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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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vor dem geheimen Komite der Lords, C. D. 1848, printed 1857,
No. 219.)

Es ist bereits bei Betrachtung des zinstragenden Kapitals dar-
gestellt worden, dass der Durchschnittszins für eine längere Reihe
von Jahren, bei sonst gleichbleibenden Umständen, bestimmt wird
durch die Durchschnittsrate des Profits; nicht des Unternehmer-
gewinns, der selbst nichts ist als der Profit minus den Zins.

Dass auch für die Variationen des kommerciellen Zinses -- des
Zinses, der für Diskontirungen und Anleihen innerhalb des Kreises
der Handelswelt von den Geldverleihern berechnet wird -- im
Verlauf des industriellen Cyklus eine Phase eintritt, wo der Zinsfuss
sein Minimum übersteigt und die mittlere Durchschnittshöhe er-
reicht (die er dann später überschreitet), und wo diese Bewegung
Folge des Steigens des Profits ist -- auch dies ist bereits erwähnt
und wird noch weiter untersucht werden.

Indess ist hier zweierlei zu bemerken:

Erstens: Wenn der Zinsfuss sich für längere Zeit hochhält
(wir sprechen hier vom Zinsfuss in einem gegebnen Land wie
England, wo der mittlere Zinsfuss für längere Zeit gegeben ist, und
sich auch darstellt in dem für Anleihen auf längere Perioden be-
zahlten Zins, was man Privatzins nennen kann), so ist dies prima
facie Beweis, dass während dieser Zeit die Rate des Profits hoch
ist, beweist aber nicht nothwendig, dass die Rate des Unternehmer-
gewinns hoch ist. Dieser letztere Unterschied fällt mehr oder we-
niger weg für Kapitalisten, die vorwiegend mit eignem Kapital
arbeiten; sie realisiren die hohe Rate des Profits, da sie sich den
Zins selbst zahlen. Die Möglichkeit länger dauernden hohen Zins-
fusses -- wir sprechen hier nicht von der Phase der eigentlichen
Klemme -- ist gegeben mit hoher Rate des Profits. Es ist aber
möglich, dass diese hohe Profitrate, nach Abzug der hohen Zins-
rate, nur eine niedrige Rate des Unternehmergewinns übrig lässt.
Diese letztere mag einschrumpfen, während die hohe Profitrate
fortdauert. Es ist dies möglich, weil die einmal in Angriff ge-
nommenen Unternehmungen fortgeführt werden müssen. In dieser
Phase wird stark mit blossem Kreditkapital (fremdem Kapital)
gearbeitet; und die hohe Profitrate kann stellenweise spekulativ,
prospektiv sein. Hohe Zinsrate kann gezahlt werden mit hoher
Profitrate, aber abnehmendem Unternehmergewinn. Sie kann ge-
zahlt werden -- und dies ist z. Th. der Fall in Zeiten der Speku-
lation -- nicht aus dem Profit, sondern aus dem geborgten fremden
Kapital selbst, und dies kann eine Zeit lang fortdauern.


vor dem geheimen Komité der Lords, C. D. 1848, printed 1857,
No. 219.)

Es ist bereits bei Betrachtung des zinstragenden Kapitals dar-
gestellt worden, dass der Durchschnittszins für eine längere Reihe
von Jahren, bei sonst gleichbleibenden Umständen, bestimmt wird
durch die Durchschnittsrate des Profits; nicht des Unternehmer-
gewinns, der selbst nichts ist als der Profit minus den Zins.

Dass auch für die Variationen des kommerciellen Zinses — des
Zinses, der für Diskontirungen und Anleihen innerhalb des Kreises
der Handelswelt von den Geldverleihern berechnet wird — im
Verlauf des industriellen Cyklus eine Phase eintritt, wo der Zinsfuss
sein Minimum übersteigt und die mittlere Durchschnittshöhe er-
reicht (die er dann später überschreitet), und wo diese Bewegung
Folge des Steigens des Profits ist — auch dies ist bereits erwähnt
und wird noch weiter untersucht werden.

