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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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anheimzufallen, in der Form von Pachtgeld an den Grundeigen-
thümer gezahlt wird. Oekonomisch gesprochen, bildet weder der
eine noch der andre Theil Grundrente: aber praktisch bildet er
Einnahme des Grundeigenthümers, eine ökonomische Verwerthung
seines Monopols, ganz so gut wie die wirkliche Grundrente, und
wirkt ebenso bestimmend auf den Bodenpreis wie die letztre.

Wir sprechen hier nicht von Verhältnissen, worin die Grund-
rente, die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Weise
des Grundeigenthums, formell existirt, ohne dass die kapitalistische
Produktionsweise selbst existirte, ohne dass der Pächter selbst ein
industrieller Kapitalist, oder die Art seiner Bewirthschaftung eine
kapitalistische wäre. Dies ist z. B. der Fall in Irland. Der Pächter
ist hier im Durchschnitt ein kleiner Bauer. Was er dem Grund-
eigenthümer als Pacht zahlt, absorbirt oft nicht nur einen Theil
seines Profits, d. h. seiner eignen Mehrarbeit, auf die er als In-
haber seiner eignen Arbeitsinstrumente ein Recht hat, sondern auch
einen Theil des normalen Arbeitslohns, den er unter andren Ver-
hältnissen für dieselbe Arbeitsmenge erhalten würde. Ausserdem
expropriirt ihn der Grundeigenthümer, der hier durchaus nichts
thut für die Verbesserung des Bodens, von seinem kleinen Kapital,
das er grösstentheils durch eigne Arbeit dem Boden einverleibt,
ganz wie ein Wucherer unter ähnlichen Verhältnissen thun würde.
Nur dass der Wucherer wenigstens sein eignes Kapital bei der
Operation riskirt. Es bildet diese fortwährende Beraubung den
Gegenstand des Zwists über die irische Landgesetzgebung, die
wesentlich darauf hinauskommt, dass der Grundeigenthümer, der
dem Pächter aufkündigt, gezwungen werden soll, diesen zu ent-
schädigen für die von ihm angebrachten Bodenverbesserungen oder
das dem Boden einverleibte Kapital. Palmerston pflegte hierauf
cynisch zu antworten: "Das Haus der Gemeinen ist ein Haus von
Grundeigenthümern."

Wir sprechen auch nicht von den ausnahmsweisen Verhältnissen,
worin selbst in Ländern kapitalistischer Produktion der Grundeigen-
thümer hohes Pachtgeld erpressen kann, das in gar keinem Zu-
sammenhang mit dem Produkt des Bodens steht, wie z. B. in den
englischen Industriebezirken die Verpachtung kleiner Bodenfetzen
an Fabrikarbeiter, sei es für kleine Gärten, sei es für dilettantischen
Ackerbau in Nebenstunden. (Reports of Inspectors of Factories.)

Wir sprechen von der Ackerbaurente in Ländern entwickelter
kapitalistischer Produktion. Unter den englischen Pächtern z. B.
befindet sich eine Anzahl kleiner Kapitalisten, die durch Erziehung,

anheimzufallen, in der Form von Pachtgeld an den Grundeigen-
thümer gezahlt wird. Oekonomisch gesprochen, bildet weder der
eine noch der andre Theil Grundrente: aber praktisch bildet er
Einnahme des Grundeigenthümers, eine ökonomische Verwerthung
seines Monopols, ganz so gut wie die wirkliche Grundrente, und
wirkt ebenso bestimmend auf den Bodenpreis wie die letztre.

Wir sprechen hier nicht von Verhältnissen, worin die Grund-
rente, die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Weise
des Grundeigenthums, formell existirt, ohne dass die kapitalistische
Produktionsweise selbst existirte, ohne dass der Pächter selbst ein
industrieller Kapitalist, oder die Art seiner Bewirthschaftung eine
kapitalistische wäre. Dies ist z. B. der Fall in Irland. Der Pächter
ist hier im Durchschnitt ein kleiner Bauer. Was er dem Grund-
eigenthümer als Pacht zahlt, absorbirt oft nicht nur einen Theil
seines Profits, d. h. seiner eignen Mehrarbeit, auf die er als In-
haber seiner eignen Arbeitsinstrumente ein Recht hat, sondern auch
einen Theil des normalen Arbeitslohns, den er unter andren Ver-
hältnissen für dieselbe Arbeitsmenge erhalten würde. Ausserdem
expropriirt ihn der Grundeigenthümer, der hier durchaus nichts
thut für die Verbesserung des Bodens, von seinem kleinen Kapital,
das er grösstentheils durch eigne Arbeit dem Boden einverleibt,
ganz wie ein Wucherer unter ähnlichen Verhältnissen thun würde.
Nur dass der Wucherer wenigstens sein eignes Kapital bei der
Operation riskirt. Es bildet diese fortwährende Beraubung den
Gegenstand des Zwists über die irische Landgesetzgebung, die
wesentlich darauf hinauskommt, dass der Grundeigenthümer, der
dem Pächter aufkündigt, gezwungen werden soll, diesen zu ent-
schädigen für die von ihm angebrachten Bodenverbesserungen oder
das dem Boden einverleibte Kapital. Palmerston pflegte hierauf
cynisch zu antworten: „Das Haus der Gemeinen ist ein Haus von
Grundeigenthümern.“

