Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite
bestehen aber auch Schwierigkeiten im Gewerbebetriebe
wegen mangelnder Arbeitstheilung, schlechter und weiter
Communikationswege und großer Entfernung der Kund-
schaft, somit auch langsamer und geringer Capitalansamm-
lung; ferner geringerer Stand der Bildung bei dem
selteneren Verkehre der zerstreuten Einzelnen; endlich Be-
schwerlichkeit in Besorgung der Staatsgeschäfte und in
der Aufbringung größerer Macht an einem bestimmten
Punkte 2). Gerade die entgegengesetzten Folgen treten
aber in einem übervölkerten Lande ein. Hier wird
große und vielfach abgetheilte Thätigkeit sein, leichte Ver-
bindung jeder Art, Bereitwilligkeit zu aller Arbeit, ge-
steigerte Gesittigung: dagegen aber auch sehr hoher Preis
des Grundeigenthums, kleiner Lohn für die übermäßig
angebotene Arbeit, vielleicht Mangel an nothwendigen
Lebensbedürfnissen, in Folge dieser Verhältnisse aber zahl-
reiche Armuth, Proletariat, mannchfache Verwilderung
und große Verbrechenzahl 3). -- Sehr begreiflich ist also
die Forderung, daß die Dichtigkeit der Bevölkerung gerade
in dem richtigen Verhältnisse stehe zu dem Umfange des
Gebietes und den mit Sicherheit und Nachhaltigkeit vorhan-
denen Erwerbsquellen. Nur in diesem Falle ist große
wirthschaftliche und geistige Thätigkeit sammt ihren Folgen,
sowie Kraft und Leichtigkeit der Regierung zu erwarten;
ist weder Trägheit oder Barbarei, noch unbefriedigbarer
Ruf nach Arbeit. Diese Verhältnisse sind aber in allen
Staatsformen ganz die gleichen.

Von großer Bedeutung für die sichere Kenntniß der Staats-
verhältnisse und für die der öffentlichen Thätigkeit zu gebenden
Richtung ist daher eine genaue und beständig auf dem Laufenden
bleibende Kenntniß aller derjenigen Thatsachen und Naturgesetze,
welche sich auf die absolute und relative Größe der Bevölkerung

beſtehen aber auch Schwierigkeiten im Gewerbebetriebe
wegen mangelnder Arbeitstheilung, ſchlechter und weiter
Communikationswege und großer Entfernung der Kund-
ſchaft, ſomit auch langſamer und geringer Capitalanſamm-
lung; ferner geringerer Stand der Bildung bei dem
ſelteneren Verkehre der zerſtreuten Einzelnen; endlich Be-
ſchwerlichkeit in Beſorgung der Staatsgeſchäfte und in
der Aufbringung größerer Macht an einem beſtimmten
Punkte 2). Gerade die entgegengeſetzten Folgen treten
aber in einem übervölkerten Lande ein. Hier wird
große und vielfach abgetheilte Thätigkeit ſein, leichte Ver-
bindung jeder Art, Bereitwilligkeit zu aller Arbeit, ge-
ſteigerte Geſittigung: dagegen aber auch ſehr hoher Preis
des Grundeigenthums, kleiner Lohn für die übermäßig
angebotene Arbeit, vielleicht Mangel an nothwendigen
Lebensbedürfniſſen, in Folge dieſer Verhältniſſe aber zahl-
reiche Armuth, Proletariat, mannchfache Verwilderung
und große Verbrechenzahl 3). — Sehr begreiflich iſt alſo
die Forderung, daß die Dichtigkeit der Bevölkerung gerade
in dem richtigen Verhältniſſe ſtehe zu dem Umfange des
Gebietes und den mit Sicherheit und Nachhaltigkeit vorhan-
denen Erwerbsquellen. Nur in dieſem Falle iſt große
wirthſchaftliche und geiſtige Thätigkeit ſammt ihren Folgen,
ſowie Kraft und Leichtigkeit der Regierung zu erwarten;
iſt weder Trägheit oder Barbarei, noch unbefriedigbarer
Ruf nach Arbeit. Dieſe Verhältniſſe ſind aber in allen
Staatsformen ganz die gleichen.

