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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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oder Abmeyerungsursachen.
allen unsern alten Amtsregistern geht die Ordnung also:
daß zuerst die Freyen und dann die Klosterleute mit ihren
Schutzurkunden, Schatzungen und freyen Diensten, zu-
letzt aber die Hof hörige mit ihren Schulden und Pächten
vorkommen; und würden diejenigen, die sich binnen den
letztern zweyhundert Jahren von einem Gutsherrn freyge-
kauft haben, und auf reihepflichtigen Höfen sitzen (denn
mindere haben Churmund oder die Wahl der Hode), sich
hier gewiß eben so wie in andern Ländern unter die Zahl
der Freyen eingeschrieben finden, wenn darauf sofort wäre
geachtet worden; nicht eben darum, weil es ein oder an-
der altes Recht so mit sich bringt b), sondern weil es die
Noth erfordert, und das vorangezogene Recht der reihe-
pflichtigen Gesellschaft durchaus erheischt, daß sie unter
einer beamtlichen Localcontrolle stehen. Der Landmann
muß sich vom Hofe, wie der Soldat von seinem Solde
und mit der ihm anvertrauten Rüstung wehren. Beyde
werden abgeäussert oder aus der Reihe gestossen, wenn
sie ihr Gewehr versetzen, und ihren Sold zu geschwind
verzehren, und macht es keinen Unterschied, ob jener sei-
nen Hof dem gemeinschaftlichen Oberhaupt aufgetragen
oder von ihm empfangen habe. Der Landmann besitzt die
Actie zu getreuen Händen, wovon die Eompagnie den
Handel führet. Diese würde aber mit grosser Unsicherheit
bestehen, wenn der Actionair das Capital veruntreuen
wollte.

Ich
b) In einer ganz neulich beym Reichstag übergebenen Schrift wur-
de aus einem Schenkungsbrief Kaisers Lothars l, worin es heißt:
Coloni et siscalini tam de Fquestre quam pedestre ordine (beym
Eccard l. c. p. 108) behauptet, daß auch der Dienstadel unterm
Amte gestanden hätte. Allein in unsern Registern heißt es freyen
Wagen- und freyen Fußdienste, und das sind bis in die heutige
Stunde keine von Adel, sondern Pferde- und Fußkötter de Eque-
stre et pedestre ordine.
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oder Abmeyerungsurſachen.
allen unſern alten Amtsregiſtern geht die Ordnung alſo:
daß zuerſt die Freyen und dann die Kloſterleute mit ihren
Schutzurkunden, Schatzungen und freyen Dienſten, zu-
letzt aber die Hof hoͤrige mit ihren Schulden und Paͤchten
vorkommen; und wuͤrden diejenigen, die ſich binnen den
letztern zweyhundert Jahren von einem Gutsherrn freyge-
kauft haben, und auf reihepflichtigen Hoͤfen ſitzen (denn
mindere haben Churmund oder die Wahl der Hode), ſich
hier gewiß eben ſo wie in andern Laͤndern unter die Zahl
der Freyen eingeſchrieben finden, wenn darauf ſofort waͤre
geachtet worden; nicht eben darum, weil es ein oder an-
der altes Recht ſo mit ſich bringt b), ſondern weil es die
Noth erfordert, und das vorangezogene Recht der reihe-
pflichtigen Geſellſchaft durchaus erheiſcht, daß ſie unter
einer beamtlichen Localcontrolle ſtehen. Der Landmann
muß ſich vom Hofe, wie der Soldat von ſeinem Solde
und mit der ihm anvertrauten Ruͤſtung wehren. Beyde
werden abgeaͤuſſert oder aus der Reihe geſtoſſen, wenn
ſie ihr Gewehr verſetzen, und ihren Sold zu geſchwind
verzehren, und macht es keinen Unterſchied, ob jener ſei-
nen Hof dem gemeinſchaftlichen Oberhaupt aufgetragen
oder von ihm empfangen habe. Der Landmann beſitzt die
Actie zu getreuen Haͤnden, wovon die Eompagnie den
Handel fuͤhret. Dieſe wuͤrde aber mit groſſer Unſicherheit
beſtehen, wenn der Actionair das Capital veruntreuen
wollte.

Ich
b) In einer ganz neulich beym Reichstag uͤbergebenen Schrift wur-
de aus einem Schenkungsbrief Kaiſers Lothars l, worin es heißt:
Coloni et ſiſcalini tam de Fqueſtre quam pedeſtre ordine (beym
Eccard l. c. p. 108) behauptet, daß auch der Dienſtadel unterm
Amte geſtanden haͤtte. Allein in unſern Regiſtern heißt es freyen
Wagen- und freyen Fußdienſte, und das ſind bis in die heutige
Stunde keine von Adel, ſondern Pferde- und Fußkoͤtter de Eque-
ſtre et pedeſtre ordine.
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[129[329]/0343] oder Abmeyerungsurſachen. allen unſern alten Amtsregiſtern geht die Ordnung alſo: daß zuerſt die Freyen und dann die Kloſterleute mit ihren Schutzurkunden, Schatzungen und freyen Dienſten, zu- letzt aber die Hof hoͤrige mit ihren Schulden und Paͤchten vorkommen; und wuͤrden diejenigen, die ſich binnen den letztern zweyhundert Jahren von einem Gutsherrn freyge- kauft haben, und auf reihepflichtigen Hoͤfen ſitzen (denn mindere haben Churmund oder die Wahl der Hode), ſich hier gewiß eben ſo wie in andern Laͤndern unter die Zahl der Freyen eingeſchrieben finden, wenn darauf ſofort waͤre geachtet worden; nicht eben darum, weil es ein oder an- der altes Recht ſo mit ſich bringt b), ſondern weil es die Noth erfordert, und das vorangezogene Recht der reihe- pflichtigen Geſellſchaft durchaus erheiſcht, daß ſie unter einer beamtlichen Localcontrolle ſtehen. Der Landmann muß ſich vom Hofe, wie der Soldat von ſeinem Solde und mit der ihm anvertrauten Ruͤſtung wehren. Beyde werden abgeaͤuſſert oder aus der Reihe geſtoſſen, wenn ſie ihr Gewehr verſetzen, und ihren Sold zu geſchwind verzehren, und macht es keinen Unterſchied, ob jener ſei- nen Hof dem gemeinſchaftlichen Oberhaupt aufgetragen oder von ihm empfangen habe. Der Landmann beſitzt die Actie zu getreuen Haͤnden, wovon die Eompagnie den Handel fuͤhret. Dieſe wuͤrde aber mit groſſer Unſicherheit beſtehen, wenn der Actionair das Capital veruntreuen wollte. Ich b) In einer ganz neulich beym Reichstag uͤbergebenen Schrift wur- de aus einem Schenkungsbrief Kaiſers Lothars l, worin es heißt: Coloni et ſiſcalini tam de Fqueſtre quam pedeſtre ordine (beym Eccard l. c. p. 108) behauptet, daß auch der Dienſtadel unterm Amte geſtanden haͤtte. Allein in unſern Regiſtern heißt es freyen Wagen- und freyen Fußdienſte, und das ſind bis in die heutige Stunde keine von Adel, ſondern Pferde- und Fußkoͤtter de Eque- ſtre et pedeſtre ordine. X 5

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 129[329]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/343>, abgerufen am 10.06.2024.