Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Endigung der Gesandschaft.
werden als sie nöthig haben um bequem den Staat zu ver-
lassen an den sie accreditirt worden. Doch fährt man nach
der Praxis fort sie als Minister zu behandeln, wenn zu ver-
muthen ist, daß die Gesandschaft nicht lange werde unter-
brochen werden c), und es fehlt selbst nicht an Beyspielen
daß man die Conferenzen mit ihnen fortgesetzt habe.

Ist ein Gesandter nur Interimsweise, oder auf eine
bestimmt ausgedrückte Zeit beglaubiget, so erlischt die Kraft
seines Creditivs in dem ersten Falle bey der Ankunft des or-
dentlichen Gesandten, ohne daß es hier eines förmlichen Rap-
pelschreibens bedürfte d), in dem letzteren durch Ablauf der
Zeit e).

a) Hat daher ein Fürst nicht in seinem Nahmen, sondern als Di-
rector einer moralischen Person z. B. eines Crayses, einer Gra-
fen-Curie u. s. f. das Beglauhigungsschreiben, oder die Voll-
macht unterzeichnet, so zieht sein Tod nicht die Erlöschung des
Creditivs nach sich. S. m. Essai sur la legitimation des Envoyes
de la part des Comtes de l'Empire
. Göttingue
1782. 8.
b) Ist der Gesandte nicht an die Person dessen der seine Legitimation
angenommen hat accreditirt, sondern an eine moralische Person,
deren Vorsteher nur in dieser Eigenschaft die Creditive oder Voll-
machten annahm, so kann dessen Tod die Kraft derselben nicht
aufheben.
c) In Erbstaaten pflegt das neue Creditiv dem Benachrichtigungs-
schreiben des Absterbens des Landesherrn gleich beygefüget zu wer-
den; dann entsteht im Sinn des Rechts nicht einmahl eine Un-
terbrechung.
d) Ueber den Streit der desfalls in Betreff des Chev. (Mlle d'Eon)
in England mit dem französischen Bothschafter entstand s. Lettres
memoires et negociations de M
. d'Eon p.
85.
e) Die Republik hat es zur Staatsmaxime gemacht, keinen ihrer
Gesandten länger als 3 Jahr an einem Hofe zu lassen; doch muß
er erst die Ankunft des neuen Gesandten erwarten s. Le Bret
Vorlesungen
Th. I. S. 328.; auch scheint es nicht daß diese Zeit
in dem Beglaubigungsschreiben ausgedrückt werde.

§. 236.
S 3

Endigung der Geſandſchaft.
werden als ſie noͤthig haben um bequem den Staat zu ver-
laſſen an den ſie accreditirt worden. Doch faͤhrt man nach
der Praxis fort ſie als Miniſter zu behandeln, wenn zu ver-
muthen iſt, daß die Geſandſchaft nicht lange werde unter-
brochen werden c), und es fehlt ſelbſt nicht an Beyſpielen
daß man die Conferenzen mit ihnen fortgeſetzt habe.

Iſt ein Geſandter nur Interimsweiſe, oder auf eine
beſtimmt ausgedruͤckte Zeit beglaubiget, ſo erliſcht die Kraft
ſeines Creditivs in dem erſten Falle bey der Ankunft des or-
dentlichen Geſandten, ohne daß es hier eines foͤrmlichen Rap-
pelſchreibens beduͤrfte d), in dem letzteren durch Ablauf der
Zeit e).

