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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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nerischen Herrn zu, während ein muthwilliges Lachen
die Züge des blassen Mädchens plötzlich erhellte.

Jetzt zog der junge Mann gravitätisch den Hut,
verneigte sich tief und begann:

"Euer Diener, Herr Pomp . . . ." hier unterbrach
er sich selbst, als stiege der Gedanke in ihm auf, daß
der Angeredete seinen Namen auf diesem Boden vielleicht
zu verheimlichen wünsche.

"Der Eurige, Herr Waser," versetzte der Kavalier.
"Scheut Euch nicht, den Namen Pompejus Planta
zwischen diesen Bergen herzhaft auszusprechen. Ihr habt
wohl vernommen, daß ich auf Lebenszeit aus Bünden
verbannt, daß ich vogelfrei und vervehmt bin, daß auf
meine lebende Person tausend Florin und auf meinen
Kopf fünfhundert gesetzt sind und was dessen mehr ist.
Ich habe den Wisch zerrissen, den das Thusnerprädi¬
kantengericht mir zuzuschicken sich erfrecht hat. Ihr,
Heinrich, das weiß ich, habt nicht Lust, den Preis zu
verdienen! Setzt Euch zu uns und leert diesen Becher."
Damit bot er ihm eine bis zum Rande mit dunklem
Veltliner gefüllte Trinkschale.

Nachdem der Zürcher einen Augenblick schweigend
in das rothe Naß geschaut, that er Bescheid mit dem
wohlüberlegten Trinkspruche: "Auf den Triumph des
Rechts, auf eine billige Versöhnung der Parteien in

neriſchen Herrn zu, während ein muthwilliges Lachen
die Züge des blaſſen Mädchens plötzlich erhellte.

Jetzt zog der junge Mann gravitätiſch den Hut,
verneigte ſich tief und begann:

„Euer Diener, Herr Pomp . . . .“ hier unterbrach
er ſich ſelbſt, als ſtiege der Gedanke in ihm auf, daß
der Angeredete ſeinen Namen auf dieſem Boden vielleicht
zu verheimlichen wünſche.

„Der Eurige, Herr Waſer,“ verſetzte der Kavalier.
„Scheut Euch nicht, den Namen Pompejus Planta
zwiſchen dieſen Bergen herzhaft auszuſprechen. Ihr habt
wohl vernommen, daß ich auf Lebenszeit aus Bünden
verbannt, daß ich vogelfrei und vervehmt bin, daß auf
meine lebende Perſon tauſend Florin und auf meinen
Kopf fünfhundert geſetzt ſind und was deſſen mehr iſt.
Ich habe den Wiſch zerriſſen, den das Thusnerprädi¬
kantengericht mir zuzuſchicken ſich erfrecht hat. Ihr,
Heinrich, das weiß ich, habt nicht Luſt, den Preis zu
verdienen! Setzt Euch zu uns und leert dieſen Becher.“
Damit bot er ihm eine bis zum Rande mit dunklem
Veltliner gefüllte Trinkſchale.

Nachdem der Zürcher einen Augenblick ſchweigend
in das rothe Naß geſchaut, that er Beſcheid mit dem
wohlüberlegten Trinkſpruche: „Auf den Triumph des
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[8/0018] neriſchen Herrn zu, während ein muthwilliges Lachen die Züge des blaſſen Mädchens plötzlich erhellte. Jetzt zog der junge Mann gravitätiſch den Hut, verneigte ſich tief und begann: „Euer Diener, Herr Pomp . . . .“ hier unterbrach er ſich ſelbſt, als ſtiege der Gedanke in ihm auf, daß der Angeredete ſeinen Namen auf dieſem Boden vielleicht zu verheimlichen wünſche. „Der Eurige, Herr Waſer,“ verſetzte der Kavalier. „Scheut Euch nicht, den Namen Pompejus Planta zwiſchen dieſen Bergen herzhaft auszuſprechen. Ihr habt wohl vernommen, daß ich auf Lebenszeit aus Bünden verbannt, daß ich vogelfrei und vervehmt bin, daß auf meine lebende Perſon tauſend Florin und auf meinen Kopf fünfhundert geſetzt ſind und was deſſen mehr iſt. Ich habe den Wiſch zerriſſen, den das Thusnerprädi¬ kantengericht mir zuzuſchicken ſich erfrecht hat. Ihr, Heinrich, das weiß ich, habt nicht Luſt, den Preis zu verdienen! Setzt Euch zu uns und leert dieſen Becher.“ Damit bot er ihm eine bis zum Rande mit dunklem Veltliner gefüllte Trinkſchale. Nachdem der Zürcher einen Augenblick ſchweigend in das rothe Naß geſchaut, that er Beſcheid mit dem wohlüberlegten Trinkſpruche: „Auf den Triumph des Rechts, auf eine billige Verſöhnung der Parteien in

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/18>, abgerufen am 26.04.2024.