Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite

hatten sie Rädlein oder Rollen mit Filz überzogen/ das/ wenn man sie anleget/ nicht ein Geräusch machten / sondern sacht hinauff hütscheten. Alle die andern Ende hatten eingebogene Gäbelin mit Eisen belegt/ halb rund/ also das die untersten Ende desto besser in die Obersten konten eingeschoben werden/ und also die Ende der höchsten Leiter auff den untersten ruhen konten/ und sich also wol und feste in einander schliessen. Wann sie so wol das Glük als sonst alle Nothdurfft bej sich gehabt hetten/ were der Anschlag leicht zu Werk gerichtet worden. Sie hatten zur Hand Beiel/ Hämmer/ Zangen/ die ejsern Ketten enzwej zu brechen / die Schlösser auffzusprengen/ grosse Nägel und Riegel die Tohr auffzuhaben. Sie hatten viel Petarden/ nnd wenig Petardirer/ aber das Glüke/ so die gröste Gewalt in solchen Anschlägen hat/ mangelte ihnen/ da sie doch schon mitten in der Statt/ und Meister in den Gassen waren bej zwej Stunden. Brignolet war der erste/ und hielte sich männlicher als weißlich. Denn weil er der erste auff der Mawren war/ ertappete er die Wacht/ er zwang von ihme die Losung/ stürzete ihn Todt über die Mawren herab/ und stellete sich au seine Stelle/ damit er die Ronde auch also empfieng/ wie auch geschach/ als die Ronde ihm die Losung ins Ohre raumen wolte. Der Knabe/ so die Latern trug flohe zu rük/ und erzeigte Wacht in der Corp de garde an/ was seinem Hern widerfahren war/ man achtet es aber gear wenig. Diß geschach zwischen einem und zwejen. Denn sie erwarteten der vierdten Stunde den Angriff zu thun/ damit sie sich desto mehr sterkenkönten/ und auch näherer dem Tage kämen/ dann alle kriegische Anschläge bej Nacht bringen gemeinlich eine confusion oder Vnordnung mit sich. Es hat sich wol in der Stadt niemand Abends schlaffen gelegt in Furcht so zeitlich geweket zu werden/ sondern schlieffen alle ganz sicher. Der Feind hatte eine gute Stunde Zeit hinauffzusteigen/ und auch so lange drinnen zu ruhen / ehe sie irgend ein Widerstand funden. Wenn der Monsieur D'Albignj selber were drinnen gewesen/ die Zeit in acht genommen/ und alles weißlicher angestellet/ als nicht theten der Sonas/ Brignolet und D'Altignac/ so hetten sie wol können sagen/ das die Stadt gewonnen were. Eine halbe Stunde nach Zwejen hörete die Wacht auff der Münzer Thurne ein Geräusch im Graben/ derhalben loß schoß/ die Losung gab/ und lermen machte/ dar auff sich Brignolet ent-

hatten sie Rädlein oder Rollen mit Filz überzogen/ das/ wenn man sie anleget/ nicht ein Geräusch machten / sondern sacht hinauff hütscheten. Alle die andern Ende hatten eingebogene Gäbelin mit Eisen belegt/ halb rund/ also das die untersten Ende desto besser in die Obersten konten eingeschoben werden/ und also die Ende der höchsten Leiter auff den untersten ruhen konten/ und sich also wol und feste in einander schliessen. Wann sie so wol das Glük als sonst alle Nothdurfft bej sich gehabt hetten/ were der Anschlag leicht zu Werk gerichtet worden. Sie hatten zur Hand Beiel/ Hämmer/ Zangen/ die ejsern Ketten enzwej zu brechen / die Schlösser auffzusprengen/ grosse Nägel und Riegel die Tohr auffzuhaben. Sie hatten viel Petarden/ nnd wenig Petardirer/ aber das Glüke/ so die gröste Gewalt in solchen Anschlägen hat/ mangelte ihnen/ da sie doch schon mitten in der Statt/ und Meister in den Gassen waren bej zwej Stunden. Brignolet war der erste/ und hielte sich männlicher als weißlich. Denn weil