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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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aber nichts machen, als mehrere der Mädchen einig
wurden, den armen Teufeln wenigstens doch etwas
für den Hunger und Durst zuzuwerfen. Es stand
ein Korb voll Orangen am Boden; wahrscheinlich
waren es nur gelbe Bälle, den Früchten ähnlich
nachgemacht. Und jetzt begann ein entzückendes Schau¬
spiel, unter Mitwirkung der Musik, die auf dem
Uferdamm aufgestellt war."

"Eine der Jungfrauen machte den Anfang und
schickte für's erste ein paar Pomeranzen aus leichter
Hand hinüber, die, dort mit gleicher Leichtigkeit auf¬
gefangen, alsbald zurückkehrten; so ging es hin und
her, und weil nach und nach immer mehr Mädchen
zuhalfen, so flog's mit Pomeranzen bald dem Dutzend
nach in immer schnellerem Tempo hin und wieder.
Die Schöne in der Mitte nahm an dem Kampfe
keinen Antheil, als daß sie höchst begierig von ihrem
Schemel aus zusah. Wir konnten die Geschicklichkeit
auf beiden Seiten nicht genug bewundern. Die Schiffe
drehten sich auf etwa dreißig Schritte in langsamer
Bewegung um einander, kehrten sich bald die ganze
Flanke zu, bald schief das halbe Vordertheil: es
waren gegen vierundzwanzig Bälle unaufhörlich in der
Luft, doch glaubte man in der Verwirrung ihrer viel

Mörike, Mozart. 4

aber nichts machen, als mehrere der Mädchen einig
wurden, den armen Teufeln wenigſtens doch etwas
für den Hunger und Durſt zuzuwerfen. Es ſtand
ein Korb voll Orangen am Boden; wahrſcheinlich
waren es nur gelbe Bälle, den Früchten ähnlich
nachgemacht. Und jetzt begann ein entzückendes Schau¬
ſpiel, unter Mitwirkung der Muſik, die auf dem
Uferdamm aufgeſtellt war.“

„Eine der Jungfrauen machte den Anfang und
ſchickte für's erſte ein paar Pomeranzen aus leichter
Hand hinüber, die, dort mit gleicher Leichtigkeit auf¬
gefangen, alsbald zurückkehrten; ſo ging es hin und
her, und weil nach und nach immer mehr Mädchen
zuhalfen, ſo flog's mit Pomeranzen bald dem Dutzend
nach in immer ſchnellerem Tempo hin und wieder.
Die Schöne in der Mitte nahm an dem Kampfe
keinen Antheil, als daß ſie höchſt begierig von ihrem
Schemel aus zuſah. Wir konnten die Geſchicklichkeit
auf beiden Seiten nicht genug bewundern. Die Schiffe
drehten ſich auf etwa dreißig Schritte in langſamer
Bewegung um einander, kehrten ſich bald die ganze
Flanke zu, bald ſchief das halbe Vordertheil: es
waren gegen vierundzwanzig Bälle unaufhörlich in der
Luft, doch glaubte man in der Verwirrung ihrer viel

Mörike, Mozart. 4
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[49/0061] aber nichts machen, als mehrere der Mädchen einig wurden, den armen Teufeln wenigſtens doch etwas für den Hunger und Durſt zuzuwerfen. Es ſtand ein Korb voll Orangen am Boden; wahrſcheinlich waren es nur gelbe Bälle, den Früchten ähnlich nachgemacht. Und jetzt begann ein entzückendes Schau¬ ſpiel, unter Mitwirkung der Muſik, die auf dem Uferdamm aufgeſtellt war.“ „Eine der Jungfrauen machte den Anfang und ſchickte für's erſte ein paar Pomeranzen aus leichter Hand hinüber, die, dort mit gleicher Leichtigkeit auf¬ gefangen, alsbald zurückkehrten; ſo ging es hin und her, und weil nach und nach immer mehr Mädchen zuhalfen, ſo flog's mit Pomeranzen bald dem Dutzend nach in immer ſchnellerem Tempo hin und wieder. Die Schöne in der Mitte nahm an dem Kampfe keinen Antheil, als daß ſie höchſt begierig von ihrem Schemel aus zuſah. Wir konnten die Geſchicklichkeit auf beiden Seiten nicht genug bewundern. Die Schiffe drehten ſich auf etwa dreißig Schritte in langſamer Bewegung um einander, kehrten ſich bald die ganze Flanke zu, bald ſchief das halbe Vordertheil: es waren gegen vierundzwanzig Bälle unaufhörlich in der Luft, doch glaubte man in der Verwirrung ihrer viel Mörike, Mozart. 4

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/61>, abgerufen am 14.05.2024.