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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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"Ein militärisches Handbuch schreiben, meint
Ihr?" höhnte Wertmüller. "Nicht doch! In der Lage,
die Ihr ihm so kunstvoll bereitet habt, bleibt für
Herzog Rohan nur eines übrig: der Tod auf dem
Schlachtfeld. Ihr begehrt zu wissen, wohin mein Herr
sich wenden wird, wenn er aus Euern Judasarmen
sich losgemacht hat, und ich will Euch nicht belügen
-- entgegen der Sitte, die von Euch hie zu Lande ein¬
geführt wurde.

Ich überbringe ein Schreiben meines edlen Herrn
an den Herzog Bernhard von Weimar, seinen Schwieger¬
sohn, worin er sich zu gemeinem Reiterdienst im deutschen
Heere anbietet. Kann ich Euch etwas an den Herzog
Bernhard ausrichten? Besinn' ich mich recht, so folgtet
auch Ihr einst seiner Fahne. Er wird sich über Euch
wundern. Noch heute reit' ich ab und genieße so auch
meinerseits zum letzten Mal Euern Anblick. Wäre
ich dessen nie theilhaft geworden! Besonders jenes
Mal vor der Festung Fuentes nicht, als Ihr in
gebührenden Ehren einherschrittet . . . schon damals
mit spanischem Gefolge! Manches stünde besser und
Ihr wäret schon längst an Euern richtigen Platz er¬
höht."

"Ihr reizt mich nicht," sagte der Andere finster.
"Ich bin des Blutes satt und an Eurer persönlichen

„Ein militäriſches Handbuch ſchreiben, meint
Ihr?“ höhnte Wertmüller. „Nicht doch! In der Lage,
die Ihr ihm ſo kunſtvoll bereitet habt, bleibt für
Herzog Rohan nur eines übrig: der Tod auf dem
Schlachtfeld. Ihr begehrt zu wiſſen, wohin mein Herr
ſich wenden wird, wenn er aus Euern Judasarmen
ſich losgemacht hat, und ich will Euch nicht belügen
— entgegen der Sitte, die von Euch hie zu Lande ein¬
geführt wurde.

Ich überbringe ein Schreiben meines edlen Herrn
an den Herzog Bernhard von Weimar, ſeinen Schwieger¬
ſohn, worin er ſich zu gemeinem Reiterdienſt im deutſchen
Heere anbietet. Kann ich Euch etwas an den Herzog
Bernhard ausrichten? Beſinn' ich mich recht, ſo folgtet
auch Ihr einſt ſeiner Fahne. Er wird ſich über Euch
wundern. Noch heute reit' ich ab und genieße ſo auch
meinerſeits zum letzten Mal Euern Anblick. Wäre
ich deſſen nie theilhaft geworden! Beſonders jenes
Mal vor der Feſtung Fuentes nicht, als Ihr in
gebührenden Ehren einherſchrittet . . . ſchon damals
mit ſpaniſchem Gefolge! Manches ſtünde beſſer und
Ihr wäret ſchon längſt an Euern richtigen Platz er¬
höht.“

„Ihr reizt mich nicht,“ ſagte der Andere finſter.
„Ich bin des Blutes ſatt und an Eurer perſönlichen

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[324/0334] „Ein militäriſches Handbuch ſchreiben, meint Ihr?“ höhnte Wertmüller. „Nicht doch! In der Lage, die Ihr ihm ſo kunſtvoll bereitet habt, bleibt für Herzog Rohan nur eines übrig: der Tod auf dem Schlachtfeld. Ihr begehrt zu wiſſen, wohin mein Herr ſich wenden wird, wenn er aus Euern Judasarmen ſich losgemacht hat, und ich will Euch nicht belügen — entgegen der Sitte, die von Euch hie zu Lande ein¬ geführt wurde. Ich überbringe ein Schreiben meines edlen Herrn an den Herzog Bernhard von Weimar, ſeinen Schwieger¬ ſohn, worin er ſich zu gemeinem Reiterdienſt im deutſchen Heere anbietet. Kann ich Euch etwas an den Herzog Bernhard ausrichten? Beſinn' ich mich recht, ſo folgtet auch Ihr einſt ſeiner Fahne. Er wird ſich über Euch wundern. Noch heute reit' ich ab und genieße ſo auch meinerſeits zum letzten Mal Euern Anblick. Wäre ich deſſen nie theilhaft geworden! Beſonders jenes Mal vor der Feſtung Fuentes nicht, als Ihr in gebührenden Ehren einherſchrittet . . . ſchon damals mit ſpaniſchem Gefolge! Manches ſtünde beſſer und Ihr wäret ſchon längſt an Euern richtigen Platz er¬ höht.“ „Ihr reizt mich nicht,“ ſagte der Andere finſter. „Ich bin des Blutes ſatt und an Eurer perſönlichen

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/334>, abgerufen am 07.05.2024.