Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

erster Abschnitt.
Allode besas; in fremden Dienste; wenn er, um nicht
Herrenloß zu seyn, einen Bürgen oder Herrn haben
muste.

(a) Jch wage hier eine Hypothese; deren Wahrscheinlichkeit
ein jeder, der die Verwirrung in der Geschichte des
deutschen Krieges-Wesens kennet, so fort empfinden wird.
Jch habe sehr viele Gründe dafür; welche mir aber der
Raum nicht gestattet hier auszuführen.
(b) Nec rubor nobilibus adolescentulis & principibus inter co-
mites aspici. TAC. G.
13. Exempel von Königen und
Herrn die sich zu Rittern schlagen lassen sind bekannt;
(c) Quin etiam gradus & ipse comitatus habet judicio ejus
quem sectantur; ib.
Wie der grosse Czar Peter, Junge
und Geselle wurde; bewunderte man ihn; und man er-
fordert aus einem ähnlichen Grund-Satze noch, daß je-
der von der Pike an dienen müsse.
(d) TAC. G. 13. Knapen und Ritter sind in ihrer Art Licen-
tiati
und Doctores. Fürsten, Edle und Gemeine sind
Doctores gewesen. Die Würde verändert aber ihren
Stand nicht.
(e) HENRJCH GESLER, Syndicus des grossen Raths
zu Strasburg unterscheidet in seiner Rhetorik von 1493
dreyerley Ritter; als Edle, Bur und Bürger.
Strenge
sind sie alle drey. Allein der erste ist edel
strenge;
der andre streng und vest; der dritte aber
bloß strenge. Jn den Reichs-Gesetzen heißt es auch
oft: Fürsten, Grafen, Landherrn, Ritter, Knechte
edle und unedle. Jetzt sind dergleichen Ritter fast
nur noch im Oesterreichschen, und unter den Reichs-
Hofraths Agenten. Jn England ist aber dieser Esquire
desto häufiger. Jch merke dieses um des willen an,
weil LVDEWIG und andre grosse Gelehrte aus dem
Tittel RJTTERSCHAFT, welchen jetzt eine adliche
Landschaft führet, ein Vasallagium ministeriale, und andre
gefährliche Folgen erzwingen wollen. Das corpus no-
bilium
ist mit dem Ritterschafts-Tittel auf eben die Art
E 2

erſter Abſchnitt.
Allode beſas; in fremden Dienſte; wenn er, um nicht
Herrenloß zu ſeyn, einen Buͤrgen oder Herrn haben
muſte.

(a) Jch wage hier eine Hypotheſe; deren Wahrſcheinlichkeit
ein jeder, der die Verwirrung in der Geſchichte des
deutſchen Krieges-Weſens kennet, ſo fort empfinden wird.
Jch habe ſehr viele Gruͤnde dafuͤr; welche mir aber der
Raum nicht geſtattet hier auszufuͤhren.
(b) Nec rubor nobilibus adoleſcentulis & principibus inter co-
mites aſpici. TAC. G.
13. Exempel von Koͤnigen und
Herrn die ſich zu Rittern ſchlagen laſſen ſind bekannt;
(c) Quin etiam gradus & ipſe comitatus habet judicio ejus
quem ſectantur; ib.
Wie der groſſe Czar Peter, Junge
und Geſelle wurde; bewunderte man ihn; und man er-
fordert aus einem aͤhnlichen Grund-Satze noch, daß je-
der von der Pike an dienen muͤſſe.
(d) TAC. G. 13. Knapen und Ritter ſind in ihrer Art Licen-
tiati
und Doctores. Fuͤrſten, Edle und Gemeine ſind
Doctores geweſen. Die Wuͤrde veraͤndert aber ihren
Stand nicht.
(e) HENRJCH GESLER, Syndicus des groſſen Raths
zu Strasburg unterſcheidet in ſeiner Rhetorik von 1493
dreyerley Ritter; als Edle, Bur und Buͤrger.
