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Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.

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CCCLXX. Von einem Jungen Ge-
sellen zu Augspurg.

ZV Augspurg war im Jahr 1531 ein Jun-
ger Gesell/ vngefehr von 24. Jahren/ der ka-
me zu D. Wolffgango Musculo/ bat vmb
Rath/ wie er sein geängstet gewissen stillen
möchte. Die vrsach seiner beschwerung war das/
daß er seinem Herrn/ als er noch ein Knab gewe-
sen/ einen Klompffen Silbers entwendet. Vnd sol-
ches hatt er noch bey einander. Da es noch Papi-
stisch allda gewesen/ da hatten jhm die Meß pfaf-
fen in der Beicht befohlen/ er solt jhnen ein theil/
vnd den Armen der ander theil geben. Er aber hats
nicht gethan/ weil jhn bedaucht/ es wolte jhm an sei-
ner Beschwerung kein linderung bringen. Dem
Herrn schemt er sich solches zuerstatten. Da nun ge-
melter Herr die vrsach seines geängstigen Gewis-
sens verstanden/ hab Musculus jhn dahin ver-
mögt/ daß er seinem Herrn das Silber solt wider ge-
ben/ da er je nit wolt verderben. Er hat auch selbst
mittel vnd weg gesucht/ wie der Jung Gesell das
füglich thun könnte. Also hat er nun jhm gefolget/
vnd es seinem Herrn/ der gar nit wuste daß jm etwz
war entwend worden/ zu gestellet/ der Herr hat jhm
nit allein alles gern verzihen/ sondern auch allen gu-
ten willen versprochen. Da der Herr das sein wider
bekommen/ da ist der Jung Gesell/ (den mann an
Ketten geschlagen/ weil er sich gestellet/ als ob er
tobe) vnd sich vielmals selbst vmbs leben bringen
wöllen wider zu sich selbst kommen/ vnnd hat her-
nacher ein fein ehrlich leben geführet.

D. Wolfg. Musculus in locis Commun.
fol.
112.

Von
CCCLXX. Von einem Jungen Ge-
ſellen zu Augſpurg.

ZV Augſpurg war im Jahr 1531 ein Jun-
ger Geſell/ vngefehr von 24. Jahren/ der ka-
me zu D. Wolffgango Muſculo/ bat vmb
Rath/ wie er ſein geaͤngſtet gewiſſen ſtillen
moͤchte. Die vrſach ſeiner beſchwerung war das/
daß er ſeinem Herꝛn/ als er noch ein Knab gewe-
ſen/ einen Klompffen Silbers entwendet. Vnd ſol-
ches hatt er noch bey einander. Da es noch Papi-
ſtiſch allda geweſen/ da hatten jhm die Meß pfaf-
fen in der Beicht befohlen/ er ſolt jhnen ein theil/
vnd den Armen der ander theil geben. Er aber hats
nicht gethan/ weil jhn bedaucht/ es wolte jhm an ſei-
ner Beſchwerung kein linderung bringen. Dem
Herꝛn ſchemt er ſich ſolches zuerſtatten. Da nun ge-
melter Herꝛ die vrſach ſeines geaͤngſtigen Gewiſ-
ſens verſtanden/ hab Muſculus jhn dahin ver-
moͤgt/ daß er ſeinem Herꝛn das Silber ſolt wider ge-
ben/ da er je nit wolt verderben. Er hat auch ſelbſt
mittel vnd weg geſucht/ wie der Jung Geſell das
fuͤglich thun koͤnnte. Alſo hat er nun jhm gefolget/
vnd es ſeinem Herꝛn/ der gar nit wuſte daß jm etwz
war entwend worden/ zu geſtellet/ der Herꝛ hat jhm
nit allein alles gern verzihẽ/ ſondern auch allen gu-
ten willen verſprochen. Da der Herꝛ das ſein wider
bekommen/ da iſt der Jung Geſell/ (den mann an
Ketten geſchlagen/ weil er ſich geſtellet/ als ob er
tobe) vnd ſich vielmals ſelbſt vmbs leben bringen
woͤllen wider zu ſich ſelbſt kommen/ vnnd hat her-
nacher ein fein ehrlich leben gefuͤhret.

D. Wolfg. Muſculus in locis Commun.
fol.
112.

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[414/0440] CCCLXX. Von einem Jungen Ge- ſellen zu Augſpurg. ZV Augſpurg war im Jahr 1531 ein Jun- ger Geſell/ vngefehr von 24. Jahren/ der ka- me zu D. Wolffgango Muſculo/ bat vmb Rath/ wie er ſein geaͤngſtet gewiſſen ſtillen moͤchte. Die vrſach ſeiner beſchwerung war das/ daß er ſeinem Herꝛn/ als er noch ein Knab gewe- ſen/ einen Klompffen Silbers entwendet. Vnd ſol- ches hatt er noch bey einander. Da es noch Papi- ſtiſch allda geweſen/ da hatten jhm die Meß pfaf- fen in der Beicht befohlen/ er ſolt jhnen ein theil/ vnd den Armen der ander theil geben. Er aber hats nicht gethan/ weil jhn bedaucht/ es wolte jhm an ſei- ner Beſchwerung kein linderung bringen. Dem Herꝛn ſchemt er ſich ſolches zuerſtatten. Da nun ge- melter Herꝛ die vrſach ſeines geaͤngſtigen Gewiſ- ſens verſtanden/ hab Muſculus jhn dahin ver- moͤgt/ daß er ſeinem Herꝛn das Silber ſolt wider ge- ben/ da er je nit wolt verderben. Er hat auch ſelbſt mittel vnd weg geſucht/ wie der Jung Geſell das fuͤglich thun koͤnnte. Alſo hat er nun jhm gefolget/ vnd es ſeinem Herꝛn/ der gar nit wuſte daß jm etwz war entwend worden/ zu geſtellet/ der Herꝛ hat jhm nit allein alles gern verzihẽ/ ſondern auch allen gu- ten willen verſprochen. Da der Herꝛ das ſein wider bekommen/ da iſt der Jung Geſell/ (den mann an Ketten geſchlagen/ weil er ſich geſtellet/ als ob er tobe) vnd ſich vielmals ſelbſt vmbs leben bringen woͤllen wider zu ſich ſelbſt kommen/ vnnd hat her- nacher ein fein ehrlich leben gefuͤhret. D. Wolfg. Muſculus in locis Commun. fol. 112. Von

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Zitationshilfe: Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/440>, abgerufen am 13.05.2024.