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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Von der Neutralität.
zumahl gegen minder mächtige Staaten in ein weit ausge-
dehntes Convenienzrecht verwandelt f). 4) Jede Ungleich-
heit des Betragens einer neutralen Macht zum Vortheil
einer der kriegführenden Mächte in Hinsicht des Durchmar-
sches, Aufenthalts u. s. f. wird ohne Rücksicht auf ihre Ver-
anlassung als hinreichend angesehn, um uns zu berechtigen das
mit Gewalt uns zu verschaffen, was dem Gegner gestattet,
uns aber verweigert wird; nicht selten wird auch 4) die Gleich-
heit welche eine neutrale Macht gegen beyde Theile zu beobach-
ten sucht als nur scheinbar angegeben und ihre Schritte ei-
ner wirklichen Partheylichkeit beschuldiget, die entweder zur
Rechtfertigung eines Bruches, oder doch zu Beschönigung
der Verletzung ihrer Territorial-Rechte benutzt werden, und
daher ist nicht zu verwundern, wenn so oft Staaten, denen
nichts erwünschter als die Beybehaltung des Friedens war,
der Schauplatz eines verheerenden Krieges geworden sind.

a) d'Abreu traite des prises maritimes P. I. c. V. §. 14. Bouchaud
theorie des traites de commerce p. 283. Bynkershoek quaest. iur.
publ.
L. I. cap. VIII.
b) Hubner T. II. P. II. p. 160. d'Abreu traite des prises P. I. c. V.
§. 10 u. f.
c) Eben daher darf, wenn zwey feindliche Schiffe in einem neu-
tralen Hafen zusammen treffen, und das eine unter Seegel geht,
das andere nicht gleich, sondern erst nach Ablauf einer Zahl Stun-
den (mehrentheils 24) nachfolgen. Dieß ist theils in vielen Ver-
trägen und selbst mit den Africanern festgesetzt s. z. B. die Ver-
träge Großbritanniens mit Marocco 1750. 1751 mit Cunis
1751. 1762 mit Cripolis
1751. 1762, theils auch in den Neu-
tralitätsverordnungen häufig bestimmt. S. z. B. Moser Ver-
such
B. X. Th. I. S. 159. 311. m. Recueil T. IV. p. 204. 216.
233. 240. 244. 255 T. V. p.
235. 278. ein merkwürdiges Beyspiel
s. in N. Ned. Iarboeken 1780. p. 515.
d) de Real T. V. p. 529. 530.
e) Bynkershoek quaest. iur. publ. L. I. cap. 15. Moniteur 1793. n. 265.
f) Moser Versuch B. X. Th. I. S. 218 u. f.

§. 308.

Von der Neutralitaͤt.
zumahl gegen minder maͤchtige Staaten in ein weit ausge-
dehntes Convenienzrecht verwandelt f). 4) Jede Ungleich-
heit des Betragens einer neutralen Macht zum Vortheil
einer der kriegfuͤhrenden Maͤchte in Hinſicht des Durchmar-
ſches, Aufenthalts u. ſ. f. wird ohne Ruͤckſicht auf ihre Ver-
anlaſſung als hinreichend angeſehn, um uns zu berechtigen das
mit Gewalt uns zu verſchaffen, was dem Gegner geſtattet,
uns aber verweigert wird; nicht ſelten wird auch 4) die Gleich-
heit welche eine neutrale Macht gegen beyde Theile zu beobach-
ten ſucht als nur ſcheinbar angegeben und ihre Schritte ei-
ner wirklichen Partheylichkeit beſchuldiget, die entweder zur
Rechtfertigung eines Bruches, oder doch zu Beſchoͤnigung
der Verletzung ihrer Territorial-Rechte benutzt werden, und
daher iſt nicht zu verwundern, wenn ſo oft Staaten, denen
nichts erwuͤnſchter als die Beybehaltung des Friedens war,
der Schauplatz eines verheerenden Krieges geworden ſind.

