Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

als die Ausheurung der Bauerhöfe.
vorhanden, wenn es auch in keinem wahren Rechte am
Grunde, sondern nur in den Gebäuden und der Besserung
desselben bestehen sollte, welche deren Besitzer bey einer ge-
meinen Noth so leicht nicht verlassen werden. Es ist aber
nicht vorhanden, wo dem Verpächter sowohl der Grund
als die Gebäude zugehören, oder der Hof von seinem Be-
sitzer in der Maasse beschweret ist, daß sowohl Grund als
Gebäude nicht weiter als für das Capital der Abgiften und
Zinsen hinreichen; und es bleibt dem Staate gar keine Si-
cherheit übrig, wenn eine Menge von kleinen Heuerleuten
den Reihepflichtigen Ort unter haben, die bey dem gering-
sten Sturm mit ihrer Kuh am Stricke, und dem Spinn-
rade in der Hand über die Grenze ziehen und beym ersten
Sonnenschein wieder herein kommen können. Dergleichen
geringe Leute haben als Nebenbewohner ihren Werth: sie
mögen auch wohl von schatzbaren Höfen heuren. Allein die
Hauptwirthschaft auf einem Reihepflichtiger Hofe muß zum
Besten und zur Sicherheit des Staats nicht geschwächt, und
auch nicht verändert werden.

Die gerade Linie besteht also darinn, daß jeder Reihe-
pflichtiger Unterthan ein für den Staat zulängliches Eigen-
thum habe und sicher behalte; und die Mittel, welche sich
einem Staat, worinn das Heuerwesen zu sehr überhand
genommen hat, darbieten, müssen dahin gehen, zu verhin-
dern, daß von dieser geraden Linie so wenig als möglich
abgewichen und wo davon abgewichen ist, solche wiederum
hergestellet werde. Beyde Absichten werden sich aber nicht
plötzlich, sondern nach und nach durch eine beständige leb-
hafte Ueberzeugung von der Richtigkeit dieser Linie, und
einer darauf gegründeten Policey erreichen lassen. Unter
die Mittel dazu zähle ich

1) ein Verbot, daß gar keine Höfe weiter ausgeheuret
werden sollen.
2) Daß
T 2

als die Ausheurung der Bauerhoͤfe.
vorhanden, wenn es auch in keinem wahren Rechte am
Grunde, ſondern nur in den Gebaͤuden und der Beſſerung
deſſelben beſtehen ſollte, welche deren Beſitzer bey einer ge-
meinen Noth ſo leicht nicht verlaſſen werden. Es iſt aber
nicht vorhanden, wo dem Verpaͤchter ſowohl der Grund
als die Gebaͤude zugehoͤren, oder der Hof von ſeinem Be-
ſitzer in der Maaſſe beſchweret iſt, daß ſowohl Grund als
Gebaͤude nicht weiter als fuͤr das Capital der Abgiften und
Zinſen hinreichen; und es bleibt dem Staate gar keine Si-
cherheit uͤbrig, wenn eine Menge von kleinen Heuerleuten
den Reihepflichtigen Ort unter haben, die bey dem gering-
ſten Sturm mit ihrer Kuh am Stricke, und dem Spinn-
rade in der Hand uͤber die Grenze ziehen und beym erſten
Sonnenſchein wieder herein kommen koͤnnen. Dergleichen
geringe Leute haben als Nebenbewohner ihren Werth: ſie
moͤgen auch wohl von ſchatzbaren Hoͤfen heuren. Allein die
Hauptwirthſchaft auf einem Reihepflichtiger Hofe muß zum
Beſten und zur Sicherheit des Staats nicht geſchwaͤcht, und
auch nicht veraͤndert werden.

Die gerade Linie beſteht alſo darinn, daß jeder Reihe-
pflichtiger Unterthan ein fuͤr den Staat zulaͤngliches Eigen-
thum habe und ſicher behalte; und die Mittel, welche ſich
einem Staat, worinn das Heuerweſen zu ſehr uͤberhand
genommen hat, darbieten, muͤſſen dahin gehen, zu verhin-
dern, daß von dieſer geraden Linie ſo wenig als moͤglich
abgewichen und wo davon abgewichen iſt, ſolche wiederum
hergeſtellet werde. Beyde Abſichten werden ſich aber nicht
ploͤtzlich, ſondern nach und nach durch eine beſtaͤndige leb-
hafte Ueberzeugung von der Richtigkeit dieſer Linie, und
einer darauf gegruͤndeten Policey erreichen laſſen. Unter
die Mittel dazu zaͤhle ich

