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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Rechte d. Völker in Ans. d. einzelnen Hoheitsrechte.
ist, bey der Verschiedenheit und der Unvollständigkeit man-
cher Rangordnungen einem Fremden genau den Platz an-
zuweisen, der ihm in seinem Vaterlande zukommen würde.
Daß übrigens die Gleichheit des Titels nicht immer Gleich-
heit des Ranges d), noch weniger aber Anspruch auf die
nach der Landesverfassung nur den Eingebohrnen gebühren-
den reellen Vorzüge gewähre, ist eben so in die Augen
fallend, als daß ein Civil-Beamter nicht in einem frem-
den Gebiet sein Amt zu verwalten berechtiget sey e).

a) Pfeffinger Vitr. illustratus T. III. p. 112. J. St. Pütter
Erörterungen des teutschen Staats- und Fürstenrechts
1. Heft
S. 10.
b) Daher bestimmt zwischen Offizieren desselben Grades die Ancien-
netät den Rang, und selbst kaiserliche Offiziere können vor fürst-
lichen Offizieren ihres Grades nicht weiter den Rang fordern.
c) Doch muß diese hergebrachte Anerkennung einer solchen, erweiß-
lich von einem Fremden, dazu berechtigten, Souverain ertheil-
ten Würde nicht mit der Anerkennung der Rechtmäßigkeit der
Ansprüche eines Fremden verwechselt werden, der in einem drit-
ten Staat für das aufgenommen ist, wofür er sich ausgab. Die-
ser letztere Umstand hindert die übrigen Staaten, auch nach dem
Herkommen nicht, die Rechtmäßigkeit seiner Ansprüche näher zu
untersuchen, und wiefern ihm sein bisheriger Besitzstand dabey
zu Gute kommen könne, hängt von den Umständen ab. Am
wenigsten kann eine solche Anerkennung eines dritten Staats dem
Prätendenten in auswärtigen Landen ein Erbfolgerecht gewähren
s. z. B. Holzschuer Deductionsbibliothek Th. II. n. 286.
u. f. Reuß teutsche Staatscanzley Th. XIV. S. 50.
d) Wer in einem Lande zum Grafen u. s. f. oder zum Geheimde-
rath u. s. f. erkläret worden, wird diesen Titel überall, wo er
hinkommt, erhalten; aber dieß hebt den Unterschied nicht auf
der zwischen titulär und regierenden, zwischen alten und neuen
Grafen u. s. f., zwischen titulär und wirklichen Geheimderäthen
u. s. f. gemacht wird. Auch die Entfernung in der er von sei-
nem Souverain steht, kann bey der Verschiedenheit der Verfas-
sungen nicht immer entscheiden. Sonderbarer Fall wo aus die-
sem Grunde ein Grande d'Espagne sich einem teutschen Chutfür-
sten gleich stellen wollte in Mosers Versuch Th. IV. S. über-
haupt I. C. I. Hellbach meditationes iuris prooedriae moderni. Lips.

Rechte d. Voͤlker in Anſ. d. einzelnen Hoheitsrechte.
iſt, bey der Verſchiedenheit und der Unvollſtaͤndigkeit man-
cher Rangordnungen einem Fremden genau den Platz an-
zuweiſen, der ihm in ſeinem Vaterlande zukommen wuͤrde.
Daß uͤbrigens die Gleichheit des Titels nicht immer Gleich-
heit des Ranges d), noch weniger aber Anſpruch auf die
nach der Landesverfaſſung nur den Eingebohrnen gebuͤhren-
den reellen Vorzuͤge gewaͤhre, iſt eben ſo in die Augen
fallend, als daß ein Civil-Beamter nicht in einem frem-
den Gebiet ſein Amt zu verwalten berechtiget ſey e).

