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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Erwerbung des Eigenthums.
Occupation mit begriffen seyn. Ist aber das entgegenge-
setzte Ufer ebenfalls occupirt, und nicht auszumachen, welche
von beiden Nationen zuerst Besitz ergriffen, so ist, bey
der Gleichheit ihrer Rechte, anzunehmen, daß beide zugleich
occupirt haben, und in der Mitte des Flusses sich begeg-
neten, folglich jede Eigenthümerinn des Flusses bis zur
Hälfte, und der in dieser Hälfte gelegenen Inseln oder
der Theile derselben geworden a), wenn sie nicht durch
Verträge ein anderes festgesetzt haben b). Eben diese
Grundsätze sind auf Landseen anwendbar, die von mehreren
Gebieten umgeben sind c).

Verändert der Fluß seinen Lauf, so bleiben die vori-
gen Eigenthümer desselben in eben dem Maaße, Eigen-
thümer des verlassenen Fluß Beetes. Aber unvermerkt
erfolgende An- und Abspühlungen der Ufer, verändern nicht
die Eigenthumsrechte auf den Fluß d).

a) Dieß ist nicht nur im zweifelhaften Fall die Regel, sondern oft
ist auch ausdrücklich in Grenzverträgen die Mitte des Flusses zur
Grenze angenommen. Beyspiele davon s. in Mosers Ver-
such
Th. V. S 284. 288. 307. Günther Europ. V. R.
Th. II. S. 20. not. b.
b) Beyspiele davon in und außerhalb Teutschland; s. bey Gün-
ther
a. a. O. S. 21. not. c. und in den daselbst angeführten
Schriften, auch Mosers Versuch Th. V. S. 229. Beyträge
Th. V. S. 237.
c) Strauchius de imperio maris cap. IV. §. 3. Buder de dominio
maris Sueuici
vulgo: lacus Bodamici. Jenae 1742. 4. p.
35. wel-
chem eine Deduction angehängt ist, unter dem Titel: Warum
dem Hause Oesterreich von dem hochlöblichen schwäbischen
Crayße das sogenannte neuerlicher Dingen prätendirende Do-
minium Maris weder in petitorio noch in possessorio eingestan-
den werden könne 1711. Moser nachbarliches Staatsrecht
S. 440. Günther Th. II. S. 55 u. f.
d) Grotius B. II. c. 3. §. 17.

§. 34.

Erwerbung des Eigenthums.
Occupation mit begriffen ſeyn. Iſt aber das entgegenge-
ſetzte Ufer ebenfalls occupirt, und nicht auszumachen, welche
von beiden Nationen zuerſt Beſitz ergriffen, ſo iſt, bey
der Gleichheit ihrer Rechte, anzunehmen, daß beide zugleich
occupirt haben, und in der Mitte des Fluſſes ſich begeg-
neten, folglich jede Eigenthuͤmerinn des Fluſſes bis zur
Haͤlfte, und der in dieſer Haͤlfte gelegenen Inſeln oder
der Theile derſelben geworden a), wenn ſie nicht durch
Vertraͤge ein anderes feſtgeſetzt haben b). Eben dieſe
Grundſaͤtze ſind auf Landſeen anwendbar, die von mehreren
Gebieten umgeben ſind c).

Veraͤndert der Fluß ſeinen Lauf, ſo bleiben die vori-
gen Eigenthuͤmer deſſelben in eben dem Maaße, Eigen-
thuͤmer des verlaſſenen Fluß Beetes. Aber unvermerkt
erfolgende An- und Abſpuͤhlungen der Ufer, veraͤndern nicht
die Eigenthumsrechte auf den Fluß d).

