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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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tritt auch grösserer Bedarf an Umlaufsmitteln ein, der sich steigert
mit der steigenden Prosperität; den Höhepunkt erreicht die Menge
des Umlaufsmittels in der Periode der Ueberspannung und Ueber-
spekulation -- da bricht die Krise herein und über Nacht sind
die gestern noch so reichlichen Banknoten vom Markt verschwunden,
und mit ihnen die Diskontirer von Wechseln, die Vorschussleister
auf Werthpapiere, die Käufer von Waaren. Die Bank von Eng-
land soll helfen -- aber auch ihre Kräfte sind bald erschöpft, der
Bankakt von 1844 zwingt sie ihre Notencirkulation einzuschränken
grade im Moment, wo alle Welt nach Banknoten schreit, wo die
Waarenbesitzer nicht verkaufen können und doch zahlen sollen
und jedes Opfer zu bringen bereit sind, wenn sie nur Banknoten
erhalten. "Während des Alarms," sagt der obenerwähnte Bankier
Wright l. c. No. 2930, "gebraucht das Land zweimal soviel Cirku-
lation wie in gewöhnlichen Zeiten, weil das Umlaufsmittel von
Bankiers und andern aufgespeichert wird."

Sowie die Krise hereinbricht, handelt es sich nur noch um
Zahlungsmittel. Da aber jeder vom andern abhängig ist für den
Eingang dieser Zahlungsmittel und keiner weiss, ob der andre im-
stand sein wird, am Verfalltag zu zahlen, tritt ein vollständiges
Kirchthurmrennen ein um die im Markt befindlichen Zahlungs-
mittel, d. h. für Banknoten. Jeder schatzt davon auf, so viele er
erhalten kann, und so verschwinden die Noten aus der Cirkulation
am selben Tag, wo man sie am nöthigsten braucht. Samuel Gurney
(C. D. 1848/57, No. 1116) gibt die Zahl der so im Moment des
Schreckens unter Schloss und Riegel gebrachten Banknoten für
Oktober 1847 auf 4--5 Millionen £ an. -- F. E.]

In dieser Beziehung ist besonders interessant das Verhör des
Associes von Gurney, des bereits erwähnten Chapman, vor dem
B. A. von 1857. Ich gebe hier den Hauptinhalt desselben im
Zusammenhang, obwohl auch einige Punkte darin behandelt werden,
die wir erst später untersuchen.

Herr Chapman lässt sich vernehmen wie folgt.

"4963. Ich nehme auch keinen Anstand zu sagen, dass ich
es nicht für in der Ordnung halte, dass der Geldmarkt unter der
Macht eines beliebigen individuellen Kapitalisten stehn sollte, (wie
es in London deren gibt), der einen ungeheuren Geldmangel und
eine Klemme erzeugen kann, wenn die Cirkulation grade sehr
niedrig steht. . . . Das ist möglich ... es gibt mehr als einen
Kapitalisten, der aus dem Cirkulationsmittel 1 oder 2 Mill. £ Noten
herausnehmen kann, wenn er einen Zweck dadurch erreicht." 4995.

tritt auch grösserer Bedarf an Umlaufsmitteln ein, der sich steigert
mit der steigenden Prosperität; den Höhepunkt erreicht die Menge
des Umlaufsmittels in der Periode der Ueberspannung und Ueber-
spekulation — da bricht die Krise herein und über Nacht sind
die gestern noch so reichlichen Banknoten vom Markt verschwunden,
und mit ihnen die Diskontirer von Wechseln, die Vorschussleister
auf Werthpapiere, die Käufer von Waaren. Die Bank von Eng-
land soll helfen — aber auch ihre Kräfte sind bald erschöpft, der
Bankakt von 1844 zwingt sie ihre Notencirkulation einzuschränken
grade im Moment, wo alle Welt nach Banknoten schreit, wo die
Waarenbesitzer nicht verkaufen können und doch zahlen sollen
und jedes Opfer zu bringen bereit sind, wenn sie nur Banknoten
erhalten. „Während des Alarms,“ sagt der obenerwähnte Bankier
Wright l. c. No. 2930, „gebraucht das Land zweimal soviel Cirku-
lation wie in gewöhnlichen Zeiten, weil das Umlaufsmittel von
Bankiers und andern aufgespeichert wird.“

Sowie die Krise hereinbricht, handelt es sich nur noch um
Zahlungsmittel. Da aber jeder vom andern abhängig ist für den
Eingang dieser Zahlungsmittel und keiner weiss, ob der andre im-
stand sein wird, am Verfalltag zu zahlen, tritt ein vollständiges
Kirchthurmrennen ein um die im Markt befindlichen Zahlungs-
mittel, d. h. für Banknoten. Jeder schatzt davon auf, so viele er
erhalten kann, und so verschwinden die Noten aus der Cirkulation
am selben Tag, wo man sie am nöthigsten braucht. Samuel Gurney
(C. D. 1848/57, No. 1116) gibt die Zahl der so im Moment des
Schreckens unter Schloss und Riegel gebrachten Banknoten für
Oktober 1847 auf 4—5 Millionen £ an. — F. E.]

