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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Also sollen die deutsch. Städte sich mit Genehm.
glücklichste Lage zur Handlung. Tausend und abermals tau-
send Schifsböden sind in Holland für uns bereit. Wir sind
der Lage nach den Holländern das was die Engländer im Lande
ihren Seehäfen sind. Aber in England sind die im Lande
fleißige Handwerker und schaffen den Seefahrern Stof zum
Absatz. Wir hingegen versorgen die Holländer mit wenigen
oder Nichts. Diese verlieren darüber an allen Ecken den
Markt; und sie sind noch zu groß, um zugleich unsre Höker
und Mäkeler zu werden. Dafür müssen wir sorgen; Wir
müssen Comptoirs und Waarenlager in der Fremde halten;
und die Cämmereyen in den Städten könnten durch eine Ver-
einigung diesen Endzweck befördern. Unsre Kaufmannssöhne
spatzieren nach Bremen und Hamburg. Nach Cadix, nach
Lissabon, nach Smyrna, nach Aleppo, nach Cairo sollten sie
gehn, sich um dasjenige bekümmern, was dort mit Vortheil
abgesetzt werden kann, sich dort Bekannte und Associirte er-
werben, und dann handlen.

Es sind bisher Ostindische, es sind Levantische Com-
pagnien errichtet worden. Man hat das dazu erforderliche
Capital in Actien vertheilet, und nicht den Innhabern jeder
einzelen Actie, sondern nur denjenigen, welcher zehn oder
zwanzig zusammen gehabt, als ein stimmbares Mitglied be-
trachtet. Dieser Plan ist gut für Compagnien in großen
Hauptstädten, aber schlecht für eine Compagnie, deren Actio-
nairs weit auseinander zerstreuet wohnen. Wer will daselbst
eine Actie nehmen, sich blindlings der Führung einiger weni-
gen stimmbaren vielleicht durch besondre Absichten geleiteten
Mitglieder überlassen, und um einer Actie willen einen großen
Briefwechsel unterhalten? der Besitzer einer solchen einzelnen
Actie, kann mit Billigkeit nicht fordern, daß ihm die Direk-
teurs von allen Nachricht geben sollen; und so denken viele-
es ist besser sein Geld zubehalten, als solches an Orte und Leu-

te

Alſo ſollen die deutſch. Staͤdte ſich mit Genehm.
gluͤcklichſte Lage zur Handlung. Tauſend und abermals tau-
ſend Schifsboͤden ſind in Holland fuͤr uns bereit. Wir ſind
der Lage nach den Hollaͤndern das was die Englaͤnder im Lande
ihren Seehaͤfen ſind. Aber in England ſind die im Lande
fleißige Handwerker und ſchaffen den Seefahrern Stof zum
Abſatz. Wir hingegen verſorgen die Hollaͤnder mit wenigen
oder Nichts. Dieſe verlieren daruͤber an allen Ecken den
Markt; und ſie ſind noch zu groß, um zugleich unſre Hoͤker
und Maͤkeler zu werden. Dafuͤr muͤſſen wir ſorgen; Wir
muͤſſen Comptoirs und Waarenlager in der Fremde halten;
und die Caͤmmereyen in den Staͤdten koͤnnten durch eine Ver-
einigung dieſen Endzweck befoͤrdern. Unſre Kaufmannsſoͤhne
ſpatzieren nach Bremen und Hamburg. Nach Cadix, nach
Liſſabon, nach Smyrna, nach Aleppo, nach Cairo ſollten ſie
gehn, ſich um dasjenige bekuͤmmern, was dort mit Vortheil
abgeſetzt werden kann, ſich dort Bekannte und Aſſociirte er-
werben, und dann handlen.

Es ſind bisher Oſtindiſche, es ſind Levantiſche Com-
pagnien errichtet worden. Man hat das dazu erforderliche
Capital in Actien vertheilet, und nicht den Innhabern jeder
einzelen Actie, ſondern nur denjenigen, welcher zehn oder
zwanzig zuſammen gehabt, als ein ſtimmbares Mitglied be-
trachtet. Dieſer Plan iſt gut fuͤr Compagnien in großen
Hauptſtaͤdten, aber ſchlecht fuͤr eine Compagnie, deren Actio-
nairs weit auseinander zerſtreuet wohnen. Wer will daſelbſt
eine Actie nehmen, ſich blindlings der Fuͤhrung einiger weni-
gen ſtimmbaren vielleicht durch beſondre Abſichten geleiteten
Mitglieder uͤberlaſſen, und um einer Actie willen einen großen
Briefwechſel unterhalten? der Beſitzer einer ſolchen einzelnen
Actie, kann mit Billigkeit nicht fordern, daß ihm die Direk-
teurs von allen Nachricht geben ſollen; und ſo denken viele-
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[264/0282] Alſo ſollen die deutſch. Staͤdte ſich mit Genehm. gluͤcklichſte Lage zur Handlung. Tauſend und abermals tau- ſend Schifsboͤden ſind in Holland fuͤr uns bereit. Wir ſind der Lage nach den Hollaͤndern das was die Englaͤnder im Lande ihren Seehaͤfen ſind. Aber in England ſind die im Lande fleißige Handwerker und ſchaffen den Seefahrern Stof zum Abſatz. Wir hingegen verſorgen die Hollaͤnder mit wenigen oder Nichts. Dieſe verlieren daruͤber an allen Ecken den Markt; und ſie ſind noch zu groß, um zugleich unſre Hoͤker und Maͤkeler zu werden. Dafuͤr muͤſſen wir ſorgen; Wir muͤſſen Comptoirs und Waarenlager in der Fremde halten; und die Caͤmmereyen in den Staͤdten koͤnnten durch eine Ver- einigung dieſen Endzweck befoͤrdern. Unſre Kaufmannsſoͤhne ſpatzieren nach Bremen und Hamburg. Nach Cadix, nach Liſſabon, nach Smyrna, nach Aleppo, nach Cairo ſollten ſie gehn, ſich um dasjenige bekuͤmmern, was dort mit Vortheil abgeſetzt werden kann, ſich dort Bekannte und Aſſociirte er- werben, und dann handlen. Es ſind bisher Oſtindiſche, es ſind Levantiſche Com- pagnien errichtet worden. Man hat das dazu erforderliche Capital in Actien vertheilet, und nicht den Innhabern jeder einzelen Actie, ſondern nur denjenigen, welcher zehn oder zwanzig zuſammen gehabt, als ein ſtimmbares Mitglied be- trachtet. Dieſer Plan iſt gut fuͤr Compagnien in großen Hauptſtaͤdten, aber ſchlecht fuͤr eine Compagnie, deren Actio- nairs weit auseinander zerſtreuet wohnen. Wer will daſelbſt eine Actie nehmen, ſich blindlings der Fuͤhrung einiger weni- gen ſtimmbaren vielleicht durch beſondre Abſichten geleiteten Mitglieder uͤberlaſſen, und um einer Actie willen einen großen Briefwechſel unterhalten? der Beſitzer einer ſolchen einzelnen Actie, kann mit Billigkeit nicht fordern, daß ihm die Direk- teurs von allen Nachricht geben ſollen; und ſo denken viele- es iſt beſſer ſein Geld zubehalten, als ſolches an Orte und Leu- te

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/282>, abgerufen am 30.04.2024.