Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

an mein Töchterlein gemacht hatte, die nunmehro ganz
allein auf dem Stein saß. "Warumb sie seinen Jägers¬
mann nicht genommen und ob sie sich nit besinnen wölle,
und ihn noch nehmen, oder sonsten bei ihme (dem Amts¬
haubtmann) selbsten in Dienst treten, denn thäte sie die¬
ses nicht, so achte er, daß es ihr leid werden müge."
Worauf sie ihm, wie sie sagete, zur Antwort gegeben:
daß ihr nur eines leid thät, nämblich daß Se. Gestren¬
gen sich so viel vergebliche Mühe umb sie gäbe. So¬
mit wär sie eiligst aufgestanden, und zu mir an den Baum
getreten, wo ich dem Jungen nachsahe, wie er droben
kletterte. Unsere alte Ilse aber sagete, daß er einen
großen Fluch gethan als ihm mein Töchterlein den Rük¬
ken gewendet, und alsobald in das Ellerholz getreten wäre,
so dicht an der Landstraßen hinläuft, und wo die alte
Hexe Lise Kolken auch gestanden.

Hierzwischen ging ich aber mit meinem Töchterlein
auch zur Sehe, und war es wahr, daß die ganze Flotte
von dem Ruden und der Die herüber kam, und gen Wol¬
lin zu steuerte, auch gingen manche Schiffe so nah an
uns fürüber, daß man kunnte die Soldaten darauf ste¬
hen, und die Waffen blitzen sehen. Item höreten wir
die Pferde wiehern, und das Kriegsvolk lachen. Auf eim
ging auch die Trummel und auf einem andern blöke¬
ten Schaafe und Rinder. In währendem Schauen aber
wurden wir flugs einen Rauch von einem Schiff gewahr,
und es folgete ein großer Knall, also daß wir bald auch
die Kugel sahen auf dem Wasserspiegel rennen, so daß

an mein Töchterlein gemacht hatte, die nunmehro ganz
allein auf dem Stein ſaß. „Warumb ſie ſeinen Jägers¬
mann nicht genommen und ob ſie ſich nit beſinnen wölle,
und ihn noch nehmen, oder ſonſten bei ihme (dem Amts¬
haubtmann) ſelbſten in Dienſt treten, denn thäte ſie die¬
ſes nicht, ſo achte er, daß es ihr leid werden müge.“
Worauf ſie ihm, wie ſie ſagete, zur Antwort gegeben:
daß ihr nur eines leid thät, nämblich daß Se. Geſtren¬
gen ſich ſo viel vergebliche Mühe umb ſie gäbe. So¬
mit wär ſie eiligſt aufgeſtanden, und zu mir an den Baum
getreten, wo ich dem Jungen nachſahe, wie er droben
kletterte. Unſere alte Ilſe aber ſagete, daß er einen
großen Fluch gethan als ihm mein Töchterlein den Rük¬
ken gewendet, und alſobald in das Ellerholz getreten wäre,
ſo dicht an der Landſtraßen hinläuft, und wo die alte
Hexe Liſe Kolken auch geſtanden.

