Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Blick auf die sich umschlungen Haltenden und drückte
seine dicke Person, als wollte er sie von seiner Gegenwart
befreien, so rasch er konnte, durch die Masken an der
Thüre in den Saal hinaus, wo die Paare, vom Rasen
der Geigen und Pauken fortgerissen, immer schneller
vorüberwirbelten. Fausch hatte nicht bemerkt, wie ängst¬
lich Lucretia bestrebt war, ihm, Jenatsch mit sich fort¬
ziehend, auf dem Fuße zu folgen.

Schon war es zu spät. Das Zimmer füllte sich
mit einem wilden Maskenhaufen und es war eine Un¬
möglichkeit geworden, den umdrängten Ausgang zu ge¬
winnen. Auch dachte Jenatsch nicht mehr daran. Er
war versunken in die wunderbare, wie von zerstörenden
innern Flammen beleuchtete Schönheit seiner Braut und
führte sie, dem Maskenspiel in der Mitte des Gemaches
Raum gebend, in eine Fensternische. Doch das den
Zug anführende Bärenungeheuer mit den Wappen der
drei Bünde auf der Brust schritt schwerfällig auf ihn
zu, streckte, ihm auf den Leib rückend, die rechte Tatze
aus und begann mit brummender Stimme: "Ich bin
die Respublica der drei Bünde und begehre mit meinem
Helden ein Tänzlein zu thun!"

"Das darf ich nicht ausschlagen, obgleich ich meine
Dame ungern lasse," erwiederte Jenatsch und reichte
der Bärin, den Fuß wie zum Tanze hebend, bereit¬

Blick auf die ſich umſchlungen Haltenden und drückte
ſeine dicke Perſon, als wollte er ſie von ſeiner Gegenwart
befreien, ſo raſch er konnte, durch die Masken an der
Thüre in den Saal hinaus, wo die Paare, vom Raſen
der Geigen und Pauken fortgeriſſen, immer ſchneller
vorüberwirbelten. Fauſch hatte nicht bemerkt, wie ängſt¬
lich Lucretia beſtrebt war, ihm, Jenatſch mit ſich fort¬
ziehend, auf dem Fuße zu folgen.

Schon war es zu ſpät. Das Zimmer füllte ſich
mit einem wilden Maskenhaufen und es war eine Un¬
möglichkeit geworden, den umdrängten Ausgang zu ge¬
winnen. Auch dachte Jenatſch nicht mehr daran. Er
war verſunken in die wunderbare, wie von zerſtörenden
innern Flammen beleuchtete Schönheit ſeiner Braut und
führte ſie, dem Maskenſpiel in der Mitte des Gemaches
Raum gebend, in eine Fenſterniſche. Doch das den
Zug anführende Bärenungeheuer mit den Wappen der
drei Bünde auf der Bruſt ſchritt ſchwerfällig auf ihn
zu, ſtreckte, ihm auf den Leib rückend, die rechte Tatze
aus und begann mit brummender Stimme: „Ich bin
die Respublica der drei Bünde und begehre mit meinem
Helden ein Tänzlein zu thun!“

„Das darf ich nicht ausſchlagen, obgleich ich meine
Dame ungern laſſe,“ erwiederte Jenatſch und reichte
der Bärin, den Fuß wie zum Tanze hebend, bereit¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0414" n="404"/>
Blick auf die &#x017F;ich um&#x017F;chlungen Haltenden und drückte<lb/>
&#x017F;eine dicke Per&#x017F;on, als wollte er &#x017F;ie von &#x017F;einer Gegenwart<lb/>
befreien, &#x017F;o ra&#x017F;ch er konnte, durch die Masken an der<lb/>
Thüre in den Saal hinaus, wo die Paare, vom Ra&#x017F;en<lb/>
der Geigen und Pauken fortgeri&#x017F;&#x017F;en, immer &#x017F;chneller<lb/>
vorüberwirbelten. Fau&#x017F;ch hatte nicht bemerkt, wie äng&#x017F;<lb/>
lich Lucretia be&#x017F;trebt war, ihm, Jenat&#x017F;ch mit &#x017F;ich fort¬<lb/>
ziehend, auf dem Fuße zu folgen.</p><lb/>
          <p>Schon war es zu &#x017F;pät. Das Zimmer füllte &#x017F;ich<lb/>
mit einem wilden Maskenhaufen und es war eine Un¬<lb/>
möglichkeit geworden, den umdrängten Ausgang zu ge¬<lb/>
winnen. Auch dachte Jenat&#x017F;ch nicht mehr daran. Er<lb/>
war ver&#x017F;unken in die wunderbare, wie von zer&#x017F;törenden<lb/>
innern Flammen beleuchtete Schönheit &#x017F;einer Braut und<lb/>
führte &#x017F;ie, dem Masken&#x017F;piel in der Mitte des Gemaches<lb/>
Raum gebend, in eine Fen&#x017F;terni&#x017F;che. Doch das den<lb/>
Zug anführende Bärenungeheuer mit den Wappen der<lb/>
drei Bünde auf der Bru&#x017F;t &#x017F;chritt &#x017F;chwerfällig auf ihn<lb/>
zu, &#x017F;treckte, ihm auf den Leib rückend, die rechte Tatze<lb/>
aus und begann mit brummender Stimme: &#x201E;Ich bin<lb/>
die Respublica der drei Bünde und begehre mit meinem<lb/>
Helden ein Tänzlein zu thun!&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das darf ich nicht aus&#x017F;chlagen, obgleich ich meine<lb/>
Dame ungern la&#x017F;&#x017F;e,&#x201C; erwiederte Jenat&#x017F;ch und reichte<lb/>
der Bärin, den Fuß wie zum Tanze hebend, bereit¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[404/0414] Blick auf die ſich umſchlungen Haltenden und drückte ſeine dicke Perſon, als wollte er ſie von ſeiner Gegenwart befreien, ſo raſch er konnte, durch die Masken an der Thüre in den Saal hinaus, wo die Paare, vom Raſen der Geigen und Pauken fortgeriſſen, immer ſchneller vorüberwirbelten. Fauſch hatte nicht bemerkt, wie ängſt¬ lich Lucretia beſtrebt war, ihm, Jenatſch mit ſich fort¬ ziehend, auf dem Fuße zu folgen. Schon war es zu ſpät. Das Zimmer füllte ſich mit einem wilden Maskenhaufen und es war eine Un¬ möglichkeit geworden, den umdrängten Ausgang zu ge¬ winnen. Auch dachte Jenatſch nicht mehr daran. Er war verſunken in die wunderbare, wie von zerſtörenden innern Flammen beleuchtete Schönheit ſeiner Braut und führte ſie, dem Maskenſpiel in der Mitte des Gemaches Raum gebend, in eine Fenſterniſche. Doch das den Zug anführende Bärenungeheuer mit den Wappen der drei Bünde auf der Bruſt ſchritt ſchwerfällig auf ihn zu, ſtreckte, ihm auf den Leib rückend, die rechte Tatze aus und begann mit brummender Stimme: „Ich bin die Respublica der drei Bünde und begehre mit meinem Helden ein Tänzlein zu thun!“ „Das darf ich nicht ausſchlagen, obgleich ich meine Dame ungern laſſe,“ erwiederte Jenatſch und reichte der Bärin, den Fuß wie zum Tanze hebend, bereit¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/414
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/414>, abgerufen am 06.05.2024.