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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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dritter Abschnitt.
schatzbaren Hofgesessenen Unterthanen den Sterbfall, und
man nennt sie desfalls Leibeigen, da es doch wohl nur die
Folge einer Zwang-hode oder Zwang-rolle S. §. 52.
ist. Oft wird das Heergewedde auch Lehn-wahre
genannt, und so dann mit dem relevio verwechselt. E g.
In L L. Canuti regis: nisi quantum ad justam relevatio-
nem pertinet, quae Anglice vocatur Hereget.
S. DU
FRESNE v. Hereotum.
Auf gleiche Art ist es auch im
Domesdaybuch: S. COKE Inst. P. 1. fol. 76. a.
imgleichen in L. L. Henrici I. beym WILKINS p. 244.
verwechselt. Jch führe dieses an, weil aus einer gleichen
Verwechselung den Osnabrückischen Vasallen das Heer-
gewedde bey jeder Belehnung, unter dem Nahmen von
Lehn-wahre abgefordert wird, da sie es doch nur einmal,
nemlich beym Ableben des vorigen Lehn-manns, nicht
aber bey Veränderung des Lehns-herrn zahlen sollten.
Deswegen heißt es in Capit. Conradi Episc. de 1482.
beym KRESS in app. p. 9. Wer eins syn Gud vorherwe-
det hadde dat darna nicht en darf voherwedden, ost wal
eyn ander Her queme, dewile de Person dat vorherweddet
hadde levet. Sunder he sal dat ane Herweddinge entfaen.

Hier ist also Heergewedde der Sterbfall des letztern
Vasallen. Aber so wie man jetzt unter Auffahrt oft den
Sterbfall mit begreift: so ist es mit dem Heergewed-
de umgekehrt gegangen. Die Geistlichen empfangen ihr
Lehn mit lediger Hand. Warum? weil ihr Sterbfall
einen andern Weg geht. Wäre die Lehnwahre bey uns
relevium: so müsten sie solche auch zahlen.
(c) Es ist dieses sehr glaublich; ich kann es aber nicht er-
weisen.
(d) Diese Furcht ist durch die Folge sattsam gerechtfertiget
worden. Kayser und Könige hatten den Sterbfall von
allen ihren Bedienten, und selbst von den Bischöfen,
wenigstens von denjenigen, welche sie zu ernennen hat-
ten. S. PRINN. Hist. Coll. T. II. p. 834. Die Bischö-
fe, Herzoge, Grafen etc. hatten ihn wieder von ihren
Dienstleuten u. s. w. Die Vornehmsten aber haben sich
mit der Zeit davon frey gemacht, und ist der Arme und
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dritter Abſchnitt.
ſchatzbaren Hofgeſeſſenen Unterthanen den Sterbfall, und
man nennt ſie desfalls Leibeigen, da es doch wohl nur die
Folge einer Zwang-hode oder Zwang-rolle S. §. 52.
iſt. Oft wird das Heergewedde auch Lehn-wahre
genannt, und ſo dann mit dem relevio verwechſelt. E g.
In L L. Canuti regis: niſi quantum ad juſtam relevatio-
nem pertinet, quæ Anglice vocatur Hereget.
S. DU
FRESNE v. Hereotum.
Auf gleiche Art iſt es auch im
Domesdaybuch: S. COKE Inſt. P. 1. fol. 76. a.
imgleichen in L. L. Henrici I. beym WILKINS p. 244.
verwechſelt. Jch fuͤhre dieſes an, weil aus einer gleichen
Verwechſelung den Oſnabruͤckiſchen Vaſallen das Heer-
gewedde bey jeder Belehnung, unter dem Nahmen von
Lehn-wahre abgefordert wird, da ſie es doch nur einmal,
nemlich beym Ableben des vorigen Lehn-manns, nicht
aber bey Veraͤnderung des Lehns-herrn zahlen ſollten.
Deswegen heißt es in Capit. Conradi Epiſc. de 1482.
beym KRESS in app. p. 9. Wer eins ſyn Gud vorherwe-
det hadde dat darna nicht en darf voherwedden, oſt wal
eyn ander Her queme, dewile de Perſon dat vorherweddet
hadde levet. Sunder he ſal dat ane Herweddinge entfaen.

