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Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.

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III. Zündhölzer -- schriftliche Notizen -- Reisetagebuch.
(Säkerhets-Tändstickor). Sie sind ohne Schwefel und Phos-
phor bereitet und entzünden sich nur, wenn sie an einer ge-
wissen Masse gerieben werden, welche auf ihrem Futteral an-
gebracht ist, sonst versetzt sie keinerlei Reibung oder Stoß in
Brand, sie können also ohne Gefahr in den Koffer gepackt
werden, brennen gut, verlöschen auch in Zugluft nicht, schleu-
dern nicht brennenden Phosphor umher und sind den alten
Lances flammigeres weit vorzuziehen.

Jetzt zurück zu den schriftlichen Notizen. Auch Gleich-
giltiges verschiedenster Art schreibe ich nicht selten auf, z. B.
Namen von Personen und Orten etc., weil es oft als Ge-
dächtnißnachhilfe dient für Scenen der Natur oder des Volks-
lebens, die ich mit ihren Einzelheiten in der Erinnerung zu
behalten wünsche, ohne Zeitaufwand aber nicht in Worten
oder Linien zu Papier bringen kann. So z. B. fand ich
einmal, daß Gonzo, der Name des Maulthiers, auf dem ich
von Scarricatojo nach Sorrent geritten, genügte, um mir ein
Stück irdisches Himmelreich und den rauhen, dornenvollen
Weg dahin mit vielen Details in's Gedächtniß zurückzurufen.

Wie ein eigentliches Reisetagebuch zu führen ist,
hängt von Gewohnheiten, Interessen, Anlagen, Bildung, Zeit
und Umständen ab. Wer sich eines gesammelten, stets zah-
lungsfähigen Geistes erfreut, wird seine Stoffe innerlich zu-
recht und in der Form fertig machen, bevor er sie zu Papier
bringt, so daß das Niederschreiben sehr rasch vor sich gehen
kann, ein anders Ausgestatteter erst Entwürfe machen und
mit der Ausarbeitung auf Muße und Stimmung warten.
Auch für solche Schreibereien habe ich (wie für die täglichen
Notizen, nur größer) ein Pack gleichformatiger Blätter, deren
jedes ebenfalls mit Ort und Datum versehen wird. Die
Bezeichnung Tagebuch gebührt dem Ding offenbar nicht, weil
es weder ein Buch ist, noch Tag für Tag fortgeführt wird,
in seinem bisherigen Privatleben bei mir blieb es auch namen-
los; da es nun jedoch die Ehre hat, der Welt vorgestellt zu

III. Zündhölzer — ſchriftliche Notizen — Reiſetagebuch.
(Säkerhets-Tändstickor). Sie ſind ohne Schwefel und Phos-
phor bereitet und entzünden ſich nur, wenn ſie an einer ge-
wiſſen Maſſe gerieben werden, welche auf ihrem Futteral an-
gebracht iſt, ſonſt verſetzt ſie keinerlei Reibung oder Stoß in
Brand, ſie können alſo ohne Gefahr in den Koffer gepackt
werden, brennen gut, verlöſchen auch in Zugluft nicht, ſchleu-
dern nicht brennenden Phosphor umher und ſind den alten
Lances flammigères weit vorzuziehen.

Jetzt zurück zu den ſchriftlichen Notizen. Auch Gleich-
giltiges verſchiedenſter Art ſchreibe ich nicht ſelten auf, z. B.
Namen von Perſonen und Orten ꝛc., weil es oft als Ge-
dächtnißnachhilfe dient für Scenen der Natur oder des Volks-
lebens, die ich mit ihren Einzelheiten in der Erinnerung zu
behalten wünſche, ohne Zeitaufwand aber nicht in Worten
oder Linien zu Papier bringen kann. So z. B. fand ich
einmal, daß Gonzo, der Name des Maulthiers, auf dem ich
von Scarricatojo nach Sorrent geritten, genügte, um mir ein
Stück irdiſches Himmelreich und den rauhen, dornenvollen
Weg dahin mit vielen Details in’s Gedächtniß zurückzurufen.

