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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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ich Eugenien bestimmte, eine der neun Orangen ab¬
gerissen, hm! das Ungeheuer! Somit ist unserem
Spaß geradezu die Spitze abgebrochen und Mar mag
sein Gedicht nur gleich cassiren."

"O nicht doch!" sagte die dringende Dame; "die
Lücke läßt sich leicht ausfüllen, überlaßt es nur mir.
Geht Beide jetzt, erlös't, empfangt den guten Mann,
so freundlich und so schmeichelhaft ihr immer könnt.
Er soll, wenn wir ihn irgend halten können, heut
nicht weiter. Trefft ihr ihn nicht im Garten mehr,
sucht ihn im Wirthshaus auf, und bringet ihn mit
seiner Frau. Ein größeres Geschenk, eine schönere
Ueberraschung für Eugenien hatte der Zufall uns an
diesem Tag nicht machen können."

"Gewiß!" erwiederte Max, "dieß war auch mein
erster Gedanke. Geschwinde, kommen Sie, Papa!
Und" -- sagte er, indem sie eilends nach der Treppe
liefen -- "der Verse wegen seyen Sie ganz ruhig.
Die neunte Muse soll nicht zu kurz kommen; im
Gegentheil, ich werde aus dem Unglück noch beson¬
dern Vortheil ziehen." -- "Das ist unmöglich!" --
"Ganz gewiß." -- "Nun, wenn das ist -- allein
ich nehme dich beim Wort -- so wollen wir dem,
Querkopf alle erdenkliche Ehre erzeigen."

ich Eugenien beſtimmte, eine der neun Orangen ab¬
geriſſen, hm! das Ungeheuer! Somit iſt unſerem
Spaß geradezu die Spitze abgebrochen und Mar mag
ſein Gedicht nur gleich caſſiren.“

„O nicht doch!“ ſagte die dringende Dame; „die
Lücke läßt ſich leicht ausfüllen, überlaßt es nur mir.
Geht Beide jetzt, erlöſ't, empfangt den guten Mann,
ſo freundlich und ſo ſchmeichelhaft ihr immer könnt.
Er ſoll, wenn wir ihn irgend halten können, heut
nicht weiter. Trefft ihr ihn nicht im Garten mehr,
ſucht ihn im Wirthshaus auf, und bringet ihn mit
ſeiner Frau. Ein größeres Geſchenk, eine ſchönere
Ueberraſchung für Eugenien hatte der Zufall uns an
dieſem Tag nicht machen können.“

„Gewiß!“ erwiederte Max, „dieß war auch mein
erſter Gedanke. Geſchwinde, kommen Sie, Papa!
Und“ — ſagte er, indem ſie eilends nach der Treppe
liefen — „der Verſe wegen ſeyen Sie ganz ruhig.
Die neunte Muſe ſoll nicht zu kurz kommen; im
Gegentheil, ich werde aus dem Unglück noch beſon¬
dern Vortheil ziehen.“ — „Das iſt unmöglich!“ —
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ich nehme dich beim Wort — ſo wollen wir dem,
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[35/0047] ich Eugenien beſtimmte, eine der neun Orangen ab¬ geriſſen, hm! das Ungeheuer! Somit iſt unſerem Spaß geradezu die Spitze abgebrochen und Mar mag ſein Gedicht nur gleich caſſiren.“ „O nicht doch!“ ſagte die dringende Dame; „die Lücke läßt ſich leicht ausfüllen, überlaßt es nur mir. Geht Beide jetzt, erlöſ't, empfangt den guten Mann, ſo freundlich und ſo ſchmeichelhaft ihr immer könnt. Er ſoll, wenn wir ihn irgend halten können, heut nicht weiter. Trefft ihr ihn nicht im Garten mehr, ſucht ihn im Wirthshaus auf, und bringet ihn mit ſeiner Frau. Ein größeres Geſchenk, eine ſchönere Ueberraſchung für Eugenien hatte der Zufall uns an dieſem Tag nicht machen können.“ „Gewiß!“ erwiederte Max, „dieß war auch mein erſter Gedanke. Geſchwinde, kommen Sie, Papa! Und“ — ſagte er, indem ſie eilends nach der Treppe liefen — „der Verſe wegen ſeyen Sie ganz ruhig. Die neunte Muſe ſoll nicht zu kurz kommen; im Gegentheil, ich werde aus dem Unglück noch beſon¬ dern Vortheil ziehen.“ — „Das iſt unmöglich!“ — „Ganz gewiß.“ — „Nun, wenn das iſt — allein ich nehme dich beim Wort — ſo wollen wir dem, Querkopf alle erdenkliche Ehre erzeigen.“

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/47>, abgerufen am 27.04.2024.