a) Pfeffinger Vitr. illuſtratus T. III. p. 112. J. St. Puͤtter
Eroͤrterungen des teutſchen Staats- und Fuͤrſtenrechts
1. Heft
S. 10.
b) Daher beſtimmt zwiſchen Offizieren deſſelben Grades die Ancien-
netaͤt den Rang, und ſelbſt kaiſerliche Offiziere koͤnnen vor fuͤrſt-
lichen Offizieren ihres Grades nicht weiter den Rang fordern.
c) Doch muß dieſe hergebrachte Anerkennung einer ſolchen, erweiß-
lich von einem Fremden, dazu berechtigten, Souverain ertheil-
ten Wuͤrde nicht mit der Anerkennung der Rechtmaͤßigkeit der
Anſpruͤche eines Fremden verwechſelt werden, der in einem drit-
ten Staat fuͤr das aufgenommen iſt, wofuͤr er ſich ausgab. Die-
ſer letztere Umſtand hindert die uͤbrigen Staaten, auch nach dem
Herkommen nicht, die Rechtmaͤßigkeit ſeiner Anſpruͤche naͤher zu
unterſuchen, und wiefern ihm ſein bisheriger Beſitzſtand dabey
zu Gute kommen koͤnne, haͤngt von den Umſtaͤnden ab. Am
wenigſten kann eine ſolche Anerkennung eines dritten Staats dem
Praͤtendenten in auswaͤrtigen Landen ein Erbfolgerecht gewaͤhren
ſ. z. B. Holzſchuer Deductionsbibliothek Th. II. n. 286.
u. f. Reuß teutſche Staatscanzley Th. XIV. S. 50.
d) Wer in einem Lande zum Grafen u. ſ. f. oder zum Geheimde-
rath u. ſ. f. erklaͤret worden, wird dieſen Titel uͤberall, wo er
hinkommt, erhalten; aber dieß hebt den Unterſchied nicht auf
der zwiſchen titulaͤr und regierenden, zwiſchen alten und neuen
Grafen u. ſ. f., zwiſchen titulaͤr und wirklichen Geheimderaͤthen
u. ſ. f. gemacht wird. Auch die Entfernung in der er von ſei-
nem Souverain ſteht, kann bey der Verſchiedenheit der Verfaſ-
ſungen nicht immer entſcheiden. Sonderbarer Fall wo aus die-
ſem Grunde ein Grande d’Eſpagne ſich einem teutſchen Chutfuͤr-
ſten gleich ſtellen wollte in Moſers Verſuch Th. IV. S. uͤber-
haupt I. C. I. Hellbach meditationes iuris prooedriae moderni. Lipſ.
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[107/0135] Rechte d. Voͤlker in Anſ. d. einzelnen Hoheitsrechte. iſt, bey der Verſchiedenheit und der Unvollſtaͤndigkeit man- cher Rangordnungen einem Fremden genau den Platz an- zuweiſen, der ihm in ſeinem Vaterlande zukommen wuͤrde. Daß uͤbrigens die Gleichheit des Titels nicht immer Gleich- heit des Ranges d), noch weniger aber Anſpruch auf die nach der Landesverfaſſung nur den Eingebohrnen gebuͤhren- den reellen Vorzuͤge gewaͤhre, iſt eben ſo in die Augen fallend, als daß ein Civil-Beamter nicht in einem frem- den Gebiet ſein Amt zu verwalten berechtiget ſey e). a⁾ Pfeffinger Vitr. illuſtratus T. III. p. 112. J. St. Puͤtter Eroͤrterungen des teutſchen Staats- und Fuͤrſtenrechts 1. Heft S. 10. b⁾ Daher beſtimmt zwiſchen Offizieren deſſelben Grades die Ancien- netaͤt den Rang, und ſelbſt kaiſerliche Offiziere koͤnnen vor fuͤrſt- lichen Offizieren ihres Grades nicht weiter den Rang fordern. c⁾ Doch muß dieſe hergebrachte Anerkennung einer ſolchen, erweiß- lich von einem Fremden, dazu berechtigten, Souverain ertheil- ten Wuͤrde nicht mit der Anerkennung der Rechtmaͤßigkeit der Anſpruͤche eines Fremden verwechſelt werden, der in einem drit- ten Staat fuͤr das aufgenommen iſt, wofuͤr er ſich ausgab. Die- ſer letztere Umſtand hindert die uͤbrigen Staaten, auch nach dem Herkommen nicht, die Rechtmaͤßigkeit ſeiner Anſpruͤche naͤher zu unterſuchen, und wiefern ihm ſein bisheriger Beſitzſtand dabey zu Gute kommen koͤnne, haͤngt von den Umſtaͤnden ab. Am wenigſten kann eine ſolche Anerkennung eines dritten Staats dem Praͤtendenten in auswaͤrtigen Landen ein Erbfolgerecht gewaͤhren ſ. z. B. Holzſchuer Deductionsbibliothek Th. II. n. 286. u. f. Reuß teutſche Staatscanzley Th. XIV. S. 50. d⁾ Wer in einem Lande zum Grafen u. ſ. f. oder zum Geheimde- rath u. ſ. f. erklaͤret worden, wird dieſen Titel uͤberall, wo er hinkommt, erhalten; aber dieß hebt den Unterſchied nicht auf der zwiſchen titulaͤr und regierenden, zwiſchen alten und neuen Grafen u. ſ. f., zwiſchen titulaͤr und wirklichen Geheimderaͤthen u. ſ. f. gemacht wird. Auch die Entfernung in der er von ſei- nem Souverain ſteht, kann bey der Verſchiedenheit der Verfaſ- ſungen nicht immer entſcheiden. Sonderbarer Fall wo aus die- ſem Grunde ein Grande d’Eſpagne ſich einem teutſchen Chutfuͤr- ſten gleich ſtellen wollte in Moſers Verſuch Th. IV. S. uͤber- haupt I. C. I. Hellbach meditationes iuris prooedriae moderni. Lipſ. 1742.

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/135>, abgerufen am 03.05.2024.