Strenge
ſind ſie alle drey. Allein der erſte iſt edel
ſtrenge;
der andre ſtreng und veſt; der dritte aber
bloß ſtrenge. Jn den Reichs-Geſetzen heißt es auch
oft: Fuͤrſten, Grafen, Landherrn, Ritter, Knechte
edle und unedle. Jetzt ſind dergleichen Ritter faſt
nur noch im Oeſterreichſchen, und unter den Reichs-
Hofraths Agenten. Jn England iſt aber dieſer Eſquire
deſto haͤufiger. Jch merke dieſes um des willen an,
weil LVDEWIG und andre groſſe Gelehrte aus dem
Tittel RJTTERSCHAFT, welchen jetzt eine adliche
Landſchaft fuͤhret, ein Vaſallagium miniſteriale, und andre
gefaͤhrliche Folgen erzwingen wollen. Das corpus no-
bilium
iſt mit dem Ritterſchafts-Tittel auf eben die Art
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0097" n="67"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
Allode be&#x017F;as; in fremden Dien&#x017F;te; wenn er, um nicht<lb/>
Herrenloß zu &#x017F;eyn, einen Bu&#x0364;rgen oder Herrn haben<lb/>
mu&#x017F;te.</p><lb/>
          <note place="end" n="(a)">Jch wage hier eine Hypothe&#x017F;e; deren Wahr&#x017F;cheinlichkeit<lb/>
ein jeder, der die Verwirrung in der Ge&#x017F;chichte des<lb/>
deut&#x017F;chen Krieges-We&#x017F;ens kennet, &#x017F;o fort empfinden wird.<lb/>
Jch habe &#x017F;ehr viele Gru&#x0364;nde dafu&#x0364;r; welche mir aber der<lb/>
Raum nicht ge&#x017F;tattet hier auszufu&#x0364;hren.</note><lb/>
          <note place="end" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nec rubor</hi> nobilibus adole&#x017F;centulis &amp; principibus inter co-<lb/>
mites a&#x017F;pici. TAC. G.</hi> 13. Exempel von Ko&#x0364;nigen und<lb/>
Herrn die &#x017F;ich zu Rittern &#x017F;chlagen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind bekannt;</note><lb/>
          <note place="end" n="(c)"><hi rendition="#aq">Quin etiam <hi rendition="#i">gradus</hi> &amp; ip&#x017F;e comitatus habet judicio ejus<lb/>
quem &#x017F;ectantur; ib.</hi> Wie der gro&#x017F;&#x017F;e Czar Peter, Junge<lb/>
und Ge&#x017F;elle wurde; bewunderte man ihn; und man er-<lb/>
fordert aus einem a&#x0364;hnlichen Grund-Satze noch, daß je-<lb/>
der von der Pike an dienen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</note><lb/>
          <note place="end" n="(d)"><hi rendition="#aq">TAC. G.</hi> 13. Knapen und Ritter &#x017F;ind in ihrer Art <hi rendition="#aq">Licen-<lb/>
tiati</hi> und <hi rendition="#aq">Doctores.</hi> Fu&#x0364;r&#x017F;ten, Edle und Gemeine &#x017F;ind<lb/><hi rendition="#aq">Doctores</hi> gewe&#x017F;en. Die Wu&#x0364;rde vera&#x0364;ndert aber ihren<lb/>
Stand nicht.</note><lb/>
          <note place="end" n="(e)">HENRJCH GESLER, Syndicus des gro&#x017F;&#x017F;en Raths<lb/>
zu Strasburg unter&#x017F;cheidet in &#x017F;einer Rhetorik von 1493<lb/>
dreyerley Ritter; als <hi rendition="#fr">Edle, Bur</hi> und <hi rendition="#fr">Bu&#x0364;rger.<lb/>
Strenge</hi> &#x017F;ind &#x017F;ie alle drey. Allein der er&#x017F;te i&#x017F;t <hi rendition="#fr">edel<lb/>
&#x017F;trenge;</hi> der andre <hi rendition="#fr">&#x017F;treng</hi> und <hi rendition="#fr">ve&#x017F;t;</hi> der dritte aber<lb/>
