Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

Bild:
<< vorherige Seite
Noch erleben, wünsch' ich sehr,
Unser Signor Bonbonniere! *
Max.
Gut, ich geb' ihm hundert Jahre --
Mozart.
Wenn ihn nicht sammt seiner Waare --
Alle drei con forza.
Noch der Teufel holt vorher.
Unsern Monsieur Bonbonniere.

Durch des Grafen ausnehmende Singlust schweifte
das zufällig entstandene Terzett mit Wiederaufnahme
der letzten vier Zeilen in einen sogenannten endlichen
Canon aus, und die Fräulein Tante besaß Humor
oder Selbstvertrauen genug, ihren verfallenen So¬
prano mit allerhand Verzierungen zweckdienlich einzu¬
mischen. Mozart gab nachher das Versprechen, bei
guter Muße diesen Spaß nach den Regeln der Kunst
expreß für die Gesellschaft auszuführen, das er auch
später von Wien aus erfüllte.

Eugenie hatte sich im Stillen längst mit ihrem
Kleinod aus der Laube des Tiberius vertraut ge¬
macht; allgemein verlangte man jetzt das Duett vom

* So nannte Mozart unter Freunden seinen Collegen Sa¬
lieri, der wo er ging und stand Zuckerwerk naschte, zugleich mit
Anspielung auf das Zierliche seiner Person.
Noch erleben, wünſch' ich ſehr,
Unſer Signor Bonbonnière! *
Max.
Gut, ich geb' ihm hundert Jahre —
Mozart.
Wenn ihn nicht ſammt ſeiner Waare —
Alle drei con forza.
Noch der Teufel holt vorher.
Unſern Monſieur Bonbonnière.

Durch des Grafen ausnehmende Singluſt ſchweifte
das zufällig entſtandene Terzett mit Wiederaufnahme
der letzten vier Zeilen in einen ſogenannten endlichen
Canon aus, und die Fräulein Tante beſaß Humor
oder Selbſtvertrauen genug, ihren verfallenen So¬
prano mit allerhand Verzierungen zweckdienlich einzu¬
miſchen. Mozart gab nachher das Verſprechen, bei
guter Muße dieſen Spaß nach den Regeln der Kunſt
expreß für die Geſellſchaft auszuführen, das er auch
ſpäter von Wien aus erfüllte.

Eugenie hatte ſich im Stillen längſt mit ihrem
Kleinod aus der Laube des Tiberius vertraut ge¬
macht; allgemein verlangte man jetzt das Duett vom

* So nannte Mozart unter Freunden ſeinen Collegen Sa¬
lieri, der wo er ging und ſtand Zuckerwerk naſchte, zugleich mit
Anſpielung auf das Zierliche ſeiner Perſon.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <pb facs="#f0083" n="71"/>
        <lg n="5">
          <l>Noch erleben, wün&#x017F;ch' ich &#x017F;ehr,</l><lb/>
          <l>Un&#x017F;er Signor Bonbonni<hi rendition="#aq">è</hi>re! <note place="foot" n="*">So nannte Mozart unter Freunden &#x017F;einen Collegen Sa¬<lb/>
lieri, der wo er ging und &#x017F;tand Zuckerwerk na&#x017F;chte, zugleich mit<lb/>
An&#x017F;pielung auf das Zierliche &#x017F;einer Per&#x017F;on.<lb/></note></l><lb/>
        </lg>
        <lg n="6">
          <l rendition="#c"><hi rendition="#fr">Max</hi>.</l><lb/>
          <l>Gut, ich geb' ihm hundert Jahre &#x2014;</l><lb/>
        </lg>
        <lg n="7">
          <l rendition="#c"><hi rendition="#fr">Mozart</hi>.</l><lb/>
          <l>Wenn ihn nicht &#x017F;ammt &#x017F;einer Waare &#x2014;</l><lb/>
        </lg>
        <lg n="8">
          <l rendition="#c"><hi rendition="#fr">Alle drei</hi><hi rendition="#aq">con forza</hi>.</l><lb/>
          <l>Noch der Teufel holt vorher.</l><lb/>
          <l>Un&#x017F;ern Mon&#x017F;ieur Bonbonni<hi rendition="#aq">è</hi>re.</l><lb/>
        </lg>
      </lg>
      <p>Durch des Grafen ausnehmende Singlu&#x017F;t &#x017F;chweifte<lb/>
das zufällig ent&#x017F;tandene Terzett mit Wiederaufnahme<lb/>
der letzten vier Zeilen in einen &#x017F;ogenannten endlichen<lb/>
Canon aus, und die Fräulein Tante be&#x017F;aß Humor<lb/>
oder Selb&#x017F;tvertrauen genug, ihren verfallenen So¬<lb/>
prano mit allerhand Verzierungen zweckdienlich einzu¬<lb/>
mi&#x017F;chen. Mozart gab nachher das Ver&#x017F;prechen, bei<lb/>
guter Muße die&#x017F;en Spaß nach den Regeln der Kun&#x017F;t<lb/>
expreß für die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft auszuführen, das er auch<lb/>
&#x017F;päter von Wien aus erfüllte.</p><lb/>
      <p>Eugenie hatte &#x017F;ich im Stillen läng&#x017F;t mit ihrem<lb/>
Kleinod aus der Laube des Tiberius vertraut ge¬<lb/>
macht; allgemein verlangte man jetzt das Duett vom<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0083] Noch erleben, wünſch' ich ſehr, Unſer Signor Bonbonnière! * Max. Gut, ich geb' ihm hundert Jahre — Mozart. Wenn ihn nicht ſammt ſeiner Waare — Alle drei con forza. Noch der Teufel holt vorher. Unſern Monſieur Bonbonnière. Durch des Grafen ausnehmende Singluſt ſchweifte das zufällig entſtandene Terzett mit Wiederaufnahme der letzten vier Zeilen in einen ſogenannten endlichen Canon aus, und die Fräulein Tante beſaß Humor oder Selbſtvertrauen genug, ihren verfallenen So¬ prano mit allerhand Verzierungen zweckdienlich einzu¬ miſchen. Mozart gab nachher das Verſprechen, bei guter Muße dieſen Spaß nach den Regeln der Kunſt expreß für die Geſellſchaft auszuführen, das er auch ſpäter von Wien aus erfüllte. Eugenie hatte ſich im Stillen längſt mit ihrem Kleinod aus der Laube des Tiberius vertraut ge¬ macht; allgemein verlangte man jetzt das Duett vom * So nannte Mozart unter Freunden ſeinen Collegen Sa¬ lieri, der wo er ging und ſtand Zuckerwerk naſchte, zugleich mit Anſpielung auf das Zierliche ſeiner Perſon.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/83
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/83>, abgerufen am 14.05.2024.