a) Hat daher ein Fuͤrſt nicht in ſeinem Nahmen, ſondern als Di-
rector einer moraliſchen Perſon z. B. eines Crayſes, einer Gra-
fen-Curie u. ſ. f. das Beglauhigungsſchreiben, oder die Voll-
macht unterzeichnet, ſo zieht ſein Tod nicht die Erloͤſchung des
Creditivs nach ſich. S. m. Eſſai ſur la légitimation des Envoyès
de la part des Comtes de l’Empire
. Goͤttingue
1782. 8.
b) Iſt der Geſandte nicht an die Perſon deſſen der ſeine Legitimation
angenommen hat accreditirt, ſondern an eine moraliſche Perſon,
deren Vorſteher nur in dieſer Eigenſchaft die Creditive oder Voll-
machten annahm, ſo kann deſſen Tod die Kraft derſelben nicht
aufheben.
c) In Erbſtaaten pflegt das neue Creditiv dem Benachrichtigungs-
ſchreiben des Abſterbens des Landesherrn gleich beygefuͤget zu wer-
den; dann entſteht im Sinn des Rechts nicht einmahl eine Un-
terbrechung.
d) Ueber den Streit der desfalls in Betreff des Chev. (Mlle d’Eon)
in England mit dem franzoͤſiſchen Bothſchafter entſtand ſ. Lettres
memoires et negociations de M
. d’Eon p.
85.
e) Die Republik hat es zur Staatsmaxime gemacht, keinen ihrer
Geſandten laͤnger als 3 Jahr an einem Hofe zu laſſen; doch muß
er erſt die Ankunft des neuen Geſandten erwarten ſ. Le Bret
Vorleſungen
Th. I. S. 328.; auch ſcheint es nicht daß dieſe Zeit
in dem Beglaubigungsſchreiben ausgedruͤckt werde.

