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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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übelwollende, wichtig thuende Aufklauber übten so-
gleich ihre ganze Geschäftigkeit, und der König sah
sich bewogen, einen so verhaßten Gegenstand aber-
mals in öffentliche Anregung zu bringen. Der Her-
zog, seinerseits an die Erheblichkeit dieses neuen Ver-
dachtes keineswegs glaubend, bedauerte diese höchst
verdrießliche Wendung der ohnehin so schief gedrehten
Geschichte um so aufrichtiger, je weniger Freund Nol-
ten
ungefährdet dabei bleiben konnte, und je weniger
er selbst sich verhehlte, daß vielleicht einige glücklich an-
gebrachte Winke von ihm hingereicht haben würden,
den ersten schwierigen Eindruck des bewußten Gedich-
tes zu vernichten, und so jedem weitern Nachhalle vor-
zubeugen. Er sah nur zu deutlich ein, wie es am
Ende doch jenes einzige Wort aus Constanzens
Munde gewesen, was seine Schritte geirrt und seine
versöhnliche Gesinnung mit einem geheimen Aber an-
gesteckt habe. Jezt konnte an eine Vertuschung nicht
mehr gedacht werden, und Alles nahm seinen strengen,
gesetzlichen Gang.

Wie ein Donnerschlag traf es die Freunde, als
ihre Verhaftung nun wirklich erfolgte. Eine Kommis-
sion ward beauftragt, ihre Papiere zu durchsuchen, und
zum Unglück kam dieß Alles so rasch, so unvermuthet,
Beide hatten so gar keine Ahnung von den neuesten
Gerüchten, daß Larkens nicht von Weitem daran
dachte, jene verfänglichen Briefe auf die Seite zu schaf-
fen; denn leider waren sie noch vorhanden, er hatte

übelwollende, wichtig thuende Aufklauber übten ſo-
gleich ihre ganze Geſchäftigkeit, und der König ſah
ſich bewogen, einen ſo verhaßten Gegenſtand aber-
mals in öffentliche Anregung zu bringen. Der Her-
zog, ſeinerſeits an die Erheblichkeit dieſes neuen Ver-
dachtes keineswegs glaubend, bedauerte dieſe höchſt
verdrießliche Wendung der ohnehin ſo ſchief gedrehten
Geſchichte um ſo aufrichtiger, je weniger Freund Nol-
ten
ungefährdet dabei bleiben konnte, und je weniger
er ſelbſt ſich verhehlte, daß vielleicht einige glücklich an-
gebrachte Winke von ihm hingereicht haben würden,
den erſten ſchwierigen Eindruck des bewußten Gedich-
tes zu vernichten, und ſo jedem weitern Nachhalle vor-
zubeugen. Er ſah nur zu deutlich ein, wie es am
Ende doch jenes einzige Wort aus Conſtanzens
Munde geweſen, was ſeine Schritte geirrt und ſeine
verſöhnliche Geſinnung mit einem geheimen Aber an-
geſteckt habe. Jezt konnte an eine Vertuſchung nicht
mehr gedacht werden, und Alles nahm ſeinen ſtrengen,
geſetzlichen Gang.

Wie ein Donnerſchlag traf es die Freunde, als
ihre Verhaftung nun wirklich erfolgte. Eine Kommiſ-
ſion ward beauftragt, ihre Papiere zu durchſuchen, und
zum Unglück kam dieß Alles ſo raſch, ſo unvermuthet,
Beide hatten ſo gar keine Ahnung von den neueſten
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[251/0259] übelwollende, wichtig thuende Aufklauber übten ſo- gleich ihre ganze Geſchäftigkeit, und der König ſah ſich bewogen, einen ſo verhaßten Gegenſtand aber- mals in öffentliche Anregung zu bringen. Der Her- zog, ſeinerſeits an die Erheblichkeit dieſes neuen Ver- dachtes keineswegs glaubend, bedauerte dieſe höchſt verdrießliche Wendung der ohnehin ſo ſchief gedrehten Geſchichte um ſo aufrichtiger, je weniger Freund Nol- ten ungefährdet dabei bleiben konnte, und je weniger er ſelbſt ſich verhehlte, daß vielleicht einige glücklich an- gebrachte Winke von ihm hingereicht haben würden, den erſten ſchwierigen Eindruck des bewußten Gedich- tes zu vernichten, und ſo jedem weitern Nachhalle vor- zubeugen. Er ſah nur zu deutlich ein, wie es am Ende doch jenes einzige Wort aus Conſtanzens Munde geweſen, was ſeine Schritte geirrt und ſeine verſöhnliche Geſinnung mit einem geheimen Aber an- geſteckt habe. Jezt konnte an eine Vertuſchung nicht mehr gedacht werden, und Alles nahm ſeinen ſtrengen, geſetzlichen Gang. Wie ein Donnerſchlag traf es die Freunde, als ihre Verhaftung nun wirklich erfolgte. Eine Kommiſ- ſion ward beauftragt, ihre Papiere zu durchſuchen, und zum Unglück kam dieß Alles ſo raſch, ſo unvermuthet, Beide hatten ſo gar keine Ahnung von den neueſten Gerüchten, daß Larkens nicht von Weitem daran dachte, jene verfänglichen Briefe auf die Seite zu ſchaf- fen; denn leider waren ſie noch vorhanden, er hatte

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/259>, abgerufen am 16.05.2024.