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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
nicht edel, prächtig und wehrt gehalten hätte; würde
gegen sein eignes Jnteresse gehandelt; und den Adel
nicht auf seine Seite gezogen haben. Was damals das
Gefolge that, ersetzt jetzt der miles perpetuus, und dieser
ist die Ursache, daß man jetzt in Frankreich Vorschläge
zu völliger Abschaffung des Adels wagen darf. Die
Monarchie hat dieser Stütze jetzt so sehr nöthig nicht.
Sie darf nur den Militair-Stand wie vordem den Adel
heben.
(c) CRAMER de jur. & praerog. nob. avit. II. 8. n. 6. hält
diejenigen, welche so gar den militem agrarium wovon
Henrich der Vogler den neunten Mann zur Besatzung
in die Städte legte, nicht pro ingenuis & equestris ordi-
nis hominibus
halten, risu & sibilo dignos. Jch behaupte
aber dem ungeachtet, daß diese milites agrarii, rustici ob-
gleich keine coloni gewesen; Es waren Männer die
eigne Wehre; und unsre jetzigen Bauerhöfe in franco
tenemento
hatten. Man müste sonst eine grausame Menge
von Edelhöfen annehmen, um eine einzige Besatzung her-
aus zubringen.
(d) Durchlaucht, serenus illustris kömmt dem Unbeschatte-
ten
zu. Serenare aliquem heißt einen unmittelbar machen.
S. KVCHENB. in Ann. Hass. Col. I. p. 138. Wer sich von
seiner Geburt Hochgebohrn schreiben muß, beurkun-
det damit, daß er actu sub umbra sey. Ohne diese Er-
klärung zu kennen, haben alle Reichs-Fürsten ihr altes
gebohren jetzt weg geworfen und die Grafen heben sich
mit gleichem Rechte nach. Die Geschichte des Worts:
gebohrn ist die controlle der Dienst-Zeit; und sie
verdiente eine eigne Ausführung. Jn den Ländern wo man
gar keine Gebohrne hat; ist der Dienst schon uralt.
(e) Weil aber der Dienst-Adel nicht durchgehnds edlen Ur-
sprungs ist; und er daher durch eine widrige Vermu-
thung gedrückt wird: so würde solches nur von solchen
Geschlechtern gelten, die nobilitatis originariae sind; und
woher dieser Beweiß? Daher daß man ihm die Ver-
muthung zu statten kommen liesse bis das Gegentheil er-
wiesen würde.
§. 37.
Oſnabruͤckſche Geſchichte
nicht edel, praͤchtig und wehrt gehalten haͤtte; wuͤrde
gegen ſein eignes Jntereſſe gehandelt; und den Adel
nicht auf ſeine Seite gezogen haben. Was damals das
Gefolge that, erſetzt jetzt der miles perpetuus, und dieſer
iſt die Urſache, daß man jetzt in Frankreich Vorſchlaͤge
zu voͤlliger Abſchaffung des Adels wagen darf. Die
Monarchie hat dieſer Stuͤtze jetzt ſo ſehr noͤthig nicht.
Sie darf nur den Militair-Stand wie vordem den Adel
heben.
(c) CRAMER de jur. & prærog. nob. avit. II. 8. n. 6. haͤlt
diejenigen, welche ſo gar den militem agrarium wovon
Henrich der Vogler den neunten Mann zur Beſatzung
in die Staͤdte legte, nicht pro ingenuis & equeſtris ordi-
nis hominibus
halten, riſu & ſibilo dignos. Jch behaupte
aber dem ungeachtet, daß dieſe milites agrarii, ruſtici ob-
gleich keine coloni geweſen; Es waren Maͤnner die
eigne Wehre; und unſre jetzigen Bauerhoͤfe in franco
tenemento
hatten. Man muͤſte ſonſt eine grauſame Menge
von Edelhoͤfen annehmen, um eine einzige Beſatzung her-
aus zubringen.
(d) Durchlaucht, ſerenus illuſtris koͤmmt dem Unbeſchatte-
ten
zu. Serenare aliquem heißt einen unmittelbar machen.
S. KVCHENB. in Ann. Haſſ. Col. I. p. 138. Wer ſich von
ſeiner Geburt Hochgebohrn ſchreiben muß, beurkun-
det damit, daß er actu ſub umbra ſey. Ohne dieſe Er-
klaͤrung zu kennen, haben alle Reichs-Fuͤrſten ihr altes
gebohren jetzt weg geworfen und die Grafen heben ſich
mit gleichem Rechte nach. Die Geſchichte des Worts:
gebohrn iſt die controlle der Dienſt-Zeit; und ſie
verdiente eine eigne Ausfuͤhrung. Jn den Laͤndern wo man
gar keine Gebohrne hat; iſt der Dienſt ſchon uralt.
(e) Weil aber der Dienſt-Adel nicht durchgehnds edlen Ur-
ſprungs iſt; und er daher durch eine widrige Vermu-
thung gedruͤckt wird: ſo wuͤrde ſolches nur von ſolchen
Geſchlechtern gelten, die nobilitatis originariæ ſind; und
woher dieſer Beweiß? Daher daß man ihm die Ver-
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wieſen wuͤrde.
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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/100>, abgerufen am 29.04.2024.