Hier iſt alſo Heergewedde der Sterbfall des letztern
Vaſallen. Aber ſo wie man jetzt unter Auffahrt oft den
Sterbfall mit begreift: ſo iſt es mit dem Heergewed-
de umgekehrt gegangen. Die Geiſtlichen empfangen ihr
Lehn mit lediger Hand. Warum? weil ihr Sterbfall
einen andern Weg geht. Waͤre die Lehnwahre bey uns
relevium: ſo muͤſten ſie ſolche auch zahlen.
(c) Es iſt dieſes ſehr glaublich; ich kann es aber nicht er-
weiſen.
(d) Dieſe Furcht iſt durch die Folge ſattſam gerechtfertiget
worden. Kayſer und Koͤnige hatten den Sterbfall von
allen ihren Bedienten, und ſelbſt von den Biſchoͤfen,
wenigſtens von denjenigen, welche ſie zu ernennen hat-
ten. S. PRINN. Hiſt. Coll. T. II. p. 834. Die Biſchoͤ-
fe, Herzoge, Grafen ꝛc. hatten ihn wieder von ihren
Dienſtleuten u. ſ. w. Die Vornehmſten aber haben ſich
mit der Zeit davon frey gemacht, und iſt der Arme und
Q 5
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[249/0279] dritter Abſchnitt. ⁽b⁾ ſchatzbaren Hofgeſeſſenen Unterthanen den Sterbfall, und man nennt ſie desfalls Leibeigen, da es doch wohl nur die Folge einer Zwang-hode oder Zwang-rolle S. §. 52. iſt. Oft wird das Heergewedde auch Lehn-wahre genannt, und ſo dann mit dem relevio verwechſelt. E g. In L L. Canuti regis: niſi quantum ad juſtam relevatio- nem pertinet, quæ Anglice vocatur Hereget. S. DU FRESNE v. Hereotum. Auf gleiche Art iſt es auch im Domesdaybuch: S. COKE Inſt. P. 1. fol. 76. a. imgleichen in L. L. Henrici I. beym WILKINS p. 244. verwechſelt. Jch fuͤhre dieſes an, weil aus einer gleichen Verwechſelung den Oſnabruͤckiſchen Vaſallen das Heer- gewedde bey jeder Belehnung, unter dem Nahmen von Lehn-wahre abgefordert wird, da ſie es doch nur einmal, nemlich beym Ableben des vorigen Lehn-manns, nicht aber bey Veraͤnderung des Lehns-herrn zahlen ſollten. Deswegen heißt es in Capit. Conradi Epiſc. de 1482. beym KRESS in app. p. 9. Wer eins ſyn Gud vorherwe- det hadde dat darna nicht en darf voherwedden, oſt wal eyn ander Her queme, dewile de Perſon dat vorherweddet hadde levet. Sunder he ſal dat ane Herweddinge entfaen. Hier iſt alſo Heergewedde der Sterbfall des letztern Vaſallen. Aber ſo wie man jetzt unter Auffahrt oft den Sterbfall mit begreift: ſo iſt es mit dem Heergewed- de umgekehrt gegangen. Die Geiſtlichen empfangen ihr Lehn mit lediger Hand. Warum? weil ihr Sterbfall einen andern Weg geht. Waͤre die Lehnwahre bey uns relevium: ſo muͤſten ſie ſolche auch zahlen. ⁽c⁾ Es iſt dieſes ſehr glaublich; ich kann es aber nicht er- weiſen. ⁽d⁾ Dieſe Furcht iſt durch die Folge ſattſam gerechtfertiget worden. Kayſer und Koͤnige hatten den Sterbfall von allen ihren Bedienten, und ſelbſt von den Biſchoͤfen, wenigſtens von denjenigen, welche ſie zu ernennen hat- ten. S. PRINN. Hiſt. Coll. T. II. p. 834. Die Biſchoͤ- fe, Herzoge, Grafen ꝛc. hatten ihn wieder von ihren Dienſtleuten u. ſ. w. Die Vornehmſten aber haben ſich mit der Zeit davon frey gemacht, und iſt der Arme und Ge- Q 5

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/279>, abgerufen am 07.05.2024.