In dieser Beziehung ist besonders interessant das Verhör des
Associés von Gurney, des bereits erwähnten Chapman, vor dem
B. A. von 1857. Ich gebe hier den Hauptinhalt desselben im
Zusammenhang, obwohl auch einige Punkte darin behandelt werden,
die wir erst später untersuchen.

Herr Chapman lässt sich vernehmen wie folgt.

„4963. Ich nehme auch keinen Anstand zu sagen, dass ich
es nicht für in der Ordnung halte, dass der Geldmarkt unter der
Macht eines beliebigen individuellen Kapitalisten stehn sollte, (wie
es in London deren gibt), der einen ungeheuren Geldmangel und
eine Klemme erzeugen kann, wenn die Cirkulation grade sehr
niedrig steht. . . . Das ist möglich … es gibt mehr als einen
Kapitalisten, der aus dem Cirkulationsmittel 1 oder 2 Mill. £ Noten
herausnehmen kann, wenn er einen Zweck dadurch erreicht.“ 4995.

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[66/0075] tritt auch grösserer Bedarf an Umlaufsmitteln ein, der sich steigert mit der steigenden Prosperität; den Höhepunkt erreicht die Menge des Umlaufsmittels in der Periode der Ueberspannung und Ueber- spekulation — da bricht die Krise herein und über Nacht sind die gestern noch so reichlichen Banknoten vom Markt verschwunden, und mit ihnen die Diskontirer von Wechseln, die Vorschussleister auf Werthpapiere, die Käufer von Waaren. Die Bank von Eng- land soll helfen — aber auch ihre Kräfte sind bald erschöpft, der Bankakt von 1844 zwingt sie ihre Notencirkulation einzuschränken grade im Moment, wo alle Welt nach Banknoten schreit, wo die Waarenbesitzer nicht verkaufen können und doch zahlen sollen und jedes Opfer zu bringen bereit sind, wenn sie nur Banknoten erhalten. „Während des Alarms,“ sagt der obenerwähnte Bankier Wright l. c. No. 2930, „gebraucht das Land zweimal soviel Cirku- lation wie in gewöhnlichen Zeiten, weil das Umlaufsmittel von Bankiers und andern aufgespeichert wird.“ Sowie die Krise hereinbricht, handelt es sich nur noch um Zahlungsmittel. Da aber jeder vom andern abhängig ist für den Eingang dieser Zahlungsmittel und keiner weiss, ob der andre im- stand sein wird, am Verfalltag zu zahlen, tritt ein vollständiges Kirchthurmrennen ein um die im Markt befindlichen Zahlungs- mittel, d. h. für Banknoten. Jeder schatzt davon auf, so viele er erhalten kann, und so verschwinden die Noten aus der Cirkulation am selben Tag, wo man sie am nöthigsten braucht. Samuel Gurney (C. D. 1848/57, No. 1116) gibt die Zahl der so im Moment des Schreckens unter Schloss und Riegel gebrachten Banknoten für Oktober 1847 auf 4—5 Millionen £ an. — F. E.] In dieser Beziehung ist besonders interessant das Verhör des Associés von Gurney, des bereits erwähnten Chapman, vor dem B. A. von 1857. Ich gebe hier den Hauptinhalt desselben im Zusammenhang, obwohl auch einige Punkte darin behandelt werden, die wir erst später untersuchen. Herr Chapman lässt sich vernehmen wie folgt. „4963. Ich nehme auch keinen Anstand zu sagen, dass ich es nicht für in der Ordnung halte, dass der Geldmarkt unter der Macht eines beliebigen individuellen Kapitalisten stehn sollte, (wie es in London deren gibt), der einen ungeheuren Geldmangel und eine Klemme erzeugen kann, wenn die Cirkulation grade sehr niedrig steht. . . . Das ist möglich … es gibt mehr als einen Kapitalisten, der aus dem Cirkulationsmittel 1 oder 2 Mill. £ Noten herausnehmen kann, wenn er einen Zweck dadurch erreicht.“ 4995.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/75>, abgerufen am 27.04.2024.