§. 236.
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0305" n="277"/><fw place="top" type="header">Endigung der Ge&#x017F;and&#x017F;chaft.</fw><lb/>
werden als &#x017F;ie no&#x0364;thig haben um bequem den Staat zu ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en an den &#x017F;ie accreditirt worden. Doch fa&#x0364;hrt man nach<lb/>
der Praxis fort &#x017F;ie als Mini&#x017F;ter zu behandeln, wenn zu ver-<lb/>
muthen i&#x017F;t, daß die Ge&#x017F;and&#x017F;chaft nicht lange werde unter-<lb/>
brochen werden <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">c</hi></hi>), und es fehlt &#x017F;elb&#x017F;t nicht an Bey&#x017F;pielen<lb/>
daß man die Conferenzen mit ihnen fortge&#x017F;etzt habe.</p><lb/>
            <p>I&#x017F;t ein Ge&#x017F;andter nur Interimswei&#x017F;e, oder auf eine<lb/>
be&#x017F;timmt ausgedru&#x0364;ckte Zeit beglaubiget, &#x017F;o erli&#x017F;cht die Kraft<lb/>
&#x017F;eines Creditivs in dem er&#x017F;ten Falle bey der Ankunft des or-<lb/>
dentlichen Ge&#x017F;andten, ohne daß es hier eines fo&#x0364;rmlichen Rap-<lb/>
pel&#x017F;chreibens bedu&#x0364;rfte <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">d</hi></hi>), in dem letzteren durch Ablauf der<lb/>
Zeit <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">e</hi></hi>).</p><lb/>
            <note place="end" n="a)">Hat daher ein Fu&#x0364;r&#x017F;t nicht in &#x017F;einem Nahmen, &#x017F;ondern als Di-<lb/>
rector einer morali&#x017F;chen Per&#x017F;on z. B. eines Cray&#x017F;es, einer Gra-<lb/>
fen-Curie u. &#x017F;. f. das Beglauhigungs&#x017F;chreiben, oder die Voll-<lb/>
macht unterzeichnet, &#x017F;o zieht &#x017F;ein Tod nicht die Erlo&#x0364;&#x017F;chung des<lb/>
Creditivs nach &#x017F;ich. S. m. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">E&#x017F;&#x017F;ai &#x017F;ur la légitimation des Envoyès<lb/>
de la part des Comtes de l&#x2019;Empire</hi>. Go&#x0364;ttingue</hi> 1782. 8.</note><lb/>
            <note place="end" n="b)">I&#x017F;t der Ge&#x017F;andte nicht an die Per&#x017F;on de&#x017F;&#x017F;en der &#x017F;eine Legitimation<lb/>
angenommen hat accreditirt, &#x017F;ondern an eine morali&#x017F;che Per&#x017F;on,<lb/>
deren Vor&#x017F;teher nur in die&#x017F;er Eigen&#x017F;chaft die Creditive oder Voll-<lb/>
machten annahm, &#x017F;o kann de&#x017F;&#x017F;en Tod die Kraft der&#x017F;elben nicht<lb/>
aufheben.</note><lb/>
            <note place="end" n="c)">In Erb&#x017F;taaten pflegt das neue Creditiv dem Benachrichtigungs-<lb/>
&#x017F;chreiben des Ab&#x017F;terbens des Landesherrn gleich beygefu&#x0364;get zu wer-<lb/>
den; dann ent&#x017F;teht im Sinn des Rechts nicht einmahl eine Un-<lb/>
terbrechung.</note><lb/>
            <note place="end" n="d)">Ueber den Streit der desfalls in Betreff des <hi rendition="#aq">Chev. (<hi rendition="#i">Mlle</hi> <hi rendition="#k">d&#x2019;Eon</hi></hi>)<lb/>
in England mit dem franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Both&#x017F;chafter ent&#x017F;tand &#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lettres<lb/>
memoires et negociations de M</hi>. <hi rendition="#k">d&#x2019;Eon</hi> p.</hi> 85.</note><lb/>
            <note place="end" n="e)">Die Republik hat es zur Staatsmaxime gemacht, keinen ihrer<lb/>
Ge&#x017F;andten la&#x0364;nger als 3 Jahr an einem Hofe zu la&#x017F;&#x017F;en; doch muß<lb/>
er er&#x017F;t die Ankunft des neuen Ge&#x017F;andten erwarten &#x017F;. <hi rendition="#fr">Le <hi rendition="#g">Bret</hi><lb/>
Vorle&#x017F;ungen</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 328.; auch &#x017F;cheint es nicht daß die&#x017F;e Zeit<lb/>
in dem Beglaubigungs&#x017F;chreiben ausgedru&#x0364;ckt werde.</note>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">S 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 236.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0305] Endigung der Geſandſchaft. werden als ſie noͤthig haben um bequem den Staat zu ver- laſſen an den ſie accreditirt worden. Doch faͤhrt man nach der Praxis fort ſie als Miniſter zu behandeln, wenn zu ver- muthen iſt, daß die Geſandſchaft nicht lange werde unter- brochen werden c), und es fehlt ſelbſt nicht an Beyſpielen daß man die Conferenzen mit ihnen fortgeſetzt habe. Iſt ein Geſandter nur Interimsweiſe, oder auf eine beſtimmt ausgedruͤckte Zeit beglaubiget, ſo erliſcht die Kraft ſeines Creditivs in dem erſten Falle bey der Ankunft des or- dentlichen Geſandten, ohne daß es hier eines foͤrmlichen Rap- pelſchreibens beduͤrfte d), in dem letzteren durch Ablauf der Zeit e). a⁾ Hat daher ein Fuͤrſt nicht in ſeinem Nahmen, ſondern als Di- rector einer moraliſchen Perſon z. B. eines Crayſes, einer Gra- fen-Curie u. ſ. f. das Beglauhigungsſchreiben, oder die Voll- macht unterzeichnet, ſo zieht ſein Tod nicht die Erloͤſchung des Creditivs nach ſich. S. m. Eſſai ſur la légitimation des Envoyès de la part des Comtes de l’Empire. Goͤttingue 1782. 8. b⁾ Iſt der Geſandte nicht an die Perſon deſſen der ſeine Legitimation angenommen hat accreditirt, ſondern an eine moraliſche Perſon, deren Vorſteher nur in dieſer Eigenſchaft die Creditive oder Voll- machten annahm, ſo kann deſſen Tod die Kraft derſelben nicht aufheben. c⁾ In Erbſtaaten pflegt das neue Creditiv dem Benachrichtigungs- ſchreiben des Abſterbens des Landesherrn gleich beygefuͤget zu wer- den; dann entſteht im Sinn des Rechts nicht einmahl eine Un- terbrechung. d⁾ Ueber den Streit der desfalls in Betreff des Chev. (Mlle d’Eon) in England mit dem franzoͤſiſchen Bothſchafter entſtand ſ. Lettres memoires et negociations de M. d’Eon p. 85. e⁾ Die Republik hat es zur Staatsmaxime gemacht, keinen ihrer Geſandten laͤnger als 3 Jahr an einem Hofe zu laſſen; doch muß er erſt die Ankunft des neuen Geſandten erwarten ſ. Le Bret Vorleſungen Th. I. S. 328.; auch ſcheint es nicht daß dieſe Zeit in dem Beglaubigungsſchreiben ausgedruͤckt werde. §. 236. S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/305
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/305>, abgerufen am 06.05.2024.