Wie ein eigentliches Reiſetagebuch zu führen iſt,
hängt von Gewohnheiten, Intereſſen, Anlagen, Bildung, Zeit
und Umſtänden ab. Wer ſich eines geſammelten, ſtets zah-
lungsfähigen Geiſtes erfreut, wird ſeine Stoffe innerlich zu-
recht und in der Form fertig machen, bevor er ſie zu Papier
bringt, ſo daß das Niederſchreiben ſehr raſch vor ſich gehen
kann, ein anders Ausgeſtatteter erſt Entwürfe machen und
mit der Ausarbeitung auf Muße und Stimmung warten.
Auch für ſolche Schreibereien habe ich (wie für die täglichen
Notizen, nur größer) ein Pack gleichformatiger Blätter, deren
jedes ebenfalls mit Ort und Datum verſehen wird. Die
Bezeichnung Tagebuch gebührt dem Ding offenbar nicht, weil
es weder ein Buch iſt, noch Tag für Tag fortgeführt wird,
in ſeinem bisherigen Privatleben bei mir blieb es auch namen-
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[61/0075] III. Zündhölzer — ſchriftliche Notizen — Reiſetagebuch. (Säkerhets-Tändstickor). Sie ſind ohne Schwefel und Phos- phor bereitet und entzünden ſich nur, wenn ſie an einer ge- wiſſen Maſſe gerieben werden, welche auf ihrem Futteral an- gebracht iſt, ſonſt verſetzt ſie keinerlei Reibung oder Stoß in Brand, ſie können alſo ohne Gefahr in den Koffer gepackt werden, brennen gut, verlöſchen auch in Zugluft nicht, ſchleu- dern nicht brennenden Phosphor umher und ſind den alten Lances flammigères weit vorzuziehen. Jetzt zurück zu den ſchriftlichen Notizen. Auch Gleich- giltiges verſchiedenſter Art ſchreibe ich nicht ſelten auf, z. B. Namen von Perſonen und Orten ꝛc., weil es oft als Ge- dächtnißnachhilfe dient für Scenen der Natur oder des Volks- lebens, die ich mit ihren Einzelheiten in der Erinnerung zu behalten wünſche, ohne Zeitaufwand aber nicht in Worten oder Linien zu Papier bringen kann. So z. B. fand ich einmal, daß Gonzo, der Name des Maulthiers, auf dem ich von Scarricatojo nach Sorrent geritten, genügte, um mir ein Stück irdiſches Himmelreich und den rauhen, dornenvollen Weg dahin mit vielen Details in’s Gedächtniß zurückzurufen. Wie ein eigentliches Reiſetagebuch zu führen iſt, hängt von Gewohnheiten, Intereſſen, Anlagen, Bildung, Zeit und Umſtänden ab. Wer ſich eines geſammelten, ſtets zah- lungsfähigen Geiſtes erfreut, wird ſeine Stoffe innerlich zu- recht und in der Form fertig machen, bevor er ſie zu Papier bringt, ſo daß das Niederſchreiben ſehr raſch vor ſich gehen kann, ein anders Ausgeſtatteter erſt Entwürfe machen und mit der Ausarbeitung auf Muße und Stimmung warten. Auch für ſolche Schreibereien habe ich (wie für die täglichen Notizen, nur größer) ein Pack gleichformatiger Blätter, deren jedes ebenfalls mit Ort und Datum verſehen wird. Die Bezeichnung Tagebuch gebührt dem Ding offenbar nicht, weil es weder ein Buch iſt, noch Tag für Tag fortgeführt wird, in ſeinem bisherigen Privatleben bei mir blieb es auch namen- los; da es nun jedoch die Ehre hat, der Welt vorgeſtellt zu

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Zitationshilfe: Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/75>, abgerufen am 28.04.2024.