a) d’Abreu traité des priſes maritimes P. I. c. V. §. 14. Bouchaud
théorie des traités de commerce p. 283. Bynkershoek quaeſt. iur.
publ.
L. I. cap. VIII.
b) Hubner T. II. P. II. p. 160. d’Abreu traité des priſes P. I. c. V.
§. 10 u. f.
c) Eben daher darf, wenn zwey feindliche Schiffe in einem neu-
tralen Hafen zuſammen treffen, und das eine unter Seegel geht,
das andere nicht gleich, ſondern erſt nach Ablauf einer Zahl Stun-
den (mehrentheils 24) nachfolgen. Dieß iſt theils in vielen Ver-
traͤgen und ſelbſt mit den Africanern feſtgeſetzt ſ. z. B. die Ver-
traͤge Großbritanniens mit Marocco 1750. 1751 mit Cunis
1751. 1762 mit Cripolis
1751. 1762, theils auch in den Neu-
tralitaͤtsverordnungen haͤufig beſtimmt. S. z. B. Moſer Ver-
ſuch
B. X. Th. I. S. 159. 311. m. Recueil T. IV. p. 204. 216.
233. 240. 244. 255 T. V. p.
235. 278. ein merkwuͤrdiges Beyſpiel
ſ. in N. Ned. Iarboeken 1780. p. 515.
d) de Real T. V. p. 529. 530.
e) Bynkershoek quaeſt. iur. publ. L. I. cap. 15. Moniteur 1793. n. 265.
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[347/0375] Von der Neutralitaͤt. zumahl gegen minder maͤchtige Staaten in ein weit ausge- dehntes Convenienzrecht verwandelt f). 4) Jede Ungleich- heit des Betragens einer neutralen Macht zum Vortheil einer der kriegfuͤhrenden Maͤchte in Hinſicht des Durchmar- ſches, Aufenthalts u. ſ. f. wird ohne Ruͤckſicht auf ihre Ver- anlaſſung als hinreichend angeſehn, um uns zu berechtigen das mit Gewalt uns zu verſchaffen, was dem Gegner geſtattet, uns aber verweigert wird; nicht ſelten wird auch 4) die Gleich- heit welche eine neutrale Macht gegen beyde Theile zu beobach- ten ſucht als nur ſcheinbar angegeben und ihre Schritte ei- ner wirklichen Partheylichkeit beſchuldiget, die entweder zur Rechtfertigung eines Bruches, oder doch zu Beſchoͤnigung der Verletzung ihrer Territorial-Rechte benutzt werden, und daher iſt nicht zu verwundern, wenn ſo oft Staaten, denen nichts erwuͤnſchter als die Beybehaltung des Friedens war, der Schauplatz eines verheerenden Krieges geworden ſind. a⁾ d’Abreu traité des priſes maritimes P. I. c. V. §. 14. Bouchaud théorie des traités de commerce p. 283. Bynkershoek quaeſt. iur. publ. L. I. cap. VIII. b⁾ Hubner T. II. P. II. p. 160. d’Abreu traité des priſes P. I. c. V. §. 10 u. f. c⁾ Eben daher darf, wenn zwey feindliche Schiffe in einem neu- tralen Hafen zuſammen treffen, und das eine unter Seegel geht, das andere nicht gleich, ſondern erſt nach Ablauf einer Zahl Stun- den (mehrentheils 24) nachfolgen. Dieß iſt theils in vielen Ver- traͤgen und ſelbſt mit den Africanern feſtgeſetzt ſ. z. B. die Ver- traͤge Großbritanniens mit Marocco 1750. 1751 mit Cunis 1751. 1762 mit Cripolis 1751. 1762, theils auch in den Neu- tralitaͤtsverordnungen haͤufig beſtimmt. S. z. B. Moſer Ver- ſuch B. X. Th. I. S. 159. 311. m. Recueil T. IV. p. 204. 216. 233. 240. 244. 255 T. V. p. 235. 278. ein merkwuͤrdiges Beyſpiel ſ. in N. Ned. Iarboeken 1780. p. 515. d⁾ de Real T. V. p. 529. 530. e⁾ Bynkershoek quaeſt. iur. publ. L. I. cap. 15. Moniteur 1793. n. 265. f⁾ Moſer Verſuch B. X. Th. I. S. 218 u. f. §. 308.

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/375>, abgerufen am 02.05.2024.