1) ein Verbot, daß gar keine Hoͤfe weiter ausgeheuret
werden ſollen.
2) Daß
T 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0305" n="291"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">als die Ausheurung der Bauerho&#x0364;fe.</hi></fw><lb/>
vorhanden, wenn es auch in keinem wahren Rechte am<lb/>
Grunde, &#x017F;ondern nur in den Geba&#x0364;uden und der Be&#x017F;&#x017F;erung<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben be&#x017F;tehen &#x017F;ollte, welche deren Be&#x017F;itzer bey einer ge-<lb/>
meinen Noth &#x017F;o leicht nicht verla&#x017F;&#x017F;en werden. Es i&#x017F;t aber<lb/>
nicht vorhanden, wo dem Verpa&#x0364;chter &#x017F;owohl der Grund<lb/>
als die Geba&#x0364;ude zugeho&#x0364;ren, oder der Hof von &#x017F;einem Be-<lb/>
&#x017F;itzer in der Maa&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;chweret i&#x017F;t, daß &#x017F;owohl Grund als<lb/>
Geba&#x0364;ude nicht weiter als fu&#x0364;r das Capital der Abgiften und<lb/>
Zin&#x017F;en hinreichen; und es bleibt dem Staate gar keine Si-<lb/>
cherheit u&#x0364;brig, wenn eine Menge von kleinen Heuerleuten<lb/>
den Reihepflichtigen Ort unter haben, die bey dem gering-<lb/>
&#x017F;ten Sturm mit ihrer Kuh am Stricke, und dem Spinn-<lb/>
rade in der Hand u&#x0364;ber die Grenze ziehen und beym er&#x017F;ten<lb/>
Sonnen&#x017F;chein wieder herein kommen ko&#x0364;nnen. Dergleichen<lb/>
geringe Leute haben als Nebenbewohner ihren Werth: &#x017F;ie<lb/>
mo&#x0364;gen auch wohl von &#x017F;chatzbaren Ho&#x0364;fen heuren. Allein die<lb/>
Hauptwirth&#x017F;chaft auf einem Reihepflichtiger Hofe muß zum<lb/>
Be&#x017F;ten und zur Sicherheit des Staats nicht ge&#x017F;chwa&#x0364;cht, und<lb/>
auch nicht vera&#x0364;ndert werden.</p><lb/>
        <p>Die gerade Linie be&#x017F;teht al&#x017F;o darinn, daß jeder Reihe-<lb/>
pflichtiger Unterthan ein fu&#x0364;r den Staat zula&#x0364;ngliches Eigen-<lb/>
thum habe und &#x017F;icher behalte; und die Mittel, welche &#x017F;ich<lb/>
einem Staat, worinn das Heuerwe&#x017F;en zu &#x017F;ehr u&#x0364;berhand<lb/>
genommen hat, darbieten, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en dahin gehen, zu verhin-<lb/>
dern, daß von die&#x017F;er geraden Linie &#x017F;o wenig als mo&#x0364;glich<lb/>
abgewichen und wo davon abgewichen i&#x017F;t, &#x017F;olche wiederum<lb/>
herge&#x017F;tellet werde. Beyde Ab&#x017F;ichten werden &#x017F;ich aber nicht<lb/>
plo&#x0364;tzlich, &#x017F;ondern nach und nach durch eine be&#x017F;ta&#x0364;ndige leb-<lb/>
hafte Ueberzeugung von der Richtigkeit die&#x017F;er Linie, und<lb/>
einer darauf gegru&#x0364;ndeten Policey erreichen la&#x017F;&#x017F;en. Unter<lb/>
die Mittel dazu za&#x0364;hle ich</p><lb/>
        <list>
          <item>1) ein Verbot, daß gar keine Ho&#x0364;fe weiter ausgeheuret<lb/>
werden &#x017F;ollen.</item>
        </list><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">T 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">2) Daß</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0305] als die Ausheurung der Bauerhoͤfe. vorhanden, wenn es auch in keinem wahren Rechte am Grunde, ſondern nur in den Gebaͤuden und der Beſſerung deſſelben beſtehen ſollte, welche deren Beſitzer bey einer ge- meinen Noth ſo leicht nicht verlaſſen werden. Es iſt aber nicht vorhanden, wo dem Verpaͤchter ſowohl der Grund als die Gebaͤude zugehoͤren, oder der Hof von ſeinem Be- ſitzer in der Maaſſe beſchweret iſt, daß ſowohl Grund als Gebaͤude nicht weiter als fuͤr das Capital der Abgiften und Zinſen hinreichen; und es bleibt dem Staate gar keine Si- cherheit uͤbrig, wenn eine Menge von kleinen Heuerleuten den Reihepflichtigen Ort unter haben, die bey dem gering- ſten Sturm mit ihrer Kuh am Stricke, und dem Spinn- rade in der Hand uͤber die Grenze ziehen und beym erſten Sonnenſchein wieder herein kommen koͤnnen. Dergleichen geringe Leute haben als Nebenbewohner ihren Werth: ſie moͤgen auch wohl von ſchatzbaren Hoͤfen heuren. Allein die Hauptwirthſchaft auf einem Reihepflichtiger Hofe muß zum Beſten und zur Sicherheit des Staats nicht geſchwaͤcht, und auch nicht veraͤndert werden. Die gerade Linie beſteht alſo darinn, daß jeder Reihe- pflichtiger Unterthan ein fuͤr den Staat zulaͤngliches Eigen- thum habe und ſicher behalte; und die Mittel, welche ſich einem Staat, worinn das Heuerweſen zu ſehr uͤberhand genommen hat, darbieten, muͤſſen dahin gehen, zu verhin- dern, daß von dieſer geraden Linie ſo wenig als moͤglich abgewichen und wo davon abgewichen iſt, ſolche wiederum hergeſtellet werde. Beyde Abſichten werden ſich aber nicht ploͤtzlich, ſondern nach und nach durch eine beſtaͤndige leb- hafte Ueberzeugung von der Richtigkeit dieſer Linie, und einer darauf gegruͤndeten Policey erreichen laſſen. Unter die Mittel dazu zaͤhle ich 1) ein Verbot, daß gar keine Hoͤfe weiter ausgeheuret werden ſollen. 2) Daß T 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/305
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/305>, abgerufen am 16.06.2024.