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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Ueber das jedem Zeitalter eigenthümliche Geld.
sein und das auf den Metallstücken erscheinende Thier-Bild,
das Symbol dieser Bewerthung *).

Dass das Kupfer, beziehungsweise die Bronze, als das
wichtigste Nutzmetall, das ältere Tauschmittel gewesen, und die
edlen Metalle erst später als Geld in Function traten, ist zum
mindesten ungewiss. Im Osten von Asien, in China, vielleicht
auch in Indien ist die Kupferwährung allerdings zur vollständig-
sten Ausbildung gelangt und ebenso in Central-Italien das Kupfer
zu einer eigenthümlichen Währung entwickelt worden. In den
uralten Culturgebieten des Euphrat und Tigris finden sich da-
gegen nicht einmal Spuren des ehemaligen Bestandes einer
selbstständigen Kupferwährung und in Vorderasien, Aegypten,
in Griechenland, Sicilien und Unter-Italien ist die selbst-
ständige Ausbildung derselben, wo sie überhaupt bestand,
durch die grossartige Entwicklung des Waarenaustausches im
Mittelmeere, welcher mit Kupfer füglich nicht betrieben werden
konnte, aufgehalten worden. Fest steht dagegen, dass alle
Völker, welche durch die äusseren Verhältnisse, unter welchen
sich ihre wirthschaftliche Cultur entwickelte, zur Kupferwährung
geführt wurden, mit den Fortschritten der Culturentwicklung,
zumal aber mit der räumlichen Ausdehnung ihres Waarenver-
kehres von den minder kostbaren Metallen zu den kostbareren,
vom Kupfer und Eisen zum Silber und Golde, und dort, wo die
Silberwährung in Aufnahme kam, zur Goldwährung übergingen,
oder bei ihnen doch die Tendenz hiezu besteht, wenngleich auch
der Uebergang selbst nicht überall thatsächlich erfolgt ist.
Im engen Verkehre einer alten sabinischen Stadt mit der
umliegenden Landschaft und bei der Einfachheit sabinischer
Sitte war, sobald die Viehwährung sich überlebt hatte,
das den praktischen Zwecken der Landleute, wie der Stadtbe-
wohner in gleicher Weise dienliche wichtigste Nutzmetall, das
Kupfer, allerdings diejenige Waare, deren Absatzfähigkeit sich
auf den weitesten Kreis von Personen erstreckte und in quan-
titativer Beziehung die weitesten Grenzen hatte -- in den An-
fängen der Cultur die wichtigsten Erfordernisse des Geldes --
ein Gut überdiess, dessen leichte und kostenlose Conservirung

*) Plut. Thes. 19; Plinius h. n. 18. 3; Schreiber in seinem Taschen-
buche für Gesch. 2. 67 ff. 240 ffg. 3. 401 fgg.

Ueber das jedem Zeitalter eigenthümliche Geld.
sein und das auf den Metallstücken erscheinende Thier-Bild,
das Symbol dieser Bewerthung *).

