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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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STURZ DER ETRUSKISCHEN MACHT. DIE KELTEN.
karthagischen Feldherrn Hamilkar Magos Sohn bei Himera
so vollständig, dass der Krieg damit zu Ende war, und die
Poener, die damals noch keineswegs den Plan verfolgten Si-
cilien für sich zu erobern, mit dem, was sie dort besassen,
sich begnügend, zurückkehrten zu ihrer bisherigen defensi-
ven Politik. Noch sind von den grossen Silberstücken erhalten,
welche für diesen Feldzug aus dem Schmuck der Gemahlin
Gelons Damareta und andrer edler Syrakusanerinnen geschlagen
wurden, und die späteste Zeit gedachte dankbar des milden
und tapferen Königs und des herrlichen von Simonides ge-
feierten Sieges. -- Gleichzeitig melden die römischen Annalen
einen heftigen Krieg gegen die Veienter (271-280). Die
Römer erlitten zwar schwere Niederlagen; im Andenken ge-
blieben ist der Untergang des fabischen Geschlechts (277)
an der Cremera, das freiwillig an die Grenze zur Vertheidi-
gung einer gefährdeten Stellung übergesiedelt war. Allein im
Ganzen entschied doch für sie der Erfolg, indem sie in dem
Waffenstillstand auf 400 Monate, der anstatt Friedens den
Krieg beendigte, Fidenae und den am rechten Tiberufer ab-
getretenen District wieder gewannen. Es ist nicht auszu-
machen, wie weit dieser Kampf zwischen Latium und Etru-
rien zusammenhängt mit denen zwischen den Griechen und
den Poenern und Persern; aber mögen die Römer im Bunde
oder nicht gestanden haben mit den Siegern von Salamis und
Himera, gewiss ist es, dass wenigstens die Interessen zusammen-
trafen und dass die nächste Folge der Demüthigung Karthagos
der Sturz der Seeherrschaft ihrer etruskischen Verbündeten war.
Schon Anaxilas, der Herr von Rhegion und Zankle, hatte ihren
Kapern die sicilische Meerenge durch eine stehende Flotte
gesperrt (272); entscheidend war der grosse Seesieg, den die
Kymaeer und Hieron von Syrakus bei Kyme (282) über die
tyrrhenische Flotte errangen, der die Karthager vergeblich
Hülfe zu bringen versuchten. Das ist der Sieg, welchen Pin-
daros in der ersten pythischen Ode feiert, und noch ist der
Etruskerhelm vorhanden, den Hieron nach Olympia sandte
mit der Aufschrift: ,Hieron des Deinomenes Sohn und die
Syrakosier dem Zeus Tyrrhenergut von Kyme' * -- Von jetzt
an sind es nicht mehr die Karthager und die Etrusker, die
die erste Rolle in der tyrrhenischen See spielen, sondern im

* iaron o Deinomeneos kai toi Surakosioi toi Di Turan' apo
Kumas.

STURZ DER ETRUSKISCHEN MACHT. DIE KELTEN.
karthagischen Feldherrn Hamilkar Magos Sohn bei Himera
so vollständig, daſs der Krieg damit zu Ende war, und die
Poener, die damals noch keineswegs den Plan verfolgten Si-
cilien für sich zu erobern, mit dem, was sie dort besaſsen,
sich begnügend, zurückkehrten zu ihrer bisherigen defensi-
ven Politik. Noch sind von den groſsen Silberstücken erhalten,
welche für diesen Feldzug aus dem Schmuck der Gemahlin
Gelons Damareta und andrer edler Syrakusanerinnen geschlagen
wurden, und die späteste Zeit gedachte dankbar des milden
und tapferen Königs und des herrlichen von Simonides ge-
feierten Sieges. — Gleichzeitig melden die römischen Annalen
einen heftigen Krieg gegen die Veienter (271-280). Die
Römer erlitten zwar schwere Niederlagen; im Andenken ge-
blieben ist der Untergang des fabischen Geschlechts (277)
an der Cremera, das freiwillig an die Grenze zur Vertheidi-
gung einer gefährdeten Stellung übergesiedelt war. Allein im
Ganzen entschied doch für sie der Erfolg, indem sie in dem
Waffenstillstand auf 400 Monate, der anstatt Friedens den
Krieg beendigte, Fidenae und den am rechten Tiberufer ab-
getretenen District wieder gewannen. Es ist nicht auszu-
machen, wie weit dieser Kampf zwischen Latium und Etru-
rien zusammenhängt mit denen zwischen den Griechen und
den Poenern und Persern; aber mögen die Römer im Bunde
oder nicht gestanden haben mit den Siegern von Salamis und
Himera, gewiſs ist es, daſs wenigstens die Interessen zusammen-
trafen und daſs die nächste Folge der Demüthigung Karthagos
der Sturz der Seeherrschaft ihrer etruskischen Verbündeten war.
Schon Anaxilas, der Herr von Rhegion und Zankle, hatte ihren
Kapern die sicilische Meerenge durch eine stehende Flotte
gesperrt (272); entscheidend war der groſse Seesieg, den die
Kymaeer und Hieron von Syrakus bei Kyme (282) über die
tyrrhenische Flotte errangen, der die Karthager vergeblich
Hülfe zu bringen versuchten. Das ist der Sieg, welchen Pin-
daros in der ersten pythischen Ode feiert, und noch ist der
Etruskerhelm vorhanden, den Hieron nach Olympia sandte
mit der Aufschrift: ‚Hieron des Deinomenes Sohn und die
Syrakosier dem Zeus Tyrrhenergut von Kyme‘ * — Von jetzt
an sind es nicht mehr die Karthager und die Etrusker, die
die erste Rolle in der tyrrhenischen See spielen, sondern im