Wir sprechen auch nicht von den ausnahmsweisen Verhältnissen,
worin selbst in Ländern kapitalistischer Produktion der Grundeigen-
thümer hohes Pachtgeld erpressen kann, das in gar keinem Zu-
sammenhang mit dem Produkt des Bodens steht, wie z. B. in den
englischen Industriebezirken die Verpachtung kleiner Bodenfetzen
an Fabrikarbeiter, sei es für kleine Gärten, sei es für dilettantischen
Ackerbau in Nebenstunden. (Reports of Inspectors of Factories.)

Wir sprechen von der Ackerbaurente in Ländern entwickelter
kapitalistischer Produktion. Unter den englischen Pächtern z. B.
befindet sich eine Anzahl kleiner Kapitalisten, die durch Erziehung,

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[165/0174] anheimzufallen, in der Form von Pachtgeld an den Grundeigen- thümer gezahlt wird. Oekonomisch gesprochen, bildet weder der eine noch der andre Theil Grundrente: aber praktisch bildet er Einnahme des Grundeigenthümers, eine ökonomische Verwerthung seines Monopols, ganz so gut wie die wirkliche Grundrente, und wirkt ebenso bestimmend auf den Bodenpreis wie die letztre. Wir sprechen hier nicht von Verhältnissen, worin die Grund- rente, die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechende Weise des Grundeigenthums, formell existirt, ohne dass die kapitalistische Produktionsweise selbst existirte, ohne dass der Pächter selbst ein industrieller Kapitalist, oder die Art seiner Bewirthschaftung eine kapitalistische wäre. Dies ist z. B. der Fall in Irland. Der Pächter ist hier im Durchschnitt ein kleiner Bauer. Was er dem Grund- eigenthümer als Pacht zahlt, absorbirt oft nicht nur einen Theil seines Profits, d. h. seiner eignen Mehrarbeit, auf die er als In- haber seiner eignen Arbeitsinstrumente ein Recht hat, sondern auch einen Theil des normalen Arbeitslohns, den er unter andren Ver- hältnissen für dieselbe Arbeitsmenge erhalten würde. Ausserdem expropriirt ihn der Grundeigenthümer, der hier durchaus nichts thut für die Verbesserung des Bodens, von seinem kleinen Kapital, das er grösstentheils durch eigne Arbeit dem Boden einverleibt, ganz wie ein Wucherer unter ähnlichen Verhältnissen thun würde. Nur dass der Wucherer wenigstens sein eignes Kapital bei der Operation riskirt. Es bildet diese fortwährende Beraubung den Gegenstand des Zwists über die irische Landgesetzgebung, die wesentlich darauf hinauskommt, dass der Grundeigenthümer, der dem Pächter aufkündigt, gezwungen werden soll, diesen zu ent- schädigen für die von ihm angebrachten Bodenverbesserungen oder das dem Boden einverleibte Kapital. Palmerston pflegte hierauf cynisch zu antworten: „Das Haus der Gemeinen ist ein Haus von Grundeigenthümern.“ Wir sprechen auch nicht von den ausnahmsweisen Verhältnissen, worin selbst in Ländern kapitalistischer Produktion der Grundeigen- thümer hohes Pachtgeld erpressen kann, das in gar keinem Zu- sammenhang mit dem Produkt des Bodens steht, wie z. B. in den englischen Industriebezirken die Verpachtung kleiner Bodenfetzen an Fabrikarbeiter, sei es für kleine Gärten, sei es für dilettantischen Ackerbau in Nebenstunden. (Reports of Inspectors of Factories.) Wir sprechen von der Ackerbaurente in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion. Unter den englischen Pächtern z. B. befindet sich eine Anzahl kleiner Kapitalisten, die durch Erziehung,

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/174>, abgerufen am 06.05.2024.