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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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gab, ließ er Selim Agha rufen, der die Gefangenen
bringen mußte."

"Wie ist es mit dem Zoll und der Strafe?"

"Er hat uns alles erlassen, aber das Pulver und
Blei erhielten wir nicht zurück. Emir, sage uns, wie wir
dir danken sollen!"

"Kennst du den Nezanum von Spandareh?"

"O, sehr gut! Seine Tochter ist das Weib unseres
Bey, und er kommt sehr oft nach Gumri, um beide zu
besuchen."

"Er ist auch mein Freund. Ich war bis heute früh
bei ihm, und er bat mich, den Bey zu besuchen, wenn ich
nach Gumri komme."

"Komm, Herr, komm zu uns. Dein Empfang soll besser
sein, als wenn der Mutesselim oder der Mutessarif käme!"

"Ich werde vielleicht kommen; aber bis dahin dürften
wohl noch einige Tage vergehen. Der Nezanum hat mir
ein Paket übergeben, welches ich dem Bey überreichen
sollte. Es darf nicht lange hier liegen bleiben, und darum
bitte ich euch, es mit nach Gumri zu nehmen. Grüßt
mir den Bey und sagt ihm, daß ich sein Freund sei und
ihm alles Glück und Gute wünsche!"

"Das ist die Botschaft, die du uns aufzutragen hast?"

"Ja."

"Es ist zu wenig, Herr!"

"Vielleicht könnt ihr mir später eine Liebe erweisen."

"Wir thun es. Komm nur und befiehl, was du von
uns wünschest!"

"Würdet ihr einem Freunde von mir Schutz ge-
währen, wenn er von dem Mutesselim verfolgt wird und
sich zu euch flüchtet?"

"Der Kommandant würde ihn nie zu sehen be-
kommen!"

gab, ließ er Selim Agha rufen, der die Gefangenen
bringen mußte.“

„Wie iſt es mit dem Zoll und der Strafe?“

„Er hat uns alles erlaſſen, aber das Pulver und
Blei erhielten wir nicht zurück. Emir, ſage uns, wie wir
dir danken ſollen!“

„Kennſt du den Nezanum von Spandareh?“

„O, ſehr gut! Seine Tochter iſt das Weib unſeres
Bey, und er kommt ſehr oft nach Gumri, um beide zu
beſuchen.“

„Er iſt auch mein Freund. Ich war bis heute früh
bei ihm, und er bat mich, den Bey zu beſuchen, wenn ich
nach Gumri komme.“

„Komm, Herr, komm zu uns. Dein Empfang ſoll beſſer
ſein, als wenn der Muteſſelim oder der Muteſſarif käme!“

„Ich werde vielleicht kommen; aber bis dahin dürften
wohl noch einige Tage vergehen. Der Nezanum hat mir
ein Paket übergeben, welches ich dem Bey überreichen
ſollte. Es darf nicht lange hier liegen bleiben, und darum
bitte ich euch, es mit nach Gumri zu nehmen. Grüßt
mir den Bey und ſagt ihm, daß ich ſein Freund ſei und
ihm alles Glück und Gute wünſche!“

„Das iſt die Botſchaft, die du uns aufzutragen haſt?“

„Ja.“

„Es iſt zu wenig, Herr!“

„Vielleicht könnt ihr mir ſpäter eine Liebe erweiſen.“

„Wir thun es. Komm nur und befiehl, was du von
uns wünſcheſt!“

„Würdet ihr einem Freunde von mir Schutz ge-
währen, wenn er von dem Muteſſelim verfolgt wird und
ſich zu euch flüchtet?“

„Der Kommandant würde ihn nie zu ſehen be-
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[215/0229] gab, ließ er Selim Agha rufen, der die Gefangenen bringen mußte.“ „Wie iſt es mit dem Zoll und der Strafe?“ „Er hat uns alles erlaſſen, aber das Pulver und Blei erhielten wir nicht zurück. Emir, ſage uns, wie wir dir danken ſollen!“ „Kennſt du den Nezanum von Spandareh?“ „O, ſehr gut! Seine Tochter iſt das Weib unſeres Bey, und er kommt ſehr oft nach Gumri, um beide zu beſuchen.“ „Er iſt auch mein Freund. Ich war bis heute früh bei ihm, und er bat mich, den Bey zu beſuchen, wenn ich nach Gumri komme.“ „Komm, Herr, komm zu uns. Dein Empfang ſoll beſſer ſein, als wenn der Muteſſelim oder der Muteſſarif käme!“ „Ich werde vielleicht kommen; aber bis dahin dürften wohl noch einige Tage vergehen. Der Nezanum hat mir ein Paket übergeben, welches ich dem Bey überreichen ſollte. Es darf nicht lange hier liegen bleiben, und darum bitte ich euch, es mit nach Gumri zu nehmen. Grüßt mir den Bey und ſagt ihm, daß ich ſein Freund ſei und ihm alles Glück und Gute wünſche!“ „Das iſt die Botſchaft, die du uns aufzutragen haſt?“ „Ja.“ „Es iſt zu wenig, Herr!“ „Vielleicht könnt ihr mir ſpäter eine Liebe erweiſen.“ „Wir thun es. Komm nur und befiehl, was du von uns wünſcheſt!“ „Würdet ihr einem Freunde von mir Schutz ge- währen, wenn er von dem Muteſſelim verfolgt wird und ſich zu euch flüchtet?“ „Der Kommandant würde ihn nie zu ſehen be- kommen!“

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/229>, abgerufen am 05.05.2024.