§. 73. Anstriche der Mauerflächen und des Holzwerkes.
a)Kalkweiße und Kalkfarben. Wenn der Abputz einer Mauer trocken geworden ist, wird er mit einem dünnen Kalkwasser vermittelst des Maurerpinsels angestrichen, man nennt dies das Schlemmen der Mauer. Da aber hiervon der Farbenton noch nicht gleichmäßig genug wird, so überstreicht man die geschlemmte Wand nochmals mit Kalkwasser, wozu man aber möglichst weißen Kalk verwendet, um ein besseres Ansehen zu erreichen. Die meiste Kalk- weiße wird mit der Zeit gelb, deshalb mischt man etwas Lackmuß darunter, um ihr einen bläulichen Ton zu geben, welcher sie auch län- ger weißscheinend erhält. Alte schmutzige Wände muß man wohl 3mal, auch wohl noch öfter weißen.
Die Kalkweiße hat einzig und allein das Gute, daß sie in Woh- nungen von Zeit zu Zeit angewendet, alles Ungeziefer tödtet, welches sich in und an den Wänden aufhält; sonst hat sie den Nachtheil, daß sie alle Verzierungen nach und nach dick verschmiert und ihre Formen unkenntlich macht. Nebenbei hat sie eine schreiende für das Auge wi- derlich blendende Farbe.
Aus dieser letzten Ursache ist z. B. im Preußischen das bloße Abweißen| der Häuser nach der Straße zu aus Gesundheitsrück- sichten verboten.
Kommen am Aeußern der Gebäude farbige Anstriche vor, so werden die Farbenstoffe in die Kalkweiße gethan, so lange umgerührt bis die Farben gleichmäßig aufgelöset sind, und dann vollzieht man den Anstrich.
Jn diesem Falle ist es besser die Mauern zwar zu schlemmen, aber nicht zu weißen. Die Kalkweiße bildet eine ganz dünne Kruste, welche leicht abfällt, und durch jede geringe Veranlassung abgestoßen werden kann, wobei die darauf sitzende Färbung mit herunterfallen und weiße Flecken entstehen würden.
Will man aber die Wände mit Leimfarbe malen, so thut man am besten, weder zu schlemmen noch zu weißen, sondern den Abputz entweder mit Milch oder mit einer Auflösung von schwarzer Seife, oder mit einem Alaunwasser zu überziehen.
Will man überhaupt eine Wand färben, und der Abputz daran müßte erst ausgebessert werden, so thut man besser diese Ausbesserung nicht mit Kalkmörtel, sondern mit Lehm vorzunehmen, da der Kalk, wenn er nicht ganz trocken ist, wozu man ihm in der Regel keine Zeit läßt, die bunten Farben ausbleicht, wodurch häßliche Flecken im
§. 73. Anſtriche der Mauerflächen und des Holzwerkes.
a)Kalkweiße und Kalkfarben. Wenn der Abputz einer Mauer trocken geworden iſt, wird er mit einem dünnen Kalkwaſſer vermittelſt des Maurerpinſels angeſtrichen, man nennt dies das Schlemmen der Mauer. Da aber hiervon der Farbenton noch nicht gleichmäßig genug wird, ſo überſtreicht man die geſchlemmte Wand nochmals mit Kalkwaſſer, wozu man aber möglichſt weißen Kalk verwendet, um ein beſſeres Anſehen zu erreichen. Die meiſte Kalk- weiße wird mit der Zeit gelb, deshalb miſcht man etwas Lackmuß darunter, um ihr einen bläulichen Ton zu geben, welcher ſie auch län- ger weißſcheinend erhält. Alte ſchmutzige Wände muß man wohl 3mal, auch wohl noch öfter weißen.
Die Kalkweiße hat einzig und allein das Gute, daß ſie in Woh- nungen von Zeit zu Zeit angewendet, alles Ungeziefer tödtet, welches ſich in und an den Wänden aufhält; ſonſt hat ſie den Nachtheil, daß ſie alle Verzierungen nach und nach dick verſchmiert und ihre Formen unkenntlich macht. Nebenbei hat ſie eine ſchreiende für das Auge wi- derlich blendende Farbe.
Aus dieſer letzten Urſache iſt z. B. im Preußiſchen das bloße Abweißen| der Häuſer nach der Straße zu aus Geſundheitsrück- ſichten verboten.