* Ͱιάϱον ὁ Δεινομένεος ϰαὶ τοί Συϱαϰόσιοι τοῖ Δὶ Τυϱαν᾽ ἀπὸ
Κύμας.
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[205/0219] STURZ DER ETRUSKISCHEN MACHT. DIE KELTEN. karthagischen Feldherrn Hamilkar Magos Sohn bei Himera so vollständig, daſs der Krieg damit zu Ende war, und die Poener, die damals noch keineswegs den Plan verfolgten Si- cilien für sich zu erobern, mit dem, was sie dort besaſsen, sich begnügend, zurückkehrten zu ihrer bisherigen defensi- ven Politik. Noch sind von den groſsen Silberstücken erhalten, welche für diesen Feldzug aus dem Schmuck der Gemahlin Gelons Damareta und andrer edler Syrakusanerinnen geschlagen wurden, und die späteste Zeit gedachte dankbar des milden und tapferen Königs und des herrlichen von Simonides ge- feierten Sieges. — Gleichzeitig melden die römischen Annalen einen heftigen Krieg gegen die Veienter (271-280). Die Römer erlitten zwar schwere Niederlagen; im Andenken ge- blieben ist der Untergang des fabischen Geschlechts (277) an der Cremera, das freiwillig an die Grenze zur Vertheidi- gung einer gefährdeten Stellung übergesiedelt war. Allein im Ganzen entschied doch für sie der Erfolg, indem sie in dem Waffenstillstand auf 400 Monate, der anstatt Friedens den Krieg beendigte, Fidenae und den am rechten Tiberufer ab- getretenen District wieder gewannen. Es ist nicht auszu- machen, wie weit dieser Kampf zwischen Latium und Etru- rien zusammenhängt mit denen zwischen den Griechen und den Poenern und Persern; aber mögen die Römer im Bunde oder nicht gestanden haben mit den Siegern von Salamis und Himera, gewiſs ist es, daſs wenigstens die Interessen zusammen- trafen und daſs die nächste Folge der Demüthigung Karthagos der Sturz der Seeherrschaft ihrer etruskischen Verbündeten war. Schon Anaxilas, der Herr von Rhegion und Zankle, hatte ihren Kapern die sicilische Meerenge durch eine stehende Flotte gesperrt (272); entscheidend war der groſse Seesieg, den die Kymaeer und Hieron von Syrakus bei Kyme (282) über die tyrrhenische Flotte errangen, der die Karthager vergeblich Hülfe zu bringen versuchten. Das ist der Sieg, welchen Pin- daros in der ersten pythischen Ode feiert, und noch ist der Etruskerhelm vorhanden, den Hieron nach Olympia sandte mit der Aufschrift: ‚Hieron des Deinomenes Sohn und die Syrakosier dem Zeus Tyrrhenergut von Kyme‘ * — Von jetzt an sind es nicht mehr die Karthager und die Etrusker, die die erste Rolle in der tyrrhenischen See spielen, sondern im * Ͱιάϱον ὁ Δεινομένεος ϰαὶ τοί Συϱαϰόσιοι τοῖ Δὶ Τυϱαν᾽ ἀπὸ Κύμας.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/219>, abgerufen am 28.04.2024.