a) Dieß iſt nicht nur im zweifelhaften Fall die Regel, ſondern oft
iſt auch ausdruͤcklich in Grenzvertraͤgen die Mitte des Fluſſes zur
Grenze angenommen. Beyſpiele davon ſ. in Moſers Ver-
ſuch
Th. V. S 284. 288. 307. Guͤnther Europ. V. R.
Th. II. S. 20. not. b.
b) Beyſpiele davon in und außerhalb Teutſchland; ſ. bey Guͤn-
ther
a. a. O. S. 21. not. c. und in den daſelbſt angefuͤhrten
Schriften, auch Moſers Verſuch Th. V. S. 229. Beytraͤge
Th. V. S. 237.
c) Strauchius de imperio maris cap. IV. §. 3. Buder de dominio
maris Sueuici
vulgo: lacus Bodamici. Jenae 1742. 4. p.
35. wel-
chem eine Deduction angehaͤngt iſt, unter dem Titel: Warum
dem Hauſe Oeſterreich von dem hochloͤblichen ſchwaͤbiſchen
Crayße das ſogenannte neuerlicher Dingen praͤtendirende Do-
minium Maris weder in petitorio noch in poſſeſſorio eingeſtan-
den werden koͤnne 1711. Moſer nachbarliches Staatsrecht
S. 440. Guͤnther Th. II. S. 55 u. f.
d) Grotius B. II. c. 3. §. 17.

§. 34.
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[45/0073] Erwerbung des Eigenthums. Occupation mit begriffen ſeyn. Iſt aber das entgegenge- ſetzte Ufer ebenfalls occupirt, und nicht auszumachen, welche von beiden Nationen zuerſt Beſitz ergriffen, ſo iſt, bey der Gleichheit ihrer Rechte, anzunehmen, daß beide zugleich occupirt haben, und in der Mitte des Fluſſes ſich begeg- neten, folglich jede Eigenthuͤmerinn des Fluſſes bis zur Haͤlfte, und der in dieſer Haͤlfte gelegenen Inſeln oder der Theile derſelben geworden a), wenn ſie nicht durch Vertraͤge ein anderes feſtgeſetzt haben b). Eben dieſe Grundſaͤtze ſind auf Landſeen anwendbar, die von mehreren Gebieten umgeben ſind c). Veraͤndert der Fluß ſeinen Lauf, ſo bleiben die vori- gen Eigenthuͤmer deſſelben in eben dem Maaße, Eigen- thuͤmer des verlaſſenen Fluß Beetes. Aber unvermerkt erfolgende An- und Abſpuͤhlungen der Ufer, veraͤndern nicht die Eigenthumsrechte auf den Fluß d). a⁾ Dieß iſt nicht nur im zweifelhaften Fall die Regel, ſondern oft iſt auch ausdruͤcklich in Grenzvertraͤgen die Mitte des Fluſſes zur Grenze angenommen. Beyſpiele davon ſ. in Moſers Ver- ſuch Th. V. S 284. 288. 307. Guͤnther Europ. V. R. Th. II. S. 20. not. b. b⁾ Beyſpiele davon in und außerhalb Teutſchland; ſ. bey Guͤn- ther a. a. O. S. 21. not. c. und in den daſelbſt angefuͤhrten Schriften, auch Moſers Verſuch Th. V. S. 229. Beytraͤge Th. V. S. 237. c⁾ Strauchius de imperio maris cap. IV. §. 3. Buder de dominio maris Sueuici vulgo: lacus Bodamici. Jenae 1742. 4. p. 35. wel- chem eine Deduction angehaͤngt iſt, unter dem Titel: Warum dem Hauſe Oeſterreich von dem hochloͤblichen ſchwaͤbiſchen Crayße das ſogenannte neuerlicher Dingen praͤtendirende Do- minium Maris weder in petitorio noch in poſſeſſorio eingeſtan- den werden koͤnne 1711. Moſer nachbarliches Staatsrecht S. 440. Guͤnther Th. II. S. 55 u. f. d⁾ Grotius B. II. c. 3. §. 17. §. 34.

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/73>, abgerufen am 03.05.2024.