Dass das Kupfer, beziehungsweise die Bronze, als das
wichtigste Nutzmetall, das ältere Tauschmittel gewesen, und die
edlen Metalle erst später als Geld in Function traten, ist zum
mindesten ungewiss. Im Osten von Asien, in China, vielleicht
auch in Indien ist die Kupferwährung allerdings zur vollständig-
sten Ausbildung gelangt und ebenso in Central-Italien das Kupfer
zu einer eigenthümlichen Währung entwickelt worden. In den
uralten Culturgebieten des Euphrat und Tigris finden sich da-
gegen nicht einmal Spuren des ehemaligen Bestandes einer
selbstständigen Kupferwährung und in Vorderasien, Aegypten,
in Griechenland, Sicilien und Unter-Italien ist die selbst-
ständige Ausbildung derselben, wo sie überhaupt bestand,
durch die grossartige Entwicklung des Waarenaustausches im
Mittelmeere, welcher mit Kupfer füglich nicht betrieben werden
konnte, aufgehalten worden. Fest steht dagegen, dass alle
Völker, welche durch die äusseren Verhältnisse, unter welchen
sich ihre wirthschaftliche Cultur entwickelte, zur Kupferwährung
geführt wurden, mit den Fortschritten der Culturentwicklung,
zumal aber mit der räumlichen Ausdehnung ihres Waarenver-
kehres von den minder kostbaren Metallen zu den kostbareren,
vom Kupfer und Eisen zum Silber und Golde, und dort, wo die
Silberwährung in Aufnahme kam, zur Goldwährung übergingen,
oder bei ihnen doch die Tendenz hiezu besteht, wenngleich auch
der Uebergang selbst nicht überall thatsächlich erfolgt ist.
Im engen Verkehre einer alten sabinischen Stadt mit der
umliegenden Landschaft und bei der Einfachheit sabinischer
Sitte war, sobald die Viehwährung sich überlebt hatte,
das den praktischen Zwecken der Landleute, wie der Stadtbe-
wohner in gleicher Weise dienliche wichtigste Nutzmetall, das
Kupfer, allerdings diejenige Waare, deren Absatzfähigkeit sich
auf den weitesten Kreis von Personen erstreckte und in quan-
titativer Beziehung die weitesten Grenzen hatte — in den An-
fängen der Cultur die wichtigsten Erfordernisse des Geldes —
ein Gut überdiess, dessen leichte und kostenlose Conservirung

*) Plut. Thes. 19; Plinius h. n. 18. 3; Schreiber in seinem Taschen-
buche für Gesch. 2. 67 ff. 240 ffg. 3. 401 fgg.
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[266/0284] Ueber das jedem Zeitalter eigenthümliche Geld. sein und das auf den Metallstücken erscheinende Thier-Bild, das Symbol dieser Bewerthung *). Dass das Kupfer, beziehungsweise die Bronze, als das wichtigste Nutzmetall, das ältere Tauschmittel gewesen, und die edlen Metalle erst später als Geld in Function traten, ist zum mindesten ungewiss. Im Osten von Asien, in China, vielleicht auch in Indien ist die Kupferwährung allerdings zur vollständig- sten Ausbildung gelangt und ebenso in Central-Italien das Kupfer zu einer eigenthümlichen Währung entwickelt worden. In den uralten Culturgebieten des Euphrat und Tigris finden sich da- gegen nicht einmal Spuren des ehemaligen Bestandes einer selbstständigen Kupferwährung und in Vorderasien, Aegypten, in Griechenland, Sicilien und Unter-Italien ist die selbst- ständige Ausbildung derselben, wo sie überhaupt bestand, durch die grossartige Entwicklung des Waarenaustausches im Mittelmeere, welcher mit Kupfer füglich nicht betrieben werden konnte, aufgehalten worden. Fest steht dagegen, dass alle Völker, welche durch die äusseren Verhältnisse, unter welchen sich ihre wirthschaftliche Cultur entwickelte, zur Kupferwährung geführt wurden, mit den Fortschritten der Culturentwicklung, zumal aber mit der räumlichen Ausdehnung ihres Waarenver- kehres von den minder kostbaren Metallen zu den kostbareren, vom Kupfer und Eisen zum Silber und Golde, und dort, wo die Silberwährung in Aufnahme kam, zur Goldwährung übergingen, oder bei ihnen doch die Tendenz hiezu besteht, wenngleich auch der Uebergang selbst nicht überall thatsächlich erfolgt ist. Im engen Verkehre einer alten sabinischen Stadt mit der umliegenden Landschaft und bei der Einfachheit sabinischer Sitte war, sobald die Viehwährung sich überlebt hatte, das den praktischen Zwecken der Landleute, wie der Stadtbe- wohner in gleicher Weise dienliche wichtigste Nutzmetall, das Kupfer, allerdings diejenige Waare, deren Absatzfähigkeit sich auf den weitesten Kreis von Personen erstreckte und in quan- titativer Beziehung die weitesten Grenzen hatte — in den An- fängen der Cultur die wichtigsten Erfordernisse des Geldes — ein Gut überdiess, dessen leichte und kostenlose Conservirung *) Plut. Thes. 19; Plinius h. n. 18. 3; Schreiber in seinem Taschen- buche für Gesch. 2. 67 ff. 240 ffg. 3. 401 fgg.

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/284>, abgerufen am 28.04.2024.