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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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Profit und Zins. Denn der Profit wächst mit der Wohlfeilheit der
Elemente des konstanten und variablen Kapitals, und der Zins
fällt. Aber das Umgekehrte kann auch der Fall sein, und ist
häufig der Fall. Baumwolle z. B. kann wohlfeil sein, weil keine
Nachfrage für Garn und Gewebe besteht; sie kann relativ theuer
sein, weil grosser Profit in der Baumwollindustrie grosse Nach-
frage für sie erzeugt. Andrerseits kann der Profit der Industriellen
hoch sein, grade weil der Preis von Baumwolle niedrig ist. Die
Liste von Hubbard beweist, dass der Zinsfuss und die Waaren-
preise durchaus von einander unabhängige Bewegungen vollführen;
während die Bewegungen des Zinsfusses sich genau den Bewegungen
des Metallschatzes und der Wechselkurse anpassen.

"Sind Waaren daher im Ueberfluss vorhanden, so muss der Geld-
zins niedrig sein," sagt der Economist. Grade das Umgekehrte
findet statt in den Krisen; die Waaren sind überschüssig, inkon-
vertibel in Geld, und daher der Zinsfuss hoch; in einer andren
Phase des Cyklus herrscht grosse Nachfrage nach Waaren, daher
leichte Rückflüsse, aber zugleich Steigen der Waarenpreise, und
wegen der leichten Rückflüsse niedriger Zinsfuss. "Sind sie [die
Waaren] selten, so muss er hoch sein." Wieder findet das Um-
gekehrte statt in Zeiten der Abspannung nach der Krise. Waaren
sind selten, absolut gesprochen, nicht mit Rücksicht auf die Nach-
frage; und der Zinsfuss ist niedrig.

Dass, ad4), bei überführtem Markt ein Waarenbesitzer wohl-
feiler losschlagen wird -- wenn er überhaupt verkaufen kann --
als bei voraussichtlich rascher Erschöpfung der vorhandnen Vor-
räthe, ist ziemlich klar. Weniger aber, wesshalb desswegen der
Zinsfuss fallen soll.

Ist der Markt mit der importirten Waare überführt, so mag der
Zinsfuss steigen, in Folge gesteigerter Nachfrage nach Leihkapital
von Seiten der Eigner, um die Waaren nicht auf den Markt werfen
zu müssen. Er mag fallen, weil die Flüssigkeit des kommerciellen
Kredits die Nachfrage für Bankkredit noch relativ niedrig hält.



Der Economist erwähnt die rasche Wirkung auf die Kurse 1847
in Folge der Erhöhung des Zinsfusses und andern Drucks auf den
Geldmarkt. Aber es ist nicht zu vergessen, dass trotz der Wendung
der Kurse das Gold fortfuhr abzufliessen bis Ende April; die Wen-
dung tritt hier erst ein mit Anfang Mai.

Am 1. Januar 1847 war der Metallschatz der Bank 15066691 £;
Zinsfuss 31/2 %; Dreimonatskurs auf Paris, 25.75; auf Hamburg 13.10;

Profit und Zins. Denn der Profit wächst mit der Wohlfeilheit der
Elemente des konstanten und variablen Kapitals, und der Zins
fällt. Aber das Umgekehrte kann auch der Fall sein, und ist
häufig der Fall. Baumwolle z. B. kann wohlfeil sein, weil keine
Nachfrage für Garn und Gewebe besteht; sie kann relativ theuer
sein, weil grosser Profit in der Baumwollindustrie grosse Nach-
frage für sie erzeugt. Andrerseits kann der Profit der Industriellen
hoch sein, grade weil der Preis von Baumwolle niedrig ist. Die
Liste von Hubbard beweist, dass der Zinsfuss und die Waaren-
preise durchaus von einander unabhängige Bewegungen vollführen;
während die Bewegungen des Zinsfusses sich genau den Bewegungen
des Metallschatzes und der Wechselkurse anpassen.

„Sind Waaren daher im Ueberfluss vorhanden, so muss der Geld-
zins niedrig sein,“ sagt der Economist. Grade das Umgekehrte
findet statt in den Krisen; die Waaren sind überschüssig, inkon-
vertibel in Geld, und daher der Zinsfuss hoch; in einer andren
Phase des Cyklus herrscht grosse Nachfrage nach Waaren, daher
leichte Rückflüsse, aber zugleich Steigen der Waarenpreise, und
wegen der leichten Rückflüsse niedriger Zinsfuss. „Sind sie [die
Waaren] selten, so muss er hoch sein.“ Wieder findet das Um-
gekehrte statt in Zeiten der Abspannung nach der Krise. Waaren
sind selten, absolut gesprochen, nicht mit Rücksicht auf die Nach-
frage; und der Zinsfuss ist niedrig.

