doch das sey ferne; das Grab soll unsern Gram der- einst nicht besser decken, als wir dieß Geheimniß be- wahren wollen, nicht wahr? -- Aber so kommen Sie! kommen Sie gleich!
Schließlich noch eine kleine Bitte: daß Sie mir vor den Menschen immerhin den Namen lassen, unter dem Sie zu ** meine arme Person haben kennen gelernt.
Für Sie aber heis' ich, der ich bin Ihr treuer Oheim Friedrich Nolten, Hofrath."
Der Präsident wollte in die Erde sinken vor Staunen. Er hatte durch Theobald von diesem Verwandten als dem verstorbenen Vater Elisabeths gehört und nun -- er glaubte zu träumen.
Die beiden Männer sahn sich lange schweigend an und blickten in einen unermeßlichen Abgrund des Schicksals hinab.
Der Präsident verweilte sich noch einen Tag und schied sodann mit großer Rührung. Es war natür- lich, daß Nannette den Alten nicht verließ. Spä- ter entschlossen sich Beide auf unwiderstehliches Bit- ten des Hofraths, mit diesem in einem dritten Orte einer kleinen Landstadt unfern Neuburg, zusammenzu- wohnen. Der Oheim ward fast rasend, als er den Tod des Neffen vernahm und daß nicht wenigstens noch sein Bekenntniß ihn hatte erreichen sollen! Mit größerer Ruhe empfing er die Nachricht von dem,
doch das ſey ferne; das Grab ſoll unſern Gram der- einſt nicht beſſer decken, als wir dieß Geheimniß be- wahren wollen, nicht wahr? — Aber ſo kommen Sie! kommen Sie gleich!
Schließlich noch eine kleine Bitte: daß Sie mir vor den Menſchen immerhin den Namen laſſen, unter dem Sie zu ** meine arme Perſon haben kennen gelernt.
Für Sie aber heiſ’ ich, der ich bin Ihr treuer Oheim Friedrich Nolten, Hofrath.“
Der Präſident wollte in die Erde ſinken vor Staunen. Er hatte durch Theobald von dieſem Verwandten als dem verſtorbenen Vater Eliſabeths gehört und nun — er glaubte zu träumen.
Die beiden Männer ſahn ſich lange ſchweigend an und blickten in einen unermeßlichen Abgrund des Schickſals hinab.
Der Präſident verweilte ſich noch einen Tag und ſchied ſodann mit großer Rührung. Es war natür- lich, daß Nannette den Alten nicht verließ. Spä- ter entſchloſſen ſich Beide auf unwiderſtehliches Bit- ten des Hofraths, mit dieſem in einem dritten Orte einer kleinen Landſtadt unfern Neuburg, zuſammenzu- wohnen. Der Oheim ward faſt raſend, als er den Tod des Neffen vernahm und daß nicht wenigſtens noch ſein Bekenntniß ihn hatte erreichen ſollen! Mit größerer Ruhe empfing er die Nachricht von dem,
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doch das ſey ferne; das Grab ſoll unſern Gram der-
einſt nicht beſſer decken, als wir dieß Geheimniß be-
wahren wollen, nicht wahr? — Aber ſo kommen Sie!
kommen Sie gleich!
Schließlich noch eine kleine Bitte: daß Sie mir
vor den Menſchen immerhin den Namen laſſen, unter
dem Sie zu ** meine arme Perſon haben kennen gelernt.
Für Sie aber heiſ’ ich, der ich bin
Ihr treuer Oheim
Friedrich Nolten,
Hofrath.“
Der Präſident wollte in die Erde ſinken vor
Staunen. Er hatte durch Theobald von dieſem
Verwandten als dem verſtorbenen Vater Eliſabeths
gehört und nun — er glaubte zu träumen.
Die beiden Männer ſahn ſich lange ſchweigend
an und blickten in einen unermeßlichen Abgrund des
Schickſals hinab.
Der Präſident verweilte ſich noch einen Tag und
ſchied ſodann mit großer Rührung. Es war natür-
lich, daß Nannette den Alten nicht verließ. Spä-
ter entſchloſſen ſich Beide auf unwiderſtehliches Bit-
ten des Hofraths, mit dieſem in einem dritten Orte
einer kleinen Landſtadt unfern Neuburg, zuſammenzu-
wohnen. Der Oheim ward faſt raſend, als er den
Tod des Neffen vernahm und daß nicht wenigſtens
noch ſein Bekenntniß ihn hatte erreichen ſollen! Mit
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/325>, abgerufen am 16.06.2024.
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