Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

Bild:
<< vorherige Seite


als ein geläutertes und mit einem herrlichen Licht-
Glantz durchtingirtes Gold. Die werden leuch-
ten: wie die Sterne am Firmament.
Nicander. Hat mein Herr sonsten etwas beson-
deres in Medicina erlernet und erfahren, davon er
uns etwas zu communiciren beliebete.
Theogenes. Was die Wissenschafften überhaupt
betrifft, als nemlich die Philosophie, Medicin, Me-
chanic &c.
muß man gestehen, daß dieselbe in
Orient nicht so, wie in Europa an vielen Orten,
excoliret werden: doch findet man unter ihnen auch
einige sehr kluge und verständige Männer, in deren
Umgang ein Europäer auch noch wohl etwas gu-
tes zu lernen Gelegenheit finden kan. Die Medicin
ist mehrentheils schlecht. Jn der Jurisprudence hat
man nicht so weitläufftige Chicane als in Europa
bey denen Processen an denen meisten Orten ge-
bräuchlich.
Alamodan. Wird denn der Orten in Orient die
Justitz prompt, und nach der Billigkeit admi-
nistri
ret?
Theogenes. Die Orientalische Völcker sind in
Execution derer Sachen mehrentheils geschwind;
daß es aber allemal der Billigkeit und der Gerech-
tigkeit gemäß ergehen sollte, kan ich eben nicht sa-
gen. Die Vice-Regenten, Cadis oder Richter sind
Menschen, wie in Europa; welche öffters dem
Geitz ziemlich starck ergeben sind; und dahero al-
lerley Plackereyen und Schindereyen ausüben.
Deßwegen aber kan ich sie doch in Vergleich mit
denen Europäern an manchen Orten, eben nicht
viel