er der erste auff der Mawren war/ ertappete er die Wacht/ er zwang von ihme die Losung/ stürzete ihn Todt über die Mawren herab/ und stellete sich au seine Stelle/ damit er die Ronde auch also empfieng/ wie auch geschach/ als die Ronde ihm die Losung ins Ohre raumen wolte. Der Knabe/ so die Latern trug flohe zu rük/ und erzeigte Wacht in der Corp de garde an/ was seinem Hern widerfahren war/ man achtet es aber gear wenig. Diß geschach zwischen einem und zwejen. Denn sie erwarteten der vierdten Stunde den Angriff zu thun/ damit sie sich desto mehr sterkenkönten/ und auch näherer dem Tage kämen/ dañ alle kriegische Anschläge bej Nacht bringen gemeinlich eine confusion oder Vnordnung mit sich. Es hat sich wol in der Stadt niemand Abends schlaffen gelegt in Furcht so zeitlich geweket zu werden/ sondern schlieffen alle ganz sicher. Der Feind hatte eine gute Stunde Zeit hinauffzusteigen/ und auch so lange drinnen zu ruhen / ehe sie irgend ein Widerstand funden. Wenn der Monsieur D'Albignj selber were drinnen gewesen/ die Zeit in acht genommen/ und alles weißlicher angestellet/ als nicht theten der Sonas/ Brignolet und D'Altignac/ so hetten sie wol können sagen/ das die Stadt gewonnen were. Eine halbe Stunde nach Zwejen hörete die Wacht auff der Münzer Thurne ein Geräusch im Graben/ derhalben loß schoß/ die Losung gab/ und lermen machte/ dar auff sich Brignolet ent-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0341" n="307"/>
hatten sie Rädlein oder            Rollen mit Filz überzogen/ das/ wenn man sie anleget/ nicht ein Geräusch machten /            sondern sacht hinauff hütscheten. Alle die andern Ende hatten eingebogene Gäbelin mit            Eisen belegt/ halb rund/ also das die untersten Ende desto besser in die Obersten konten            eingeschoben werden/ und also die Ende der höchsten Leiter auff den untersten ruhen            konten/ und sich also wol und feste in einander schliessen. Wann sie so wol das Glük als            sonst alle Nothdurfft bej sich gehabt hetten/ were der Anschlag leicht zu Werk gerichtet            worden. Sie hatten zur Hand Beiel/ Hämmer/ Zangen/ die ejsern Ketten enzwej zu brechen           / die Schlösser auffzusprengen/ grosse Nägel und Riegel die Tohr auffzuhaben. Sie hatten            viel Petarden/ nnd wenig Petardirer/ aber das Glüke/ so die gröste Gewalt in solchen            Anschlägen hat/ mangelte ihnen/ da sie doch schon mitten in der Statt/ und Meister in            den Gassen waren bej zwej Stunden. Brignolet war der erste/ und hielte sich männlicher            als weißlich. Denn weil er der erste auff der Mawren war/ ertappete er die Wacht/ er            zwang von ihme die Losung/ stürzete ihn Todt über die Mawren herab/ und stellete sich au            seine Stelle/ damit er die Ronde auch also empfieng/ wie auch geschach/ als die Ronde            ihm die Losung ins Ohre raumen wolte. Der Knabe/ so die Latern trug flohe zu rük/ und            erzeigte Wacht in der Corp de garde an/ was seinem Hern widerfahren war/ man achtet es            aber gear wenig. Diß geschach zwischen einem und zwejen. Denn sie erwarteten der vierdten            Stunde den Angriff zu thun/ damit sie sich desto mehr sterkenkönten/ und auch näherer            dem Tage kämen/ dan&#x0303; alle kriegische Anschläge bej Nacht bringen gemeinlich eine            confusion oder Vnordnung mit sich. Es hat sich wol in der Stadt niemand Abends schlaffen            