Hierzwiſchen ging ich aber mit meinem Töchterlein
auch zur Sehe, und war es wahr, daß die ganze Flotte
von dem Ruden und der Die herüber kam, und gen Wol¬
lin zu ſteuerte, auch gingen manche Schiffe ſo nah an
uns fürüber, daß man kunnte die Soldaten darauf ſte¬
hen, und die Waffen blitzen ſehen. Item höreten wir
die Pferde wiehern, und das Kriegsvolk lachen. Auf eim
ging auch die Trummel und auf einem andern blöke¬
ten Schaafe und Rinder. In währendem Schauen aber
wurden wir flugs einen Rauch von einem Schiff gewahr,
und es folgete ein großer Knall, alſo daß wir bald auch
die Kugel ſahen auf dem Waſſerſpiegel rennen, ſo daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0126" n="110"/>
an mein Töchterlein gemacht hatte, die nunmehro ganz<lb/>
allein auf dem Stein &#x017F;aß. &#x201E;Warumb &#x017F;ie &#x017F;einen Jägers¬<lb/>
mann nicht genommen und ob &#x017F;ie &#x017F;ich nit be&#x017F;innen wölle,<lb/>
und ihn noch nehmen, oder &#x017F;on&#x017F;ten bei ihme (dem Amts¬<lb/>
haubtmann) &#x017F;elb&#x017F;ten in Dien&#x017F;t treten, denn thäte &#x017F;ie die¬<lb/>
&#x017F;es nicht, &#x017F;o achte er, daß es ihr leid werden müge.&#x201C;<lb/>
Worauf &#x017F;ie ihm, wie &#x017F;ie &#x017F;agete, zur Antwort gegeben:<lb/>
daß ihr nur eines leid thät, nämblich daß Se. Ge&#x017F;tren¬<lb/>
gen &#x017F;ich &#x017F;o viel vergebliche Mühe umb &#x017F;ie gäbe. So¬<lb/>
mit wär &#x017F;ie eilig&#x017F;t aufge&#x017F;tanden, und zu mir an den Baum<lb/>
getreten, wo ich dem Jungen nach&#x017F;ahe, wie er droben<lb/>
kletterte. Un&#x017F;ere alte Il&#x017F;e aber &#x017F;agete, daß er einen<lb/>
großen Fluch gethan als ihm mein Töchterlein den Rük¬<lb/>
ken gewendet, und al&#x017F;obald in das Ellerholz getreten wäre,<lb/>
&#x017F;o dicht an der Land&#x017F;traßen hinläuft, und wo die alte<lb/>
Hexe Li&#x017F;e Kolken auch ge&#x017F;tanden.</p><lb/>
        <p>Hierzwi&#x017F;chen ging ich aber mit meinem Töchterlein<lb/>
auch zur Sehe, und war es wahr, daß die ganze Flotte<lb/>
von dem Ruden und der Die herüber kam, und gen Wol¬<lb/>
lin zu &#x017F;teuerte, auch gingen manche Schiffe &#x017F;o nah an<lb/>
uns fürüber, daß man kunnte die Soldaten darauf &#x017F;te¬<lb/>
hen, und die Waffen blitzen &#x017F;ehen. <hi rendition="#aq">Item</hi> höreten wir<lb/>
die Pferde wiehern, und das Kriegsvolk lachen. Auf eim<lb/>
ging auch die Trummel und auf einem andern blöke¬<lb/>
ten Schaafe und Rinder. In währendem Schauen aber<lb/>
wurden wir flugs einen Rauch von einem Schiff gewahr,<lb/>
und es folgete ein großer Knall, al&#x017F;o daß wir bald auch<lb/>
die Kugel &#x017F;ahen auf dem Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;piegel rennen, &#x017F;o daß<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0126] an mein Töchterlein gemacht hatte, die nunmehro ganz allein auf dem Stein ſaß. „Warumb ſie ſeinen Jägers¬ mann nicht genommen und ob ſie ſich nit beſinnen wölle, und ihn noch nehmen, oder ſonſten bei ihme (dem Amts¬ haubtmann) ſelbſten in Dienſt treten, denn thäte ſie die¬ ſes nicht, ſo achte er, daß es ihr leid werden müge.“ Worauf ſie ihm, wie ſie ſagete, zur Antwort gegeben: daß ihr nur eines leid thät, nämblich daß Se. Geſtren¬ gen ſich ſo viel vergebliche Mühe umb ſie gäbe. So¬ mit wär ſie eiligſt aufgeſtanden, und zu mir an den Baum getreten, wo ich dem Jungen nachſahe, wie er droben kletterte. Unſere alte Ilſe aber ſagete, daß er einen großen Fluch gethan als ihm mein Töchterlein den Rük¬ ken gewendet, und alſobald in das Ellerholz getreten wäre, ſo dicht an der Landſtraßen hinläuft, und wo die alte Hexe Liſe Kolken auch geſtanden. Hierzwiſchen ging ich aber mit meinem Töchterlein auch zur Sehe, und war es wahr, daß die ganze Flotte von dem Ruden und der Die herüber kam, und gen Wol¬ lin zu ſteuerte, auch gingen manche Schiffe ſo nah an uns fürüber, daß man kunnte die Soldaten darauf ſte¬ hen, und die Waffen blitzen ſehen. Item höreten wir die Pferde wiehern, und das Kriegsvolk lachen. Auf eim ging auch die Trummel und auf einem andern blöke¬ ten Schaafe und Rinder. In währendem Schauen aber wurden wir flugs einen Rauch von einem Schiff gewahr, und es folgete ein großer Knall, alſo daß wir bald auch die Kugel ſahen auf dem Waſſerſpiegel rennen, ſo daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/126
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/126>, abgerufen am 04.05.2024.