bloß <hi rendition="#fr">&#x017F;trenge.</hi> Jn den Reichs-Ge&#x017F;etzen heißt es auch<lb/>
oft: Fu&#x0364;r&#x017F;ten, Grafen, Landherrn, Ritter, Knechte<lb/><hi rendition="#fr">edle</hi> und <hi rendition="#fr">unedle.</hi> Jetzt &#x017F;ind dergleichen Ritter fa&#x017F;t<lb/>
nur noch im Oe&#x017F;terreich&#x017F;chen, und unter den Reichs-<lb/>
Hofraths Agenten. Jn England i&#x017F;t aber die&#x017F;er <hi rendition="#aq">E&#x017F;quire</hi><lb/>
de&#x017F;to ha&#x0364;ufiger. Jch merke die&#x017F;es um des willen an,<lb/>
weil <hi rendition="#aq">LVDEWIG</hi> und andre gro&#x017F;&#x017F;e Gelehrte aus dem<lb/>
Tittel RJTTERSCHAFT, welchen jetzt eine adliche<lb/>
Land&#x017F;chaft fu&#x0364;hret, ein <hi rendition="#aq">Va&#x017F;allagium mini&#x017F;teriale,</hi> und andre<lb/>
gefa&#x0364;hrliche Folgen erzwingen wollen. Das <hi rendition="#aq">corpus no-<lb/>
bilium</hi> i&#x017F;t mit dem Ritter&#x017F;chafts-Tittel auf eben die Art<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0097] erſter Abſchnitt. Allode beſas; in fremden Dienſte; wenn er, um nicht Herrenloß zu ſeyn, einen Buͤrgen oder Herrn haben muſte. ⁽a⁾ Jch wage hier eine Hypotheſe; deren Wahrſcheinlichkeit ein jeder, der die Verwirrung in der Geſchichte des deutſchen Krieges-Weſens kennet, ſo fort empfinden wird. Jch habe ſehr viele Gruͤnde dafuͤr; welche mir aber der Raum nicht geſtattet hier auszufuͤhren. ⁽b⁾ Nec rubor nobilibus adoleſcentulis & principibus inter co- mites aſpici. TAC. G. 13. Exempel von Koͤnigen und Herrn die ſich zu Rittern ſchlagen laſſen ſind bekannt; ⁽c⁾ Quin etiam gradus & ipſe comitatus habet judicio ejus quem ſectantur; ib. Wie der groſſe Czar Peter, Junge und Geſelle wurde; bewunderte man ihn; und man er- fordert aus einem aͤhnlichen Grund-Satze noch, daß je- der von der Pike an dienen muͤſſe. ⁽d⁾ TAC. G. 13. Knapen und Ritter ſind in ihrer Art Licen- tiati und Doctores. Fuͤrſten, Edle und Gemeine ſind Doctores geweſen. Die Wuͤrde veraͤndert aber ihren Stand nicht. ⁽e⁾ HENRJCH GESLER, Syndicus des groſſen Raths zu Strasburg unterſcheidet in ſeiner Rhetorik von 1493 dreyerley Ritter; als Edle, Bur und Buͤrger. Strenge ſind ſie alle drey. Allein der erſte iſt edel ſtrenge; der andre ſtreng und veſt; der dritte aber bloß ſtrenge. Jn den Reichs-Geſetzen heißt es auch oft: Fuͤrſten, Grafen, Landherrn, Ritter, Knechte edle und unedle. Jetzt ſind dergleichen Ritter faſt nur noch im Oeſterreichſchen, und unter den Reichs- Hofraths Agenten. Jn England iſt aber dieſer Eſquire deſto haͤufiger. Jch merke dieſes um des willen an, weil LVDEWIG und andre groſſe Gelehrte aus dem Tittel RJTTERSCHAFT, welchen jetzt eine adliche Landſchaft fuͤhret, ein Vaſallagium miniſteriale, und andre gefaͤhrliche Folgen erzwingen wollen. Das corpus no- bilium iſt mit dem Ritterſchafts-Tittel auf eben die Art be- E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/97
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/97>, abgerufen am 29.04.2024.