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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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reden, und sie trösten, und ihr schwören, daß ichs
ehrlich mit ihr meyne! Mein soll sie seyn, wenns
auch die ganze Welt nicht wollte!

Siegwart. Nur behutsam must du drein
gehn, Kronhelm! Es ist besser, wenn dein Va-
ter jetzt noch nichts davon weiß. Und vor mei-
ner Schwägerinn must du dich auch in Acht neh-
men! Du hast letzthin gehört, was sie für An-
merkungen machte.

Kronhelm. Ey, was geht mich die an? --
Aber du hast Recht. Behutsam will ich drein
gehn. Wenn nur Therese mein wird, dann ist
mir alles gleichviel, wie sies wird?

Siegwart besänftigte doch nach und nach
den aufgebrachten, liebevollen Jüngling ziemlich.
Kronhelm, den der unerwartete Sturm stutzig
gemacht, und dann mit ergriffen hatte, daß er
nichts mehr um sich her sah, als seine Liebe und
Theresen; ward nun, als er sich zu Bette gelegt,
und das Licht ausgelöscht hatte, nachdenklich und
am Ende traurig. Je mehr er die Sache kalt
überschaute, desto mehr Hindernisse stellten sich ihm
dar. Die Schwierigkeiten schienen ihm nicht
mehr so leicht zu übersteigen zu seyn, als sie ihm
anfangs geschienen hatten; Er fand zwar seine



reden, und ſie troͤſten, und ihr ſchwoͤren, daß ichs
ehrlich mit ihr meyne! Mein ſoll ſie ſeyn, wenns
auch die ganze Welt nicht wollte!

Siegwart. Nur behutſam muſt du drein
gehn, Kronhelm! Es iſt beſſer, wenn dein Va-
ter jetzt noch nichts davon weiß. Und vor mei-
ner Schwaͤgerinn muſt du dich auch in Acht neh-
men! Du haſt letzthin gehoͤrt, was ſie fuͤr An-
merkungen machte.

Kronhelm. Ey, was geht mich die an? —
Aber du haſt Recht. Behutſam will ich drein
gehn. Wenn nur Thereſe mein wird, dann iſt
mir alles gleichviel, wie ſies wird?

Siegwart beſaͤnftigte doch nach und nach
den aufgebrachten, liebevollen Juͤngling ziemlich.
Kronhelm, den der unerwartete Sturm ſtutzig
gemacht, und dann mit ergriffen hatte, daß er
nichts mehr um ſich her ſah, als ſeine Liebe und
Thereſen; ward nun, als er ſich zu Bette gelegt,
und das Licht ausgeloͤſcht hatte, nachdenklich und
am Ende traurig. Je mehr er die Sache kalt
uͤberſchaute, deſto mehr Hinderniſſe ſtellten ſich ihm
dar. Die Schwierigkeiten ſchienen ihm nicht
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[400/0404] reden, und ſie troͤſten, und ihr ſchwoͤren, daß ichs ehrlich mit ihr meyne! Mein ſoll ſie ſeyn, wenns auch die ganze Welt nicht wollte! Siegwart. Nur behutſam muſt du drein gehn, Kronhelm! Es iſt beſſer, wenn dein Va- ter jetzt noch nichts davon weiß. Und vor mei- ner Schwaͤgerinn muſt du dich auch in Acht neh- men! Du haſt letzthin gehoͤrt, was ſie fuͤr An- merkungen machte. Kronhelm. Ey, was geht mich die an? — Aber du haſt Recht. Behutſam will ich drein gehn. Wenn nur Thereſe mein wird, dann iſt mir alles gleichviel, wie ſies wird? Siegwart beſaͤnftigte doch nach und nach den aufgebrachten, liebevollen Juͤngling ziemlich. Kronhelm, den der unerwartete Sturm ſtutzig gemacht, und dann mit ergriffen hatte, daß er nichts mehr um ſich her ſah, als ſeine Liebe und Thereſen; ward nun, als er ſich zu Bette gelegt, und das Licht ausgeloͤſcht hatte, nachdenklich und am Ende traurig. Je mehr er die Sache kalt uͤberſchaute, deſto mehr Hinderniſſe ſtellten ſich ihm dar. Die Schwierigkeiten ſchienen ihm nicht mehr ſo leicht zu uͤberſteigen zu ſeyn, als ſie ihm anfangs geſchienen hatten; Er fand zwar ſeine

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/404>, abgerufen am 29.04.2024.