gelegt in Furcht so zeitlich geweket zu werden/ sondern schlieffen alle ganz sicher. Der            Feind hatte eine gute Stunde Zeit hinauffzusteigen/ und auch so lange drinnen zu ruhen /            ehe sie irgend ein Widerstand funden. Wenn der Monsieur D'Albignj selber were drinnen            gewesen/ die Zeit in acht genommen/ und alles weißlicher angestellet/ als nicht theten            der Sonas/ Brignolet und D'Altignac/ so hetten sie wol können sagen/ das die Stadt            gewonnen were. Eine halbe Stunde nach Zwejen hörete die Wacht auff der Münzer Thurne ein            Geräusch im Graben/ derhalben loß schoß/ die Losung gab/ und lermen machte/ dar auff            sich Brignolet ent-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0341] hatten sie Rädlein oder Rollen mit Filz überzogen/ das/ wenn man sie anleget/ nicht ein Geräusch machten / sondern sacht hinauff hütscheten. Alle die andern Ende hatten eingebogene Gäbelin mit Eisen belegt/ halb rund/ also das die untersten Ende desto besser in die Obersten konten eingeschoben werden/ und also die Ende der höchsten Leiter auff den untersten ruhen konten/ und sich also wol und feste in einander schliessen. Wann sie so wol das Glük als sonst alle Nothdurfft bej sich gehabt hetten/ were der Anschlag leicht zu Werk gerichtet worden. Sie hatten zur Hand Beiel/ Hämmer/ Zangen/ die ejsern Ketten enzwej zu brechen / die Schlösser auffzusprengen/ grosse Nägel und Riegel die Tohr auffzuhaben. Sie hatten viel Petarden/ nnd wenig Petardirer/ aber das Glüke/ so die gröste Gewalt in solchen Anschlägen hat/ mangelte ihnen/ da sie doch schon mitten in der Statt/ und Meister in den Gassen waren bej zwej Stunden. Brignolet war der erste/ und hielte sich männlicher als weißlich. Denn weil er der erste auff der Mawren war/ ertappete er die Wacht/ er zwang von ihme die Losung/ stürzete ihn Todt über die Mawren herab/ und stellete sich au seine Stelle/ damit er die Ronde auch also empfieng/ wie auch geschach/ als die Ronde ihm die Losung ins Ohre raumen wolte. Der Knabe/ so die Latern trug flohe zu rük/ und erzeigte Wacht in der Corp de garde an/ was seinem Hern widerfahren war/ man achtet es aber gear wenig. Diß geschach zwischen einem und zwejen. Denn sie erwarteten der vierdten Stunde den Angriff zu thun/ damit sie sich desto mehr sterkenkönten/ und auch näherer dem Tage kämen/ dañ alle kriegische Anschläge bej Nacht bringen gemeinlich eine confusion oder Vnordnung mit sich. Es hat sich wol in der Stadt niemand Abends schlaffen gelegt in Furcht so zeitlich geweket zu werden/ sondern schlieffen alle ganz sicher. Der Feind hatte eine gute Stunde Zeit hinauffzusteigen/ und auch so lange drinnen zu ruhen / ehe sie irgend ein Widerstand funden. Wenn der Monsieur D'Albignj selber were drinnen gewesen/ die Zeit in acht genommen/ und alles weißlicher angestellet/ als nicht theten der Sonas/ Brignolet und D'Altignac/ so hetten sie wol können sagen/ das die Stadt gewonnen were. Eine halbe Stunde nach Zwejen hörete die Wacht auff der Münzer Thurne ein Geräusch im Graben/ derhalben loß schoß/ die Losung gab/ und lermen machte/ dar auff sich Brignolet ent-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/341
Zitationshilfe: Meyer, Leonhardt: Theatrum Historicvm [...] Erzehlung der fürnemsten und nuzlichsten Historien und Geschichten. Schaffhausen, 1665, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_theatrum_1665/341>, abgerufen am 28.05.2024.