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Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881.

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A. Mayer:
auf dem Gebiete der Wissenschaft nicht zusammenfällt. Jhre
Heilung wäre größtentheils möglich, dadurch daß sich die Uni-
versitäten über eine gewisse Arbeitstheilung unter einander
verständigten. -- Nun zu den schwerwiegenden Mißständen,
welche in Folge der Concurrenz der Einzeluniversitäten mit
einander aufzutreten pflegen. Jm Hinblick auf das Wirth-
schaftsleben ist in der Regel die öffentliche Meinung, beeinflußt
von der bis dahin herrschenden Richtung liberalistischer Oeko-
nomie, voll des Lobes für die segensreiche Wirkung einer
möglichst ausgebreiteten Concurrenz. Erst diese bringt Leben
in die Sache. Nur durch sie ist es möglich, daß der Käufer
stets die preiswürdigste Waare ermittelt, und die Preise über-
haupt sich auf die naturgemäße Höhe einstellen.

Freilich übersieht man dabei durch die Oberflächlichkeit,
welche jedem Optimismus eigen ist, daß diese selbe Concurrenz
häufig, ja in manchen Geschäftsbranchen regelmäßig (nämlich
überall wo das Publikum nicht die erforderliche Waarenkennt-
niß besitzt), die Preise unter die Produktionskosten herabdrückt,
so daß nur noch verfälschte Waaren mit Vortheil verkauft
werden können, wodurch natürlich, abgesehen von der mora-
lischen Schädigung des Produzentenstandes der Gesammt-
vortheil ein illusorischer werden kann. Man läßt gleichzeitig
mit derselben Nachlässigkeit unbeachtet, daß die "falschen Ge-
schäftsunkosten" in Folge der Concurrenz ganz ungeheuerliche
zu werden pflegen. Zum Beleg hierfür sei nur erinnert an
das einzige Wort: Reklame.

Allein wenn auch von dem allgemeinen Standpunkte der
Oekonomie eines ganzen Volkes einige Vorzüge zu Gunsten
einer unbeschränkten Concurrenz übrig bleiben -- für die
egoistische Privatwirthschaft bleiben diese Vorzüge ja ohnehin
unbestritten -- so wird eine solche von dem großartigeren Stand-


A. Mayer:
auf dem Gebiete der Wiſſenſchaft nicht zuſammenfällt. Jhre
Heilung wäre größtentheils möglich, dadurch daß ſich die Uni-
verſitäten über eine gewiſſe Arbeitstheilung unter einander
verſtändigten. — Nun zu den ſchwerwiegenden Mißſtänden,
welche in Folge der Concurrenz der Einzeluniverſitäten mit
einander aufzutreten pflegen. Jm Hinblick auf das Wirth-
ſchaftsleben iſt in der Regel die öffentliche Meinung, beeinflußt
von der bis dahin herrſchenden Richtung liberaliſtiſcher Oeko-
nomie, voll des Lobes für die ſegensreiche Wirkung einer
möglichſt ausgebreiteten Concurrenz. Erſt dieſe bringt Leben
in die Sache. Nur durch ſie iſt es möglich, daß der Käufer
ſtets die preiswürdigſte Waare ermittelt, und die Preiſe über-
haupt ſich auf die naturgemäße Höhe einſtellen.

Freilich überſieht man dabei durch die Oberflächlichkeit,
welche jedem Optimismus eigen iſt, daß dieſe ſelbe Concurrenz
häufig, ja in manchen Geſchäftsbranchen regelmäßig (nämlich
überall wo das Publikum nicht die erforderliche Waarenkennt-
niß beſitzt), die Preiſe unter die Produktionskoſten herabdrückt,
ſo daß nur noch verfälſchte Waaren mit Vortheil verkauft
werden können, wodurch natürlich, abgeſehen von der mora-
liſchen Schädigung des Produzentenſtandes der Geſammt-
vortheil ein illuſoriſcher werden kann. Man läßt gleichzeitig
mit derſelben Nachläſſigkeit unbeachtet, daß die „falſchen Ge-
ſchäftsunkoſten‟ in Folge der Concurrenz ganz ungeheuerliche
zu werden pflegen. Zum Beleg hierfür ſei nur erinnert an
das einzige Wort: Reklame.

Allein wenn auch von dem allgemeinen Standpunkte der
Oekonomie eines ganzen Volkes einige Vorzüge zu Gunſten
einer unbeſchränkten Concurrenz übrig bleiben — für die
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[182 [22]/0024] A. Mayer: auf dem Gebiete der Wiſſenſchaft nicht zuſammenfällt. Jhre Heilung wäre größtentheils möglich, dadurch daß ſich die Uni- verſitäten über eine gewiſſe Arbeitstheilung unter einander verſtändigten. — Nun zu den ſchwerwiegenden Mißſtänden, welche in Folge der Concurrenz der Einzeluniverſitäten mit einander aufzutreten pflegen. Jm Hinblick auf das Wirth- ſchaftsleben iſt in der Regel die öffentliche Meinung, beeinflußt von der bis dahin herrſchenden Richtung liberaliſtiſcher Oeko- nomie, voll des Lobes für die ſegensreiche Wirkung einer möglichſt ausgebreiteten Concurrenz. Erſt dieſe bringt Leben in die Sache. Nur durch ſie iſt es möglich, daß der Käufer ſtets die preiswürdigſte Waare ermittelt, und die Preiſe über- haupt ſich auf die naturgemäße Höhe einſtellen. Freilich überſieht man dabei durch die Oberflächlichkeit, welche jedem Optimismus eigen iſt, daß dieſe ſelbe Concurrenz häufig, ja in manchen Geſchäftsbranchen regelmäßig (nämlich überall wo das Publikum nicht die erforderliche Waarenkennt- niß beſitzt), die Preiſe unter die Produktionskoſten herabdrückt, ſo daß nur noch verfälſchte Waaren mit Vortheil verkauft werden können, wodurch natürlich, abgeſehen von der mora- liſchen Schädigung des Produzentenſtandes der Geſammt- vortheil ein illuſoriſcher werden kann. Man läßt gleichzeitig mit derſelben Nachläſſigkeit unbeachtet, daß die „falſchen Ge- ſchäftsunkoſten‟ in Folge der Concurrenz ganz ungeheuerliche zu werden pflegen. Zum Beleg hierfür ſei nur erinnert an das einzige Wort: Reklame. Allein wenn auch von dem allgemeinen Standpunkte der Oekonomie eines ganzen Volkes einige Vorzüge zu Gunſten einer unbeſchränkten Concurrenz übrig bleiben — für die egoiſtiſche Privatwirthſchaft bleiben dieſe Vorzüge ja ohnehin unbeſtritten — ſo wird eine ſolche von dem großartigeren Stand-

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Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt. In: Sammlung von Vorträgen für das deutsche Volk, VI, 7. Heidelberg, 1881, S. 182 [22]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_kapitalismus_1881/24>, abgerufen am 28.04.2024.