Kommen am Aeußern der Gebäude farbige Anſtriche vor, ſo werden die Farbenſtoffe in die Kalkweiße gethan, ſo lange umgerührt bis die Farben gleichmäßig aufgelöſet ſind, und dann vollzieht man den Anſtrich.
Jn dieſem Falle iſt es beſſer die Mauern zwar zu ſchlemmen, aber nicht zu weißen. Die Kalkweiße bildet eine ganz dünne Kruſte, welche leicht abfällt, und durch jede geringe Veranlaſſung abgeſtoßen werden kann, wobei die darauf ſitzende Färbung mit herunterfallen und weiße Flecken entſtehen würden.
Will man aber die Wände mit Leimfarbe malen, ſo thut man am beſten, weder zu ſchlemmen noch zu weißen, ſondern den Abputz entweder mit Milch oder mit einer Auflöſung von ſchwarzer Seife, oder mit einem Alaunwaſſer zu überziehen.
Will man überhaupt eine Wand färben, und der Abputz daran müßte erſt ausgebeſſert werden, ſo thut man beſſer dieſe Ausbeſſerung nicht mit Kalkmörtel, ſondern mit Lehm vorzunehmen, da der Kalk, wenn er nicht ganz trocken iſt, wozu man ihm in der Regel keine Zeit läßt, die bunten Farben ausbleicht, wodurch häßliche Flecken im
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§. 73. Anſtriche der Mauerflächen und des Holzwerkes.
a) Kalkweiße und Kalkfarben. Wenn der Abputz einer
Mauer trocken geworden iſt, wird er mit einem dünnen Kalkwaſſer
vermittelſt des Maurerpinſels angeſtrichen, man nennt dies das
Schlemmen der Mauer. Da aber hiervon der Farbenton noch nicht
gleichmäßig genug wird, ſo überſtreicht man die geſchlemmte Wand
nochmals mit Kalkwaſſer, wozu man aber möglichſt weißen Kalk
verwendet, um ein beſſeres Anſehen zu erreichen. Die meiſte Kalk-
weiße wird mit der Zeit gelb, deshalb miſcht man etwas Lackmuß
darunter, um ihr einen bläulichen Ton zu geben, welcher ſie auch län-
ger weißſcheinend erhält. Alte ſchmutzige Wände muß man wohl
3mal, auch wohl noch öfter weißen.
Die Kalkweiße hat einzig und allein das Gute, daß ſie in Woh-
nungen von Zeit zu Zeit angewendet, alles Ungeziefer tödtet, welches
ſich in und an den Wänden aufhält; ſonſt hat ſie den Nachtheil, daß
ſie alle Verzierungen nach und nach dick verſchmiert und ihre Formen
unkenntlich macht. Nebenbei hat ſie eine ſchreiende für das Auge wi-
derlich blendende Farbe.
Aus dieſer letzten Urſache iſt z. B. im Preußiſchen das bloße
Abweißen| der Häuſer nach der Straße zu aus Geſundheitsrück-
ſichten verboten.
Kommen am Aeußern der Gebäude farbige Anſtriche vor, ſo
werden die Farbenſtoffe in die Kalkweiße gethan, ſo lange umgerührt
bis die Farben gleichmäßig aufgelöſet ſind, und dann vollzieht man
den Anſtrich.
Jn dieſem Falle iſt es beſſer die Mauern zwar zu ſchlemmen,
aber nicht zu weißen. Die Kalkweiße bildet eine ganz dünne Kruſte,
welche leicht abfällt, und durch jede geringe Veranlaſſung abgeſtoßen
werden kann, wobei die darauf ſitzende Färbung mit herunterfallen
und weiße Flecken entſtehen würden.
Will man aber die Wände mit Leimfarbe malen, ſo thut man
am beſten, weder zu ſchlemmen noch zu weißen, ſondern den Abputz
entweder mit Milch oder mit einer Auflöſung von ſchwarzer Seife,
oder mit einem Alaunwaſſer zu überziehen.
Will man überhaupt eine Wand färben, und der Abputz daran
müßte erſt ausgebeſſert werden, ſo thut man beſſer dieſe Ausbeſſerung
nicht mit Kalkmörtel, ſondern mit Lehm vorzunehmen, da der Kalk,
wenn er nicht ganz trocken iſt, wozu man ihm in der Regel keine
Zeit läßt, die bunten Farben ausbleicht, wodurch häßliche Flecken im
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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/321>, abgerufen am 17.06.2024.
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