durch gleiche Würden und Güter erhoben sind, blos die Adelsfähigkeit beyzulegen.
Daß der Adel, der seine Vorrechte gebraucht, keine Handlung und kein Gewerbe treiben könne, davon wird sich ein jeder leicht überzeugen, der sich nur selbst die Frage vorlegt: ob der Soldat, der seinen Tornüster kei- nem Besucher eröffnet, sondern damit überall frey durch- geht, auch wohl Waaren zur Handlung darin bey sich führen dürfe! Seine Antwort wird ohne Zweifel diese seyn, daß sich kein rechtschaffener Soldat mit dergleichen Betrügereyen abgeben würde, und das war der Ton des Adels und der ritterlichen Kriegesleute zur Zeit, wie die- selben nicht allein im Reiche sondern in der ganzen Chri- stenheit unbesucht und ungehindert jedes Zollhaus vor- beyreisen konnten; sie machten eine Ehrensache daraus, und verabscheueten diejenigen aus ihrem Mittel, die sich durch die Handlung zu Defraudanten machten, mithin die Freyheit ihres ganzen Ordens in Gefahr setzten, sonst hatte der schlichte Menschenverstand einem jeden längst gesagt, daß Freyheit und Handlung nicht mit einander bestehen können.
Thäten wir dieses, wie wir es thun können, wenn wir auch die Gränzlinie zwischen den verschiedenen Wür- den und Diensten, in etwa schwanken ließen, indem doch ein jeder, der in einer geistlichen oder weltlichen Bedie- nung steht, in Ansehung aller Steuren und persönlichen Leistungen gleicher Freyheit mit dem Adel genießt: so würden wir wenigstens auf die Frage: Kann der Adel sich unbeschadet seines Standes mit der Handlung und mit gewissen Gewerben abgeben? mit Zuversicht antworten können:
a) Der Adel und überhaupt jeder Kronbedienter darf in keinem Falle Handlung oder Gewerbe treiben.
b) Die
nicht nach dem engliſchen?
durch gleiche Wuͤrden und Guͤter erhoben ſind, blos die Adelsfaͤhigkeit beyzulegen.
Daß der Adel, der ſeine Vorrechte gebraucht, keine Handlung und kein Gewerbe treiben koͤnne, davon wird ſich ein jeder leicht uͤberzeugen, der ſich nur ſelbſt die Frage vorlegt: ob der Soldat, der ſeinen Tornuͤſter kei- nem Beſucher eroͤffnet, ſondern damit uͤberall frey durch- geht, auch wohl Waaren zur Handlung darin bey ſich fuͤhren duͤrfe! Seine Antwort wird ohne Zweifel dieſe ſeyn, daß ſich kein rechtſchaffener Soldat mit dergleichen Betruͤgereyen abgeben wuͤrde, und das war der Ton des Adels und der ritterlichen Kriegesleute zur Zeit, wie die- ſelben nicht allein im Reiche ſondern in der ganzen Chri- ſtenheit unbeſucht und ungehindert jedes Zollhaus vor- beyreiſen konnten; ſie machten eine Ehrenſache daraus, und verabſcheueten diejenigen aus ihrem Mittel, die ſich durch die Handlung zu Defraudanten machten, mithin die Freyheit ihres ganzen Ordens in Gefahr ſetzten, ſonſt hatte der ſchlichte Menſchenverſtand einem jeden laͤngſt geſagt, daß Freyheit und Handlung nicht mit einander beſtehen koͤnnen.
Thaͤten wir dieſes, wie wir es thun koͤnnen, wenn wir auch die Graͤnzlinie zwiſchen den verſchiedenen Wuͤr- den und Dienſten, in etwa ſchwanken ließen, indem doch ein jeder, der in einer geiſtlichen oder weltlichen Bedie- nung ſteht, in Anſehung aller Steuren und perſoͤnlichen Leiſtungen gleicher Freyheit mit dem Adel genießt: ſo wuͤrden wir wenigſtens auf die Frage: Kann der Adel ſich unbeſchadet ſeines Standes mit der Handlung und mit gewiſſen Gewerben abgeben? mit Zuverſicht antworten koͤnnen:
a) Der Adel und uͤberhaupt jeder Kronbedienter darf in keinem Falle Handlung oder Gewerbe treiben.
b) Die
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nicht nach dem engliſchen?
durch gleiche Wuͤrden und Guͤter erhoben ſind, blos die
Adelsfaͤhigkeit beyzulegen.
Daß der Adel, der ſeine Vorrechte gebraucht, keine
Handlung und kein Gewerbe treiben koͤnne, davon wird
ſich ein jeder leicht uͤberzeugen, der ſich nur ſelbſt die
Frage vorlegt: ob der Soldat, der ſeinen Tornuͤſter kei-
nem Beſucher eroͤffnet, ſondern damit uͤberall frey durch-
geht, auch wohl Waaren zur Handlung darin bey ſich
fuͤhren duͤrfe! Seine Antwort wird ohne Zweifel dieſe
ſeyn, daß ſich kein rechtſchaffener Soldat mit dergleichen
Betruͤgereyen abgeben wuͤrde, und das war der Ton des
Adels und der ritterlichen Kriegesleute zur Zeit, wie die-
ſelben nicht allein im Reiche ſondern in der ganzen Chri-
ſtenheit unbeſucht und ungehindert jedes Zollhaus vor-
beyreiſen konnten; ſie machten eine Ehrenſache daraus,
und verabſcheueten diejenigen aus ihrem Mittel, die ſich
durch die Handlung zu Defraudanten machten, mithin
die Freyheit ihres ganzen Ordens in Gefahr ſetzten, ſonſt
hatte der ſchlichte Menſchenverſtand einem jeden laͤngſt
geſagt, daß Freyheit und Handlung nicht mit einander
beſtehen koͤnnen.
Thaͤten wir dieſes, wie wir es thun koͤnnen, wenn
wir auch die Graͤnzlinie zwiſchen den verſchiedenen Wuͤr-
den und Dienſten, in etwa ſchwanken ließen, indem doch
ein jeder, der in einer geiſtlichen oder weltlichen Bedie-
nung ſteht, in Anſehung aller Steuren und perſoͤnlichen
Leiſtungen gleicher Freyheit mit dem Adel genießt: ſo
wuͤrden wir wenigſtens auf die Frage:
Kann der Adel ſich unbeſchadet ſeines Standes mit
der Handlung und mit gewiſſen Gewerben abgeben?
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a) Der Adel und uͤberhaupt jeder Kronbedienter darf
in keinem Falle Handlung oder Gewerbe treiben.
b) Die
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/263>, abgerufen am 16.06.2024.
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