Von großer Bedeutung für die ſichere Kenntniß der Staats-
verhältniſſe und für die der öffentlichen Thätigkeit zu gebenden
Richtung iſt daher eine genaue und beſtändig auf dem Laufenden
bleibende Kenntniß aller derjenigen Thatſachen und Naturgeſetze,
welche ſich auf die abſolute und relative Größe der Bevölkerung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item><pb facs="#f0589" n="575"/>
be&#x017F;tehen aber auch Schwierigkeiten im Gewerbebetriebe<lb/>
wegen mangelnder Arbeitstheilung, &#x017F;chlechter und weiter<lb/>
Communikationswege und großer Entfernung der Kund-<lb/>
&#x017F;chaft, &#x017F;omit auch lang&#x017F;amer und geringer Capitalan&#x017F;amm-<lb/>
lung; ferner geringerer Stand der Bildung bei dem<lb/>
&#x017F;elteneren Verkehre der zer&#x017F;treuten Einzelnen; endlich Be-<lb/>
&#x017F;chwerlichkeit in Be&#x017F;orgung der Staatsge&#x017F;chäfte und in<lb/>
der Aufbringung größerer Macht an einem be&#x017F;timmten<lb/>
Punkte <hi rendition="#sup">2</hi>). Gerade die entgegenge&#x017F;etzten Folgen treten<lb/>
aber in einem übervölkerten Lande ein. Hier wird<lb/>
große und vielfach abgetheilte Thätigkeit &#x017F;ein, leichte Ver-<lb/>
bindung jeder Art, Bereitwilligkeit zu aller Arbeit, ge-<lb/>
&#x017F;teigerte Ge&#x017F;ittigung: dagegen aber auch &#x017F;ehr hoher Preis<lb/>
des Grundeigenthums, kleiner Lohn für die übermäßig<lb/>
angebotene Arbeit, vielleicht Mangel an nothwendigen<lb/>
Lebensbedürfni&#x017F;&#x017F;en, in Folge die&#x017F;er Verhältni&#x017F;&#x017F;e aber zahl-<lb/>
reiche Armuth, Proletariat, mannchfache Verwilderung<lb/>
und große Verbrechenzahl <hi rendition="#sup">3</hi>). &#x2014; Sehr begreiflich i&#x017F;t al&#x017F;o<lb/>
die Forderung, daß die Dichtigkeit der Bevölkerung gerade<lb/>
in dem richtigen Verhältni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tehe zu dem Umfange des<lb/>
Gebietes und den mit Sicherheit und Nachhaltigkeit vorhan-<lb/>
denen Erwerbsquellen. Nur in die&#x017F;em Falle i&#x017F;t große<lb/>
wirth&#x017F;chaftliche und gei&#x017F;tige Thätigkeit &#x017F;ammt ihren Folgen,<lb/>
&#x017F;owie Kraft und Leichtigkeit der Regierung zu erwarten;<lb/>
i&#x017F;t weder Trägheit oder Barbarei, noch unbefriedigbarer<lb/>
Ruf nach Arbeit. Die&#x017F;e Verhältni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind aber in allen<lb/>
Staatsformen ganz die gleichen.</item>
              </list><lb/>
              <p>Von großer Bedeutung für die &#x017F;ichere Kenntniß der Staats-<lb/>
verhältni&#x017F;&#x017F;e und für die der öffentlichen Thätigkeit zu gebenden<lb/>
Richtung i&#x017F;t daher eine genaue und be&#x017F;tändig auf dem Laufenden<lb/>
bleibende Kenntniß aller derjenigen That&#x017F;achen und Naturge&#x017F;etze,<lb/>
welche &#x017F;ich auf die ab&#x017F;olute und relative Größe der Bevölkerung<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[575/0589] beſtehen aber auch Schwierigkeiten im Gewerbebetriebe wegen mangelnder Arbeitstheilung, ſchlechter und weiter Communikationswege und großer Entfernung der Kund- ſchaft, ſomit auch langſamer und geringer Capitalanſamm- lung; ferner geringerer Stand der Bildung bei dem ſelteneren Verkehre der zerſtreuten Einzelnen; endlich Be- ſchwerlichkeit in Beſorgung der Staatsgeſchäfte und in der Aufbringung größerer Macht an einem beſtimmten Punkte 2). Gerade die entgegengeſetzten Folgen treten aber in einem übervölkerten Lande ein. Hier wird große und vielfach abgetheilte Thätigkeit ſein, leichte Ver- bindung jeder Art, Bereitwilligkeit zu aller Arbeit, ge- ſteigerte Geſittigung: dagegen aber auch ſehr hoher Preis des Grundeigenthums, kleiner Lohn für die übermäßig angebotene Arbeit, vielleicht Mangel an nothwendigen Lebensbedürfniſſen, in Folge dieſer Verhältniſſe aber zahl- reiche Armuth, Proletariat, mannchfache Verwilderung und große Verbrechenzahl 3). — Sehr begreiflich iſt alſo die Forderung, daß die Dichtigkeit der Bevölkerung gerade in dem richtigen Verhältniſſe ſtehe zu dem Umfange des Gebietes und den mit Sicherheit und Nachhaltigkeit vorhan- denen Erwerbsquellen. Nur in dieſem Falle iſt große wirthſchaftliche und geiſtige Thätigkeit ſammt ihren Folgen, ſowie Kraft und Leichtigkeit der Regierung zu erwarten; iſt weder Trägheit oder Barbarei, noch unbefriedigbarer Ruf nach Arbeit. Dieſe Verhältniſſe ſind aber in allen Staatsformen ganz die gleichen. Von großer Bedeutung für die ſichere Kenntniß der Staats- verhältniſſe und für die der öffentlichen Thätigkeit zu gebenden Richtung iſt daher eine genaue und beſtändig auf dem Laufenden bleibende Kenntniß aller derjenigen Thatſachen und Naturgeſetze, welche ſich auf die abſolute und relative Größe der Bevölkerung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/589
Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/589>, abgerufen am 28.04.2024.