Veit. Wollen Sie noch eins? Oder wollen Sie ein Bissel warten? Nun, nun; hernach wie- der, trinken Sie indeß ein Glas Wein! Es ist ächter alter Seewein. -- Wie haben Sie denn auf den gestrigen Abend geschlafen? Jch kam heim, ich weiß nicht wie? Und was macht der alte Seilberg? Hat er noch immer sein verdamm- tes Zipperlein? Der gute Kerl steht viel aus; aber er hats in der Jugend auch darnach gemacht. D' Jugendsünden kommen. S' geht mir auch nicht besser. Da heißts: Geduld ist das be- ste Kraut, und ein Gläsel Tockayer. -- Sagen Sie mir doch, weil Sie erst von München her- kommen, wie siehts jetzt da am Hos aus? Stehts um 's Jagdwesen noch recht gut? Zu meiner Zeit wars gar herrlich.
Silberling. Verzeihen Sie! um das Jagd- wesen hab ich mich so genau nicht bekümmert. Aber doch weiß ich, daß es gut ist, und wir ha- ben einen sehr verständigen Oberjägermeister. Sonst ist aber unser Hof einer der brillantesten. Wir haben göttliche Sänger, und ein Orchester, das in allen vier Welttheilen seines gleichen sucht. Unser gnädigster Churfürst ist selbst Maitre auf der Gambe und spielt bezaubernd.
Veit. Wollen Sie noch eins? Oder wollen Sie ein Biſſel warten? Nun, nun; hernach wie- der, trinken Sie indeß ein Glas Wein! Es iſt aͤchter alter Seewein. — Wie haben Sie denn auf den geſtrigen Abend geſchlafen? Jch kam heim, ich weiß nicht wie? Und was macht der alte Seilberg? Hat er noch immer ſein verdamm- tes Zipperlein? Der gute Kerl ſteht viel aus; aber er hats in der Jugend auch darnach gemacht. D’ Jugendſuͤnden kommen. S’ geht mir auch nicht beſſer. Da heißts: Geduld iſt das be- ſte Kraut, und ein Glaͤſel Tockayer. — Sagen Sie mir doch, weil Sie erſt von Muͤnchen her- kommen, wie ſiehts jetzt da am Hoſ aus? Stehts um ’s Jagdweſen noch recht gut? Zu meiner Zeit wars gar herrlich.
Silberling. Verzeihen Sie! um das Jagd- weſen hab ich mich ſo genau nicht bekuͤmmert. Aber doch weiß ich, daß es gut iſt, und wir ha- ben einen ſehr verſtaͤndigen Oberjaͤgermeiſter. Sonſt iſt aber unſer Hof einer der brillanteſten. Wir haben goͤttliche Saͤnger, und ein Orcheſter, das in allen vier Welttheilen ſeines gleichen ſucht. Unſer gnaͤdigſter Churfuͤrſt iſt ſelbſt Maitre auf der Gambe und ſpielt bezaubernd.
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Veit. Wollen Sie noch eins? Oder wollen
Sie ein Biſſel warten? Nun, nun; hernach wie-
der, trinken Sie indeß ein Glas Wein! Es iſt
aͤchter alter Seewein. — Wie haben Sie denn
auf den geſtrigen Abend geſchlafen? Jch kam
heim, ich weiß nicht wie? Und was macht der
alte Seilberg? Hat er noch immer ſein verdamm-
tes Zipperlein? Der gute Kerl ſteht viel aus;
aber er hats in der Jugend auch darnach gemacht.
D’ Jugendſuͤnden kommen. S’ geht mir auch
nicht beſſer. Da heißts: Geduld iſt das be-
ſte Kraut, und ein Glaͤſel Tockayer. — Sagen
Sie mir doch, weil Sie erſt von Muͤnchen her-
kommen, wie ſiehts jetzt da am Hoſ aus? Stehts
um ’s Jagdweſen noch recht gut? Zu meiner Zeit
wars gar herrlich.
Silberling. Verzeihen Sie! um das Jagd-
weſen hab ich mich ſo genau nicht bekuͤmmert.
Aber doch weiß ich, daß es gut iſt, und wir ha-
ben einen ſehr verſtaͤndigen Oberjaͤgermeiſter.
Sonſt iſt aber unſer Hof einer der brillanteſten.
Wir haben goͤttliche Saͤnger, und ein Orcheſter,
das in allen vier Welttheilen ſeines gleichen ſucht.
Unſer gnaͤdigſter Churfuͤrſt iſt ſelbſt Maitre auf
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/272>, abgerufen am 15.05.2024.
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