Dass, ad4), bei überführtem Markt ein Waarenbesitzer wohl-
feiler losschlagen wird — wenn er überhaupt verkaufen kann —
als bei voraussichtlich rascher Erschöpfung der vorhandnen Vor-
räthe, ist ziemlich klar. Weniger aber, wesshalb desswegen der
Zinsfuss fallen soll.

Ist der Markt mit der importirten Waare überführt, so mag der
Zinsfuss steigen, in Folge gesteigerter Nachfrage nach Leihkapital
von Seiten der Eigner, um die Waaren nicht auf den Markt werfen
zu müssen. Er mag fallen, weil die Flüssigkeit des kommerciellen
Kredits die Nachfrage für Bankkredit noch relativ niedrig hält.



Der Economist erwähnt die rasche Wirkung auf die Kurse 1847
in Folge der Erhöhung des Zinsfusses und andern Drucks auf den
Geldmarkt. Aber es ist nicht zu vergessen, dass trotz der Wendung
der Kurse das Gold fortfuhr abzufliessen bis Ende April; die Wen-
dung tritt hier erst ein mit Anfang Mai.

Am 1. Januar 1847 war der Metallschatz der Bank 15066691 £;
Zinsfuss 3½ %; Dreimonatskurs auf Paris, 25.75; auf Hamburg 13.10;

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[128/0137] Profit und Zins. Denn der Profit wächst mit der Wohlfeilheit der Elemente des konstanten und variablen Kapitals, und der Zins fällt. Aber das Umgekehrte kann auch der Fall sein, und ist häufig der Fall. Baumwolle z. B. kann wohlfeil sein, weil keine Nachfrage für Garn und Gewebe besteht; sie kann relativ theuer sein, weil grosser Profit in der Baumwollindustrie grosse Nach- frage für sie erzeugt. Andrerseits kann der Profit der Industriellen hoch sein, grade weil der Preis von Baumwolle niedrig ist. Die Liste von Hubbard beweist, dass der Zinsfuss und die Waaren- preise durchaus von einander unabhängige Bewegungen vollführen; während die Bewegungen des Zinsfusses sich genau den Bewegungen des Metallschatzes und der Wechselkurse anpassen. „Sind Waaren daher im Ueberfluss vorhanden, so muss der Geld- zins niedrig sein,“ sagt der Economist. Grade das Umgekehrte findet statt in den Krisen; die Waaren sind überschüssig, inkon- vertibel in Geld, und daher der Zinsfuss hoch; in einer andren Phase des Cyklus herrscht grosse Nachfrage nach Waaren, daher leichte Rückflüsse, aber zugleich Steigen der Waarenpreise, und wegen der leichten Rückflüsse niedriger Zinsfuss. „Sind sie [die Waaren] selten, so muss er hoch sein.“ Wieder findet das Um- gekehrte statt in Zeiten der Abspannung nach der Krise. Waaren sind selten, absolut gesprochen, nicht mit Rücksicht auf die Nach- frage; und der Zinsfuss ist niedrig. Dass, ad4), bei überführtem Markt ein Waarenbesitzer wohl- feiler losschlagen wird — wenn er überhaupt verkaufen kann — als bei voraussichtlich rascher Erschöpfung der vorhandnen Vor- räthe, ist ziemlich klar. Weniger aber, wesshalb desswegen der Zinsfuss fallen soll. Ist der Markt mit der importirten Waare überführt, so mag der Zinsfuss steigen, in Folge gesteigerter Nachfrage nach Leihkapital von Seiten der Eigner, um die Waaren nicht auf den Markt werfen zu müssen. Er mag fallen, weil die Flüssigkeit des kommerciellen Kredits die Nachfrage für Bankkredit noch relativ niedrig hält. Der Economist erwähnt die rasche Wirkung auf die Kurse 1847 in Folge der Erhöhung des Zinsfusses und andern Drucks auf den Geldmarkt. Aber es ist nicht zu vergessen, dass trotz der Wendung der Kurse das Gold fortfuhr abzufliessen bis Ende April; die Wen- dung tritt hier erst ein mit Anfang Mai. Am 1. Januar 1847 war der Metallschatz der Bank 15066691 £; Zinsfuss 3½ %; Dreimonatskurs auf Paris, 25.75; auf Hamburg 13.10;

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/137>, abgerufen am 27.04.2024.