Indess ist hier zweierlei zu bemerken:

Erstens: Wenn der Zinsfuss sich für längere Zeit hochhält
(wir sprechen hier vom Zinsfuss in einem gegebnen Land wie
England, wo der mittlere Zinsfuss für längere Zeit gegeben ist, und
sich auch darstellt in dem für Anleihen auf längere Perioden be-
zahlten Zins, was man Privatzins nennen kann), so ist dies prima
facie Beweis, dass während dieser Zeit die Rate des Profits hoch
ist, beweist aber nicht nothwendig, dass die Rate des Unternehmer-
gewinns hoch ist. Dieser letztere Unterschied fällt mehr oder we-
niger weg für Kapitalisten, die vorwiegend mit eignem Kapital
arbeiten; sie realisiren die hohe Rate des Profits, da sie sich den
Zins selbst zahlen. Die Möglichkeit länger dauernden hohen Zins-
fusses — wir sprechen hier nicht von der Phase der eigentlichen
Klemme — ist gegeben mit hoher Rate des Profits. Es ist aber
möglich, dass diese hohe Profitrate, nach Abzug der hohen Zins-
rate, nur eine niedrige Rate des Unternehmergewinns übrig lässt.
Diese letztere mag einschrumpfen, während die hohe Profitrate
fortdauert. Es ist dies möglich, weil die einmal in Angriff ge-
nommenen Unternehmungen fortgeführt werden müssen. In dieser
Phase wird stark mit blossem Kreditkapital (fremdem Kapital)
gearbeitet; und die hohe Profitrate kann stellenweise spekulativ,
prospektiv sein. Hohe Zinsrate kann gezahlt werden mit hoher
Profitrate, aber abnehmendem Unternehmergewinn. Sie kann ge-
zahlt werden — und dies ist z. Th. der Fall in Zeiten der Speku-
lation — nicht aus dem Profit, sondern aus dem geborgten fremden
Kapital selbst, und dies kann eine Zeit lang fortdauern.


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[50/0059] vor dem geheimen Komité der Lords, C. D. 1848, printed 1857, No. 219.) Es ist bereits bei Betrachtung des zinstragenden Kapitals dar- gestellt worden, dass der Durchschnittszins für eine längere Reihe von Jahren, bei sonst gleichbleibenden Umständen, bestimmt wird durch die Durchschnittsrate des Profits; nicht des Unternehmer- gewinns, der selbst nichts ist als der Profit minus den Zins. Dass auch für die Variationen des kommerciellen Zinses — des Zinses, der für Diskontirungen und Anleihen innerhalb des Kreises der Handelswelt von den Geldverleihern berechnet wird — im Verlauf des industriellen Cyklus eine Phase eintritt, wo der Zinsfuss sein Minimum übersteigt und die mittlere Durchschnittshöhe er- reicht (die er dann später überschreitet), und wo diese Bewegung Folge des Steigens des Profits ist — auch dies ist bereits erwähnt und wird noch weiter untersucht werden. Indess ist hier zweierlei zu bemerken: Erstens: Wenn der Zinsfuss sich für längere Zeit hochhält (wir sprechen hier vom Zinsfuss in einem gegebnen Land wie England, wo der mittlere Zinsfuss für längere Zeit gegeben ist, und sich auch darstellt in dem für Anleihen auf längere Perioden be- zahlten Zins, was man Privatzins nennen kann), so ist dies prima facie Beweis, dass während dieser Zeit die Rate des Profits hoch ist, beweist aber nicht nothwendig, dass die Rate des Unternehmer- gewinns hoch ist. Dieser letztere Unterschied fällt mehr oder we- niger weg für Kapitalisten, die vorwiegend mit eignem Kapital arbeiten; sie realisiren die hohe Rate des Profits, da sie sich den Zins selbst zahlen. Die Möglichkeit länger dauernden hohen Zins- fusses — wir sprechen hier nicht von der Phase der eigentlichen Klemme — ist gegeben mit hoher Rate des Profits. Es ist aber möglich, dass diese hohe Profitrate, nach Abzug der hohen Zins- rate, nur eine niedrige Rate des Unternehmergewinns übrig lässt. Diese letztere mag einschrumpfen, während die hohe Profitrate fortdauert. Es ist dies möglich, weil die einmal in Angriff ge- nommenen Unternehmungen fortgeführt werden müssen. In dieser Phase wird stark mit blossem Kreditkapital (fremdem Kapital) gearbeitet; und die hohe Profitrate kann stellenweise spekulativ, prospektiv sein. Hohe Zinsrate kann gezahlt werden mit hoher Profitrate, aber abnehmendem Unternehmergewinn. Sie kann ge- zahlt werden — und dies ist z. Th. der Fall in Zeiten der Speku- lation — nicht aus dem Profit, sondern aus dem geborgten fremden Kapital selbst, und dies kann eine Zeit lang fortdauern.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/59>, abgerufen am 27.04.2024.