als ein gelaͤutertes und mit einem herrlichen Licht-
Glantz durchtingirtes Gold. Die werden leuch-
ten: wie die Sterne am Firmament.
Nicander. Hat mein Herr ſonſten etwas beſon-
deres in Medicina erlernet und erfahren, davon er
uns etwas zu communiciren beliebete.
Theogenes. Was die Wiſſenſchafften uͤberhaupt
betrifft, als nemlich die Philoſophie, Medicin, Me-
chanic &c.
muß man geſtehen, daß dieſelbe in
Orient nicht ſo, wie in Europa an vielen Orten,
excoliret werden: doch findet man unter ihnen auch
einige ſehr kluge und verſtaͤndige Maͤnner, in deren
Umgang ein Europaͤer auch noch wohl etwas gu-
tes zu lernen Gelegenheit finden kan. Die Medicin
iſt mehrentheils ſchlecht. Jn der Jurisprudence hat
man nicht ſo weitlaͤufftige Chicane als in Europa
bey denen Proceſſen an denen meiſten Orten ge-
braͤuchlich.
Alamodan. Wird denn der Orten in Orient die
Juſtitz prompt, und nach der Billigkeit admi-
niſtri
ret?
Theogenes. Die Orientaliſche Voͤlcker ſind in
Execution derer Sachen mehrentheils geſchwind;
daß es aber allemal der Billigkeit und der Gerech-
tigkeit gemaͤß ergehen ſollte, kan ich eben nicht ſa-
gen. Die Vice-Regenten, Cadis oder Richter ſind
Menſchen, wie in Europa; welche oͤffters dem
Geitz ziemlich ſtarck ergeben ſind; und dahero al-
lerley Plackereyen und Schindereyen ausuͤben.
Deßwegen aber kan ich ſie doch in Vergleich mit
denen Europaͤern an manchen Orten, eben nicht
viel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp>
          <p><pb facs="#f0114" n="108"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
als ein gela&#x0364;utertes und mit einem herrlichen Licht-<lb/>
Glantz durchtingirtes Gold. Die werden leuch-<lb/>
ten: wie die Sterne am Firmament.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Nicander.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Hat mein Herr &#x017F;on&#x017F;ten etwas be&#x017F;on-<lb/>
deres in <hi rendition="#aq">Medicina</hi> erlernet und erfahren, davon er<lb/>
uns etwas zu <hi rendition="#aq">communici</hi>ren beliebete.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Theogenes.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Was die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften u&#x0364;berhaupt<lb/>
betrifft, als nemlich die <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie, Medicin, Me-<lb/>
chanic &amp;c.</hi> muß man ge&#x017F;tehen, daß die&#x017F;elbe in<lb/>
Orient nicht &#x017F;o, wie in Europa an vielen Orten,<lb/><hi rendition="#aq">excoli</hi>ret werden: doch findet man unter ihnen auch<lb/>
einige &#x017F;ehr kluge und ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Ma&#x0364;nner, in deren<lb/>
Umgang ein Europa&#x0364;er auch noch wohl etwas gu-<lb/>
tes zu lernen Gelegenheit finden kan. Die <hi rendition="#aq">Medicin</hi><lb/>
i&#x017F;t mehrentheils &#x017F;chlecht. Jn der <hi rendition="#aq">Jurisprudence</hi> hat<lb/>
man nicht &#x017F;o weitla&#x0364;ufftige <hi rendition="#aq">Chicane</hi> als in Europa<lb/>
bey denen Proce&#x017F;&#x017F;en an denen mei&#x017F;ten Orten ge-<lb/>
bra&#x0364;uchlich.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Alamodan.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Wird denn der Orten in Orient die<lb/>
Ju&#x017F;titz prompt, und nach der Billigkeit <hi rendition="#aq">admi-<lb/>
ni&#x017F;tri</hi>ret?</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Theogenes.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Die Orientali&#x017F;che Vo&#x0364;lcker &#x017F;ind in<lb/><hi rendition="#aq">Execution</hi> derer Sachen mehrentheils ge&#x017F;chwind;<lb/>
daß es aber allemal der Billigkeit und der Gerech-<lb/>
tigkeit gema&#x0364;ß ergehen &#x017F;ollte, kan ich eben nicht &#x017F;a-<lb/>
gen. Die <hi rendition="#aq">Vice-</hi>Regenten, <hi rendition="#aq">Cadis</hi> oder Richter &#x017F;ind<lb/>
Men&#x017F;chen, wie in Europa; welche o&#x0364;ffters dem<lb/>
Geitz ziemlich &#x017F;tarck ergeben &#x017F;ind; und dahero al-<lb/>
lerley Plackereyen und Schindereyen ausu&#x0364;ben.<lb/>
Deßwegen aber kan ich &#x017F;ie doch in Vergleich mit<lb/>
denen Europa&#x0364;ern an manchen Orten, eben nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">viel</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0114] als ein gelaͤutertes und mit einem herrlichen Licht- Glantz durchtingirtes Gold. Die werden leuch- ten: wie die Sterne am Firmament. Nicander. Hat mein Herr ſonſten etwas beſon- deres in Medicina erlernet und erfahren, davon er uns etwas zu communiciren beliebete. Theogenes. Was die Wiſſenſchafften uͤberhaupt betrifft, als nemlich die Philoſophie, Medicin, Me- chanic &c. muß man geſtehen, daß dieſelbe in Orient nicht ſo, wie in Europa an vielen Orten, excoliret werden: doch findet man unter ihnen auch einige ſehr kluge und verſtaͤndige Maͤnner, in deren Umgang ein Europaͤer auch noch wohl etwas gu- tes zu lernen Gelegenheit finden kan. Die Medicin iſt mehrentheils ſchlecht. Jn der Jurisprudence hat man nicht ſo weitlaͤufftige Chicane als in Europa bey denen Proceſſen an denen meiſten Orten ge- braͤuchlich. Alamodan. Wird denn der Orten in Orient die Juſtitz prompt, und nach der Billigkeit admi- niſtriret? Theogenes. Die Orientaliſche Voͤlcker ſind in Execution derer Sachen mehrentheils geſchwind; daß es aber allemal der Billigkeit und der Gerech- tigkeit gemaͤß ergehen ſollte, kan ich eben nicht ſa- gen. Die Vice-Regenten, Cadis oder Richter ſind Menſchen, wie in Europa; welche oͤffters dem Geitz ziemlich ſtarck ergeben ſind; und dahero al- lerley Plackereyen und Schindereyen ausuͤben. Deßwegen aber kan ich ſie doch in Vergleich mit denen Europaͤern an manchen Orten, eben nicht viel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/114
Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/114>, abgerufen am 29.04.2024.