthanen Auffnehmen und <hi rendition="#aq">In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e</hi> gleich die Ohren &#x017F;pitzen/ und &#x017F;chon in &#x017F;einen &#x017F;u&#x0364;ndlichen Gedan-<lb/>
cken mit den <hi rendition="#aq">Concept</hi>en &#x017F;chwanger gehen/ daß man &#x017F;olchen Schatz/<lb/>
wann es dem Landes-Herrn gefiele/ und nur irgend ein <hi rendition="#aq">Prætext</hi> der<lb/>
Nothwendigkeit vorge&#x017F;chu&#x0364;tzt werden ko&#x0364;nte/ wohl ko&#x0364;nte an&#x017F;prechen/<lb/>
oder gar <hi rendition="#aq">de facto</hi> wegnehmen/ und brauche es nicht mehr Mu&#x0364;he/<lb/>
als daß man/ wie etwan ein Vogel-Fa&#x0364;nger thut/ wann der<lb/>
Heerd voll Vo&#x0364;gel &#x017F;itzet/ das Netz u&#x0364;ber die&#x017F;elbe zuziehe/ und &#x017F;ie<lb/>
alle als eine gute Beute wegnehme und erwu&#x0364;rge. Allein/ der<lb/>
HErr &#x017F;chelte dich/ Satan! Solches Unternehmen und Beginnen muß<lb/>
in keines Heydens/ will ge&#x017F;chweigen eines Chri&#x017F;tlichen Potentatens Ge-<lb/>
dancken noch Ohren niemahls kommen/ i&#x017F;t auch kein Exempel deßfalls<lb/>
von &#x017F;o vielen hundert Jahren her unter Chri&#x017F;tlichen Potentaten/ daß<lb/>
von ihnen dergleichen unternommen &#x017F;eyn &#x017F;olte/ zu finden. Ein in der<lb/>
Flucht vor Saul begriffener David hat zwar die dem Herrn geheiligte<lb/>
Schau-Brodte angegriffen/ und in &#x017F;einer ho&#x0364;ch&#x017F;ten Hungers-Noth da-<lb/>
von gege&#x017F;&#x017F;en/ allein er hat es nicht ohne Zula&#x017F;&#x017F;ung des Prie&#x017F;ters Abi-<lb/>
melechs gethan/ und darzu in dem Zu&#x017F;tande/ da der Knaben Zeug/ den<lb/>
er bey &#x017F;ich hatte/ heilig war/ zudem &#x017F;o war auch der Weg/ den er da-<lb/>
mahls gieng/ geheiliget vor dem HErrn/ wie zu le&#x017F;en im 21. Capitel des<lb/>
1. Buchs Samuelis. Al&#x017F;o erlaubte auch der Heyland/ der ein HErr<lb/>
des Sabbaths war/ &#x017F;einen Ju&#x0364;ngern/ da &#x017F;ie hungerte/ am Sabbath<lb/>
Aehren auszurei&#x017F;&#x017F;en/ wie gleichfals beym <hi rendition="#aq">Matthæo</hi> am 12. Capitel zu<lb/>
le&#x017F;en. Welches wir darumb anfu&#x0364;hren/ weil zwar in dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten Lan-<lb/>
des-Gebrechen und Nothfall zu Abwendung eines ga&#x0364;ntzlichen Untergangs<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">heilige</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0123] Von denen groſſen Giro-Banquen. dann mehr zum Auffnehmen der Kauffmannſchafft gereichen/ und deſſen Obſervanz und Handhabung in ſolche Haͤnde verfallen/ welche beydes das Wohlſeyn der Kauffmannſchafft/ als auch das Erfordern des Wechſel-Styls mit einander in eine ſchoͤne Harmonie wuͤrden ſetzen koͤnnen. Fuͤnfftens iſt auch dieſes ein unbeſchreiblicher Nutzen bey ſolchen oͤffentlichen Ab- und Zuſchreib-Banquen, daß einer gantzen Stadt und Land ihre bereiteſte Capitalia vielfaͤltig darinnen in Verwahrung liegen/ und gleichſam als in einem Centro zuſammen flieſſen/ und einen groſ- ſen und weiten Ocean von des Landes Reichthum machen. Hierbey moͤchte nun ein gottloſer Machiavelliſt und abgeſagter Feind von des Landes-Herrn Reputation und ſeiner Unterthanen Auffnehmen und In- tereſſe gleich die Ohren ſpitzen/ und ſchon in ſeinen ſuͤndlichen Gedan- cken mit den Concepten ſchwanger gehen/ daß man ſolchen Schatz/ wann es dem Landes-Herrn gefiele/ und nur irgend ein Prætext der Nothwendigkeit vorgeſchuͤtzt werden koͤnte/ wohl koͤnte anſprechen/ oder gar de facto wegnehmen/ und brauche es nicht mehr Muͤhe/ als daß man/ wie etwan ein Vogel-Faͤnger thut/ wann der Heerd voll Voͤgel ſitzet/ das Netz uͤber dieſelbe zuziehe/ und ſie alle als eine gute Beute wegnehme und erwuͤrge. Allein/ der HErr ſchelte dich/ Satan! Solches Unternehmen und Beginnen muß in keines Heydens/ will geſchweigen eines Chriſtlichen Potentatens Ge- dancken noch Ohren niemahls kommen/ iſt auch kein Exempel deßfalls von ſo vielen hundert Jahren her unter Chriſtlichen Potentaten/ daß von ihnen dergleichen unternommen ſeyn ſolte/ zu finden. Ein in der Flucht vor Saul begriffener David hat zwar die dem Herrn geheiligte Schau-Brodte angegriffen/ und in ſeiner hoͤchſten Hungers-Noth da- von gegeſſen/ allein er hat es nicht ohne Zulaſſung des Prieſters Abi- melechs gethan/ und darzu in dem Zuſtande/ da der Knaben Zeug/ den er bey ſich hatte/ heilig war/ zudem ſo war auch der Weg/ den er da- mahls gieng/ geheiliget vor dem HErrn/ wie zu leſen im 21. Capitel des 1. Buchs Samuelis. Alſo erlaubte auch der Heyland/ der ein HErr des Sabbaths war/ ſeinen Juͤngern/ da ſie hungerte/ am Sabbath Aehren auszureiſſen/ wie gleichfals beym Matthæo am 12. Capitel zu leſen. Welches wir darumb anfuͤhren/ weil zwar in dem hoͤchſten Lan- des-Gebrechen und Nothfall zu Abwendung eines gaͤntzlichen Untergangs heilige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_banqven_1717
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_banqven_1717/123
Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Beschreibung der Banqven. Halle (Saale) u. a., 1717, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_banqven_1717/123>, abgerufen am 03.05.2024.